Название: Eva sieht rot
Автор: Liza Cody
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783867548861
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Crystals Zimmer sah fast so chaotisch aus wie ihr Trödelstand. Möbel gab es keine; es war eher ein Lagerraum mit einer Matratze in der Mitte. Wir packten Dawn ins Bett, damit sie sich auspennen konnte, dann ging Crystal wieder auf den Markt und ich zurück zum Schrottplatz.
Da wohne ich nämlich – auf einem Schrottplatz. Und wenn dir das komisch vorkommt, überleg doch mal, ob du vielleicht auch fürs Wohnen bezahlt wirst. Wenn du aber einen Hauswirt oder eine Hypothek am Hals hast, brauchst du über mich nicht zu lachen. Ich wohne umsonst. Das gehört zum Job. Das ist nämlich der andere Job, den ich neben dem Catchen noch habe, ich bewache nachts den Schrottplatz. Wenn du also auf Ersatzteile oder Werkzeuge scharf bist und nicht dafür bezahlen willst, musst du zuerst an mir und meinen Hunden vorbei. Einfach ist das nicht, das kannst du mir glauben. An Ramses, Lineker und mir ist noch so gut wie keiner vorbeigekommen. Wir mögen vielleicht nicht die Schönsten sein, aber dafür haben wir mächtig was auf dem Kasten; wir können kämpfen und Krach schlagen.
Als die Arbeiter nach Hause gegangen waren, machte ich den Laden dicht, wie jeden Abend. Ich ließ die Hunde raus, und wir machten unseren Rundgang auf dem Gelände. Eigentlich muss ich die ganze Nacht aufpassen, aber manchmal habe ich noch andere Sachen zu erledigen. Kommt immer darauf an, wer besser zahlt. Aber solange ich rechtzeitig zurück bin, um die Hunde zu füttern und das Tor aufzuschließen, braucht davon keiner was zu erfahren.
Heute Abend hatte ich eine Verabredung mit der Feindin. Sie hält sich für wahnsinnig clever und cool und lauert bloß darauf, mich eines Tages zu schnappen. Wobei sie mich schnappen will? Solche Leute gibt es eben, und sie haben alle irgendwas mit der Polizei zu tun.
Du hast’s erfasst, die Feindin ist eine Bullentante. Sie sagt zwar, sie ist nicht mehr bei der Truppe, aber ich sage, einmal Bulle, immer Bulle. Das bleibt kleben wie Scheiße an den Schuhen.
Auf dem Schild an ihrer Bürotür steht »Lee – Schiller«. Lee ist die Feindin, Schiller ihr Partner. Er ist ein alter Krauter, die Sekretärin ist eine alte Schreckschraube. Die Feindin hat ein richtiges Altenzentrum aufgemacht. Deshalb braucht sie mich. Ich muss die Jobs erledigen, die einer mit Krückstock nicht schafft.
Ich machte die Tür auf, und es klingelte. Die Schreckschraube saß an ihrem Tisch und schrieb etwas in ein großes Buch.
Sie sagte: »’n Abend, Eva. Wollten Sie Ihr Geld abholen?«
»Was dachten Sie denn?«, sagte ich.
Sie gab mir einen Briefumschlag. Ich riss ihn auf und zählte die Scheinchen. Alles da.
»Haben Sie einen neuen Auftrag für mich?«, fragte ich.
»Anna ist im Moment nicht da«, sagte sie. Als ob ich das nicht gewusst hätte. Sonst taucht die Feindin nämlich sofort auf, wenn es an der Tür klingelt. Neugierige Kuh – muss immer wissen, was gespielt wird. Auch wenn es sie nichts angeht. Typisch Bulle.
»Wenn etwas hereinkommt, weiß sie ja, wo sie Sie finden kann«, sagte die Schreckschraube. Was mich stinksauer machte. Darum kreuze ich ja regelmäßig bei der Feindin auf. Weil es mir nicht besonders gefällt, dass sie weiß, »wo sie mich finden kann«. Wenn es etwas gibt, was du über mich wissen solltest, dann das: Eva Wylie wurde nicht in die Welt gesetzt, um der Polizei das Leben leichter zu machen.
Und die Feindin machte mir das Leben schwer. Kein Nebenjob, keine Extrakohle. Ach, sie konnte mich mal.
2
Am nächsten Tag erfuhr ich, dass Dawn tot war.
Ich stand wie immer gegen drei Uhr nachmittags auf; ich machte Tee und aß Bananen und ein paar Marmeladenbrote zum Frühstück. Dann ging ich zum Trainieren und Duschen in Sams Fitnessstudio. Da versammelt sich die ganze Truppe von Deeds Promotions. Manche von uns trainieren profimäßig – Harsh und ich zum Beispiel. Die anderen hängen bloß dumm rum, posieren und tratschen. Ich gehe jedenfalls ins Studio, um in Form zu bleiben und zu erfahren, wann ich meinen nächsten Kampf habe. Außerdem hole ich mir da meine Börse ab.
Es gibt auf dieser Welt nicht viele Leute, die dir die Kohle bar auf die Kralle zahlen, wie es sich gehört. Du machst deine Arbeit, aber auf den Lohn lassen sie dich warten. Das haben sich die Oberbosse fein ausgedacht. Es ist doch so: Wer meinen Kampf sehen will, muss zahlen, sonst kommt er nicht rein. Also ist die Kasse voll. Wieso muss ich dann auf meine Kohle warten? Hä? Weißt du’s vielleicht? Wieso kriegt Mr. Deeds von Deeds Promotions, der bloß den ganzen Tag auf seinem fetten Arsch sitzt, seine Kohle zuerst? Und wieso bin ich, also diejenige, die die ganzen blauen Flecken und Beleidigungen erntet, als Letzte an der Reihe, wenn es ans Löhnen geht?
»Bitte sehr, zähl ruhig nach«, sagte er, als ob er mir einen Gefallen täte. »Es ist alles da, aber du kannst es ruhig nachzählen. Wie immer.«
Und ich habe es nachgezählt. Sonst müsste ich auch schön blöd sein. Bei meinem letzten Kampf hatte ich es mit einer gewissen Gypsy Jo zu tun, und als ich sie in der letzten Runde an den Knien runterriss, kriegte sie ein Bein frei und ist mir mit dem Stiefel auf den Ellenbogen getrampelt. Er tut mir seit Tagen weh, und wenn Mr. Deeds meint, ein schlimmer Ellenbogen wäre nicht wenigstens ein paar Scheinchen wert, ist er ein noch größerer Vollidiot, als seine Frau sowieso schon denkt.
»Du hast da eine Schwellung«, sagte Harsh. Er wurde heute auch ausgezahlt. »Du musst heiße und kalte Umschläge machen. Und den Arm schonen.«
»Ich trainiere es ab«, sagte ich, weil Mr. Deeds zuhörte.
»Stehst du auf der Verletztenliste?«, fragte er. Einen Arsch wie ein Elefant, Lauscher wie ein Karnickel und so viel Verstand wie eine Wollmaus.
»Ich doch nicht«, sagte ich. Wenn ich verletzt bin, gibt er mir keinen Kampf. Kein Kampf, keine Kohle.
Harsh sagte: »Damit wirst du dir mehr antun, als Gypsy Jo dir angetan hat.«
Ich wusste nicht, ob ich froh oder sauer sein sollte. Ich finde es schön, wenn Harsh sich für mich interessiert, aber leider gibt er dann meistens etwas von sich, was ich nicht hören will. Er hatte eine graue Jogginghose und ein altes schwarzes, ärmelloses T-Shirt an, und seine Deltamuskeln glänzten schweißnass vom Trainieren.
»Es hat jemand nach dir gefragt«, sagte er.
»Wer?«
»Hat sie nicht gesagt. Ein Mädchen.«
»Wann?«
»Vorhin.«
»Ich will hier keine Fremden haben«, sagte Mr. Deeds. Er meint, wenn die Leute wüssten, wie wir trainieren, würden sie uns im Ring nicht mehr ernst nehmen.
»Sie war nur am Eingang«, sagte Harsh. »Da habe ich sie getroffen.«
Harsh hat eine Engelsgeduld. СКАЧАТЬ