Название: Tod eines Clowns
Автор: Petra Gabriel
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783955520250
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«Hm», sagte Otto Kappe. «Aber auch dafür werden wir eine Lösung finden. Galgenberg, du klapperst erst mal die Varietés ab!»
Der schaute bedröppelt. «Alle? Ick meine, ick mag ja hübsche Damen und so, aber det könnte dauern.»
«Zunächst brauchst du nur anzurufen, den Namen des Toten haben wir ja. Der könnte natürlich falsch sein, muss aber nicht. Wenn wir damit nicht weiterkommen, müssen wir doch mit dem Photo die Etablissements aufsuchen.»
«Dann brauchen Sie aber Verstärkung», meinte Lilli Lenné.
Otto Kappe zog die Stirn in Sorgenfalten. «Sie sagen es, Sie sagen es. Da fangen die Probleme schon an. Ich hätte Sie bei diesem Fall gerne dabei. Meinen Sie, es gibt eine Möglichkeit, Sie für diese Ermittlungen von der Weiblichen Kriminalpolizei loszueisen? Sie kennen sich mit Zirkussen ja offenbar aus. Ich finde, sie sollten sich um diesen Zirkus Reiz kümmern.»
«Lassen Sie mich nur machen, ich krieg das schon hin.» Kriminalmeisterin Lenné sagte dies mit einer solchen Entschlossenheit, dass Kappe ihr sofort glaubte.
«Und du, wat machst du?», fragte Hans-Gert Galgenberg.
«Ich werde herausfinden, ob es über diesen Jarusch eine Akte gibt.»
Es gab keine Akte. Jarusch hatte keinerlei Vorstrafen. Und selbst nachdem Galgenberg alle Varietés in West-Berlin abtelefoniert hatten, waren sie kein Stück weiter. Kappe sah sich bereits mit schmerzenden Füßen und durchgelaufenen Sohlen durch die Stadt tigern und das Photo des Toten herumzeigen.
Die Einzige, die eine gute Nachricht mitbrachte, war Lilli Lenné. «Ich habe mich loseisen können und war auch gleich beim Zirkus Reiz. Dort habe ich einfach nach einem Karl Jarusch gefragt, natürlich ohne zu sagen, dass der tot ist. Eigentlich sind das ganz nette Leute. Der Herr Direktor gibt sich vielleicht ’n bisschen bombastisch. Die kennen tatsächlich einen Karl Jarusch. Der habe bei ihnen ausgeholfen, sei aber eines Tages ganz plötzlich unter Mitnahme der gesamten Wocheneinnahmen verschwunden, hieß es. Sie vermuten, dass er aus der Zone kam und dahin auch wieder verschwunden ist. Oder dass er sich einem reisenden Zirkus angeschlossen hat. Sie sagen, es passiere nicht selten, dass Leute, die etwas ausgefressen haben, sich bei einem Zirkus verstecken. Zirkusse ziehen weiter, Menschen mit ihnen, und auf diese Weise verschwinden sie. Natürlich lassen sich die Direktoren die Ausweise zeigen, und es finden Polizeikontrollen statt, trotzdem passiert es immer wieder.»
«Haben bei Reiz Polizeikontrollen stattgefunden, als sich dieser Jarusch dort aufhielt? Hat der Mann Familie, Freunde, hat er von sich erzählt? Weiß man mehr über ihn?»
«Nein», antwortete Kriminalmeisterin Lenné. «Nur, dass er sich offenbar gerne am Eigentum anderer Menschen vergreift.»
«Hat die Familie Reiz denn nicht Anzeige erstattet?»
«Hat sie nicht. Wie es aussieht, halten die bei Reiz nicht besonders viel von den Fähigkeiten der Polizei. Das scheint aber nicht auf schlechten Erfahrungen zu beruhen. Ich habe mal nachgeforscht, ob wir was über Reiz haben. Es gibt nichts. Der hat eine saubere Weste, weiß wie frisch gefallener Schnee, ich konnte das anfangs kaum glauben. Die Leute von Reiz blieben mir gegenüber übrigens ziemlich bedeckt. Bis auf den Herrn Direktor. Der hat mir angeboten, bei ihm anzufangen, wenn es mir bei der Polizei nicht mehr gefallen sollte.» Kriminalmeisterin Lenné hatte eine Art zu kichern, bei der einem nichts anderes übrigblieb, als unwillkürlich einzustimmen. Wenn andere das taten, missbilligte Kappe das allerdings entschieden. Er schalt sich einen Idioten, beschloss aber, künftig bei allem mitzumischen, was diesen Zirkus und dessen Direktor betraf.
«Können die sich vorstellen, warum jemand Jarusch abmurksen wollte? Andererseits, könnte det nich sein, dass die Leute vom Zirkus sich für den Diebstahl des Geldes gerächt und Selbstjustiz geübt ham?», sinnierte Galgenberg. «Vielleicht haben sie Jarusch in der Arminiushalle aufgetrieben, es kam zum Streit, und denn tauchte plötzlich ’n Messer auf. Falls hier jemand an meiner unmaßgeblichen Meinung interessiert is.»
Otto Kappe nickte. «Eine mögliche Theorie.»
Kriminalmeisterin Lenné schaute plötzlich sehr nachdenklich. «Zirkusdirektor Reiz ist ein ziemlich kräftiger Mann. Und er betätigt sich auch als Messerwerfer. Seine Frau steht dabei an der großen Scheibe. Ein bemerkenswertes Ziel.»
«Wieso bemerkenswert?», erkundigte sich Galgenberg.
Fräulein Lenné kicherte erneut. «Na, sie ist nicht die Schönste, ziemlich dürr dazu. So wie ich das sehe, ist der werte Gatte kein Kostverächter, was Frauen angeht. Der platzt bald vor lauter Eigenliebe und Selbstbewusstsein. Also, mit Messern kennt er sich jedenfalls aus. Ganz von der Hand weisen würde ich die Theorie des Kollegen Galgenberg nicht.»
«Nur, wie sollte einer von denen unbemerkt in die Halle rein- und wieder rausgekommen sein?», hakte der Gelobte selbst nach.
«Tja, das ist eine gute Frage. Das ist überhaupt die Schlüsselfrage. Mal abgesehen von der Frage, wer ein Motiv gehabt haben könnte, den Mann umzubringen. Unter Umständen gibt es noch mehr Leute, die er beklaut hat.»
«Aber wegen ein paar Mark bringste doch niemanden um», wandte Galgenberg ein.
«Wir hatten schon Fälle, da ging es um 50 Pfennige», meinte Kriminaloberkommissar Kappe. «Am besten bestellen wir einen nach dem anderen von diesem Zirkus zu uns. Vielleicht sind die Herrschaften hier auf dem Revier etwas zugänglicher. Haben wir eigentlich schon was von der Spurensicherung gehört? Haben die irgendeinen Anhaltspunkt in der Halle gefunden? Was sagt König? Gab es Besonderheiten an der Leiche, die uns weiterbringen?»
«Gibt noch nüscht wirklich Neues», antwortete Galgenberg. «König hat nur bestätigt – ziemlich widerwillig, soweit ick det beurteilen kann, den Kerl und seinen komischen Dialekt versteht ja keiner –, was wir schon in der Halle besprochen hatten: Der Clown kann erst wenige Minuten tot gewesen sein, als Fechner und Schreiber ihn fanden. Die Tat hat also maximal eine Zigarettenlänge gedauert, fünf Minuten oder so. Wenn man langsam pafft, vielleicht sieben. Mehr haben König und seine Leute noch nich zu bieten. So wat dauert eben.»
Das Gefühl hatte Otto Kappe auch.
Rückblende: Ostermontag, 18. April 1960
AM HAUPTEINGANG DES ZOOLOGISCHEN GARTENS an der Budapester Straße begrüßte das von Fritz Behn in Granit gehauene Denkmal des massigen Gorillas Bobby die Besucher. Während seines Daseins im Zoo von 1928 bis 1935 war Bobby zu einem Riesen von 266 Kilogramm herangewachsen und zum Liebling der Berliner geworden. Nun hütete er massig und unbeweglich seine ehemalige Wirkungsstätte.
Die Vögel zwitscherten, die Bäume begannen zu grünen. Noch gehörte der Zoo den Tieren. Doch bald würden die Berliner kommen, lachende Menschen mit glücklichen Feiertagsausflugsgesichtern. Holger Gericke nahm weder die ersten Anzeichen des Frühlings noch die gefärbten Eier an Forsythienzweigen wahr. Sein Kopf war so voll von Gedanken und Sorgen, dass er zu platzen drohte, sein Herz war schwer. Gericke war froh, dass er trotz des Feiertags Dienst hatte. Das lenkte ab.
Die Zeitungen hatten neulich gemeldet, dass die Kollektivierung der Landwirtschaft im anderen Deutschland inzwischen fast abgeschlossen sei. Holger Gericke hatte nur kurz darüber nachgedacht und sich gefragt, wie es den alten СКАЧАТЬ