Название: Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera
Автор: Jörg Wagner
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783943904871
isbn:
In seiner Gesamtheit bildete Lykien eine in sich geschlossene, nach außen abgeschottete Kulturlandschaft, deren Reiz in der eindrucksvollen Verbindung von rauher, urwüchsiger Natur mit einem großen Reichtum an historischen Monumenten und Ruinenstätten liegt. Die geografisch bedingte Unzugänglichkeit dieser Landschaft war die Voraussetzung dafür, dass Lykien trotz des Druckes auswärtiger Mächte wie der Perser und der hellenistischen Reiche bis zur Integration in das Römische Reich (43 n. Chr.) immer wieder die Kraft zu einem kulturellen und politischen Eigenleben fand. Sichtbarer Ausdruck dafür sind die eigenständige Kunst und Sprache Lykiens, die Bauten und Münzen unabhängiger lykischer Dynasten und der Lykische Bund, ein föderativer Zusammenschluss der lykischen Städte.
Geschichte
Nach antiker Überlieferung sind die Lykier mit dem Volk von Lukka identisch, das mit dem hethitischen Großreich (15. – 12. Jh. v. Chr.) Handelsbeziehungen unterhielt; auf den Amarna-Tafeln erscheinen sie als Lukki unter den „Völkern des Meeres“, die im 13. Jh. v. Chr. das pharaonische Ägypten bedrohten. Herodot nimmt an, dass die Lykier, die unter der Führung von Sarpedon und Glaukos im Troianischen Krieg auf Seiten der Troianer kämpften, von der Insel Kreta eingewandert sind. Weitere literarische Nachrichten aus der Frühzeit der Lykier liegen nicht vor, doch konnten im Hochland bei Elmalı Siedlungen einer einheimischen Bevölkerung aus der frühen Bronzezeit (Mitte 2. Jt. v. Chr.) freigelegt werden.
Jahrhunderte haben die Lykier erfolgreich fremden Einflüssen widerstanden, nur an der Ostküste konnten im 7. Jh. v. Chr. Griechen mit der Gründung von Phaselis Fuß fassen. Doch sollte es noch ein weiteres Jahrhundert dauern, bis in den lykischen Hafenstädten neben phönikischen Elementen auch griechische Einflüsse spürbar wurden, die sich an Münzen und Reliefs ablesen lassen. Das ist umso erstaunlicher, als das waldreiche Lykien schon früh einen starken Reiz auf die Griechen ausgeübt haben muss. Wie anders wäre zu erklären, dass sie einige ihrer schönsten Mythen wie die Flucht der Leto mit den göttlichen Zwillingen Apollon und Artemis von Delos zum Letoon und die Heldentaten des korinthischen Helden Bellerophon in die lykische Bergwelt verlegten.
Historisch greifbar werden die Lykier erst wieder Mitte des 6. Jhs. v. Chr., als sie einen Angriff des lydischen Königs Kroisos abwehrten, der mit Ausnahme von Kilikien ganz Kleinasien unter seiner Herrschaft zusammengeführt hatte, sein Reich aber schon 546 v. Chr. an den persischen Großkönig Kyros II. verlor. Die Unterwerfung Lykiens gelang im folgenden Jahr dem persischen Feldherrn Harpagos nach Eroberung von Xanthos, allerdings scheint die persische Herrschaft recht gemäßigt gewesen zu sein. Es blieb keine Besatzung zurück, lykische Dynasten wurden zu Gouverneuren ernannt, die in Grabinschriften als „zweite Befehlshaber“ hinter dem persischen Satrapen in Sardeis betitelt wurden. Auch empfand man die zu zahlenden Tribute nicht als drückend, für die Flotte von Xerxes I., die 480 v. Chr. in der Seeschlacht von Salamis vernichtet wurde, stellten die Lykier nur 50 Schiffe.
Aus dem griechischen Sieg über die persische Großmacht resultierte für die lykischen Städte eine Zwangsmitgliedschaft im Delisch-Attischen Seebund; allein die griechische Kolonie Phaselis schloss sich freiwillig an und diente im Jahre 469 v. Chr. dem Athener Kimon vor der entscheidenden Schlacht am Eurymedon als Flottenstützpunkt. Mit der Abhängigkeit von Athen verstärkte sich der ionische Einfluss auf die lykische Kunst, der besonders deutlich auf Münzen und Reliefs zum Ausdruck kam. Aber schon 429 v. Chr. entlud sich die lykische Reaktion gegen das vordringende Griechentum. Vom Sieg des Dynasten Kherẽi über eine athenische Flottenexpedition unter Melesandros berichtet der berühmte Inschriftenpfeiler von Xanthos, der in lykischer Sprache und unter Verwendung eines griechischen Epigramms die Taten dieses Fürsten verherrlicht.
Eine zweite Phase des griechischen Einflusses ist ab 400 v. Chr. mit dem Nereidenmonument von Xanthos anzusetzen, als attische und peloponnesische Künstler nach der politischen Katastrophe Athens im Peloponnesischen Krieg (431 – 404 v. Chr.) sich in Karien und Lykien ein neues Betätigungsfeld suchten. Skopas, Leochares und Timotheos standen in Diensten des Maussolos von Halikarnassos, weitere Künstler arbeiteten in den lykischen Residenzen von Xanthos, Trysa und Limyra. Sicher waren es griechische Künstler, die nach den lykischen Münzen mit einem Eber auch die ersten Münzen mit Herrscherporträts schufen: das Bild des Kherẽi von Xanthos (430/420 v. Chr.) und das eindrucksvolle Porträt des Perikles von Limyra (380 – 360 v. Chr.).
Perikles von Limyra war der letzte autonome Dynast, der mächtig genug war, einen Zusammenschluss aller lykischen Städte unter seiner Herrschaft ins Auge zu fassen. Zur Erreichung dieses Zieles belagerte er Phaselis und besiegte 372 v. Chr. den persischen Unterstatthalter Arrtum˜ para, der über das Xanthostal und Telmessos herrschte. Nach diesem Sieg nahm Perikles den Königstitel an, wurde aber 366 v. Chr. wegen seiner Teilnahme am unglücklich verlaufenen Satrapenaufstand gegen den persischen Großkönig auf seine Residenz Limyra zurückgeworfen. Die neue Doppelsatrapie „Karien und Lykien“ wurde fortan von Maussolos verwaltet. Die von ihm in Lykien erhobenen Steuern flossen sicher nicht nur in die persische Staatskasse, sondern förderten auch den prunkvollen Ausbau seiner Residenz Halikarnassos. Den Einfallsreichtum des Maussolos belegt die Einführung einer „Bartsteuer“, die der lykische Adel zahlen musste, solange er seine Vorliebe für wallende Haare und wilde Bärte beibehielt.
Vielfach wird angenommen, dass der Lykische Bund, ein föderativer Zusammenschluss aller lykischen Städte, schon bald nach Absetzung der letzten lykischen Dynasten zur bestimmenden politischen Kraft wurde. Dieser Bund hielt sich unter Alexander dem Großen ebenso wie unter den wechselnden hellenistischen Herrschaften von Antigonos Monophthalmos (ab 323 v. Chr.), Lysimachos (ab 301 v. Chr.), den Ptolemäern (ab 288 v. Chr.), den Seleukiden (ab 197 v. Chr.) bis zu den Rhodiern (ab 188 v. Chr.). Den Höhepunkt seiner Macht erreichte der Bund, als er nach zwei vergeblichen Aufständen im Jahre 167 v. Chr. trotz Catos „Rede für die Rhodier“ deren Herrschaft abschüttelte und Rom ihm den Status einer civitas libera zuerkannte.
Im Lykischen Bund konnten die Städte demokratische Einrichtungen verwirklichen, die in der Antike einzigartig waren. Von dem athenischen Redner und Staatstheoretiker Isokrates (436 – 338 v. Chr.) bis hin zu Montesquieu in seinem 1748 erschienenen Werk „De l’esprit des lois“ fand die lykische Repräsentativverfassung einhellige Anerkennung und wurde auch von den Vätern der amerikanischen Verfassung (1787) als Denkmodell herangezogen. Dennoch darf man die „demokratischen Tendenzen“ der lykischen Bundesverfassung nicht überbewerten, denn es gab keine Primärversammlung und in die Bundesversammlung wurden als Vertreter der Städte natürlich nur Mitglieder der soziopolitischen Elite entsandt.
Über die Anzahl der Mitgliedsstädte liegen in den Quellen widersprüchliche Angaben vor: 23 Städte bei Strabon, 36 Städte bei Plinius. Nach Bedeutung und Einwohnerzahl der Städte verfügten diese in der Bundesversammlung über drei, zwei oder nur eine Stimme. In diesem Verhältnis hatten sie am politischen Entscheidungsprozess Anteil, waren aber auch im gleichen Verhältnis an der Finanzierung der Bundeskasse beteiligt. Drei Stimmen hatten die reichen Städte Xanthos, Tlos, Pinara, Patara, Myra und Olympos, das nach dem Seeräuberkrieg durch Limyra ersetzt wurde, die anderen Städte mussten sich mit zwei oder einer Stimme begnügen. Daneben gab es einige Sympolitien, Zusammenschlüsse von mehreren kleineren Städten, die gemeinsam über eine Stimme verfügten wie Aperlai, Apollonia, Isinda und Simena.
Der Lykische Bund war der Garant für die Selbstständigkeit und die Wahrung eines lykischen Nationalcharakters, doch kündigte sich im Verlauf der römischen Bürgerkriege, als Brutus im Jahre 42 v. Chr. Xanthos zerstörte und Rom immer mehr in die innerlykischen Verhältnisse eingriff, das Ende dieser Tradition an. Im Jahre 43 n. Chr. richtete Kaiser Claudius die Provinz Lycia ein, die von Vespasian (69 – 79 n. Chr.) mit dem benachbarten Pamphylien zur Doppelprovinz Lycia et Pamphylia zusammengelegt wurde. Diese hatte Bestand bis in die Regierungszeit von Diokletian (284 – 305 n. Chr.), der die Doppelprovinz mit ihren landschaftlich so unterschiedlichen СКАЧАТЬ