Eva sieht rot. Liza Cody
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Название: Eva sieht rot

Автор: Liza Cody

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783867548861

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СКАЧАТЬ sagte Harsh. »Also ist sie einen Augenblick reingekommen. Sie hat gesagt: ›Richten Sie Eva aus –‹«

      »Da drüben«, sagte ich und zeigte mit dem Kinn zum Fenster. Harsh mag ein wunderbarer Catcher sein, aber wenn es darum geht, vor jemandem, der mich auf dem Kieker hat, den Mund zu halten, hapert es bei ihm ein bisschen.

      »Was wollte sie?«, fragte ich, als wir allein am Fenster standen.

      »Sie hat gesagt: ›Richten Sie Eva aus, dass Dawn tot ist.‹ Sie will dich sehen.«

      Das war die ganze Botschaft. Mehr wusste Harsh auch nicht. Dawn war tot. Kein Wie, Warum oder Wo. Keine Ahnung, warum Crystal mich sehen wollte.

      Das war das große Rätsel – wieso wollte Crystal mich sehen?

      Daran, dass Dawn tot war, war nichts Rätselhaftes. Ein Blick genügte, und du wusstest, dass es mit ihr böse enden würde. Sie schlief für Geld mit Männern, und sie war nicht wählerisch. Sie war zu jeder Tages- und Nachtzeit besoffen. Sturzbesoffen. Sie konnte nicht auf sich aufpassen. Und wer nicht selbst auf sich aufpassen kann, ist erledigt. So einfach ist das.

      »Tut mir leid, sagte Harsh. »War Dawn eine Freundin von dir?«

      »Um Gottes willen«, sagte ich. »Sie wohnte bloß in derselben Gegend.«

      »Trotzdem«, sagte Harsh.

      »Trotzdem war sie nicht meine Freundin«, sagte ich und ließ ihn stehen.

      Nach dem Aufwärmen ging ich an die Geräte. Ich konnte mir vorstellen, wie Dawn in einem Kühlfach im Krankenhaus lag. Aus irgendeinem Grund dachte ich, sie wäre ertrunken. Was spielte es auch für eine Rolle, wie sie abgetreten war? Sie war schon halb tot, als sie noch am Leben war. Sturzbesoffen, abgestürzt, tot. Ich ging an ein Gerät, mit dem man speziell die innere Oberschenkelmuskulatur trainiert. Du ziehst mit dem Fußgelenk ein Gewicht nach unten, bis das Bein ganz angewinkelt ist. Und so zählte ich die Übungen mit – ausgenutzt, ausgelutscht, abgestürzt, tot, fünf, sechs, sieben, acht. Und so weiter, immer schön im Takt. Dann auf der anderen Seite, alles noch einmal von vorn. Ich wollte meine Beine und Bauchmuskulatur richtig schön durchtrainieren. Und meine Ellenbogen schonen. Wie Harsh gesagt hatte.

      Du hältst mich für ein herzloses Luder, stimmt’s? Oder du meinst, ich spiele dir das herzlose Luder nur vor, um meinen Ruf zu wahren. Weil die Londoner Killerqueen eine ganz Harte ist. Der ist es egal, ob ihre Gegnerin kleiner ist oder verletzt. Die knallt alle mit der Nase auf die Bretter, ohne Rücksicht auf Verluste. Und wenn die Londoner Killerqueen ein Herz aus Stein hat, muss Eva Wylie sich genauso abgebrüht geben. Dabei ist sie tief drinnen weich und warm und kuschelig.

      Mach dir nichts vor. Dawn ist mir schnurzpiepegal. Was hat Dawn je für mich getan, außer mich in einer kalten Nacht vor die Tür zu setzen? Wer war damals das herzlose Luder? Sie, mit ihren Pralinen und ihren heizbaren Lockenwicklern. Hat sie sich einen Dreck um mich geschert? Hat sie nicht. Sie war jung und hübsch und so taufrisch, wie man es bei ihrem Leben überhaupt sein kann. Das war ihr Glück. Aber sie hat es nie mit jemandem geteilt, auch nicht mit ihrer kleinen Schwester.

      Jung und hübsch, das war einmal. Gestern hatte sie eher verquollen und schwammig ausgesehen. Ein Fleischklumpen auf dem Bürgersteig. Jetzt war sie ein Fleischklumpen in einem Kühlfach.

      Wenn ich eines Tages abtrete, dann mit einem Knalleffekt.

      Ich will kein Fleischklumpen sein, den jeder ausgenutzt hat und keiner kannte. Wenn ich einmal abtrete, kennt jeder meinen Namen. Ich werde jemand sein. Du wirst schon sehen!

      Also lass mich mit Dawn in Ruhe. Ich will nichts davon wissen.

      Darum habe ich auch nicht nach Crystal gesucht. Was geht mich Crystal an? Ich kannte sie ein bisschen, als es uns beiden dreckig ging – eine Zeit, an die ich mich nicht allzu gern erinnere –, und wir leben beide auf demselben Quadratkilometer Südlondons. Das ist nichts Besonderes. Das tun zwei Millionen andere auch. Denen schulde ich genauso wenig.

      Am Abend kam Crystal mich besuchen. Ich saß auf der Hängertreppe und aß kalte Spaghetti aus der Dose. Lineker scharwenzelte um mich rum, obwohl er weiß, dass ich ihm nichts abgebe. Er wird gefüttert, wenn er seine Arbeit gemacht hat, und keine Minute früher. Wieso sollte er besser behandelt werden als andere Berufstätige? Er ist schließlich kein Schoßhund.

      Plötzlich hörten wir Ramses am Tor.

      »Ro-ro-ro«, machte Ramses. Er bellt wie ein voll aufgedrehter Elektrobass.

      Lineker stellte die Ohren auf, aber das war auch schon alles. Mir ging der Hut hoch.

      »Lineker«, sagte ich. »Du bist ein gefräßiger, fauler Schwachkopf. Wenn ich dich nicht ins Herz geschlossen hätte, wärst du längst zu Katzenfutter verarbeitet worden – zu fünfzig Dosen Katzenfutter, bei deiner Größe.«

      Mein Ton gefiel ihm nicht. Das war an dem Abend das erste Mal, dass bei ihm ein Fünkchen Verstand aufblitzte. Mir war auch wirklich nicht zum Spaßen zumute. Lineker drückt sich gern, wenn es schwierig wird, und das mag ich ganz und gar nicht.

      Er lief los, machte »yak-yak-yak« und fletschte die großen weißen Zähne, als ob er es ernst meinte. Was ist dieser Hund doch für ein Angeber.

      Ich bewaffnete mich mit Schraubenschlüssel und Taschenlampe und ging hinterher. Am Zaun hängt ein Schild, auf dem »Armour Protection« steht. Das Schild ist kaum noch zu lesen, und ich weiß auch nicht, wer Armour Protection war oder ob es die Firma je gegeben hat, aber jetzt nenne ich jedenfalls Ramses, Lineker und mich so. Es ist ein guter Name, klingt irgendwie gefährlich.

      Als ich ans Tor kam, stand Ramses mit hochgezogenen Schultern und vorgeschobenem Kopf vor dem Zaun, und Lineker rannte aufgeregt auf und ab. Er kläffte immer noch, aber Ramses gab nur noch ein tiefes, stählernes Grollen von sich. Das hört sich schön unheimlich an. Wenn du direkt neben ihm stehst, kannst du zwischen ihm und dem Röhren einer 1000er Harley manchmal nicht mehr unterscheiden.

      Ich schlug mit dem Schraubenschlüssel gegen den Zaun und schrie: »Wer ist da?« Ich dachte, es wären Kids, aber es war Crystal.

      Sie sagte: »Eva, ich bin’s. Kannst du mal kurz rauskommen?«

      »Nein«, sagte ich. »Ich bin im Dienst.«

      »Kannst du dann vielleicht irgendwas mit den Hunden machen und mich reinlassen?«

      »Die sind auch im Dienst«, sagte ich. Es war mir peinlich, mich mit jemandem zu unterhalten, dessen Schwester in einem Kühlfach lag, und ich wollte zurück zu meinen Spaghetti. Außerdem war Crystal nicht allein, und wenn du glaubst, ich würde irgendwelche Fremden auf meinen Schrottplatz lassen, bist du noch dümmer, als ich dachte.

      »Hat dir der Typ nichts gesagt?«

      »Was für ein Typ?«

      »Im Fitnessstudio«, sagte sie. »Er sollte dir was ausrichten.«

      »Ach so, im Studio«, sagte ich. »Ich war heute nicht da. Ich habe meine Ma besucht.«

      Was, wie du ganz genau weißt, eine dicke Lüge war. Ich hätte meine Ma besuchen sollen. Ich hatte sogar daran gedacht, sie zu besuchen, aber dann wollte ich mir lieber doch nicht die Ohren von ihr volljammern lassen. Genauso wenig wie von Crystal.

      »Dann weißt du es noch gar nicht?«, sagte Crystal. »Dawn ist tot.«

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