Название: Endlich sorgenfrei!
Автор: Reinhold Ruthe
Издательство: Автор
Жанр: Социальная психология
isbn: 9783865066169
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Solche Vorurteile führen zur verzerrten Wahrnehmung. Auch Sorgenmenschen sind Zeitgenossen mit verzerrter Wahrnehmung. Vermutlich sind sie nicht mit Sorgen, mit Befürchtungen und Selbstquälerei geboren worden. Aber Erziehung, Sozialisation und die Einsicht, wie ich die Welt sehen will, haben die „dunkle Brille“ zum Beurteilungsmaßstab gemacht.
Sorgen und Entscheidungsschwäche
Sorgen haben auch mit Entscheidungsschwäche zu tun. Wer ständig seine eigenen Entscheidungen anzweifelt, wer seine eigenen Urteile immer wieder infrage stellt, gefährdet seine Gesundheit. Sehr viele Menschen reagieren mit starken Selbstzweifeln. Sie grübeln und zergrübeln ihre Planungen und Entscheidungen. Sie produzieren ein starkes Unsicherheitsgefühl.
Ein Motiv kann sein: Sie sind abhängig von anderen Menschen. Sie haben nicht gelernt, selbstständig und selbstvertrauend eigene Entschlüsse zu fassen. Diese Menschen brauchen einen Bestätiger. Diese Abhängigkeit von anderen Menschen hat vielfach auch mit einem niedrigen Selbstwertgefühl und mit Angst und Depressionen zu tun. Der Selbstzweifel gibt ihnen das Gefühl der Hilflosigkeit und des Kontrollverlustes. Wer stark von anderen abhängig ist, hat Angst, sich falsch zu entscheiden. Er fürchtet auch, dass andere seine Wahl nicht gutheißen könnten, und macht sich unnötig das Leben schwer. Wer sich mit Minderwertigkeitsgefühlen, Selbstzweifeln und Entscheidungsschwäche herumschlägt, ist ein Mensch, der sich mit vielen Sorgen belastet und sich das Leben schwer macht. Menschen, die entscheidungsschwach sind, haben große Schwierigkeiten, bei moralischen Fragen einen klaren Standpunkt zu vertreten.
Sie wollen nicht anecken,
sie wollen nicht auffallen,
sie wollen nicht gegen den Strom schwimmen.
Oft werden sie als Mitläufer, als konturlos und profillos eingestuft. Sie leiden auch darunter, dass sie anderen Menschen ein schwammiges Selbstwertgefühl vermitteln. Die Ursachen dieser Entscheidungsschwäche liegen vermutlich in der Kindheit. Die Kinder wurden in ihren Wertungen, in ihrem Beurteilen und in ihren Entscheidungen nicht ernst genommen. Sie gewannen kein Selbstvertrauen und keine Selbstsicherheit. Ihre Meinungen wurden belächelt, als unvernünftig angesehen oder infrage gestellt. Wie sollen Kinder und spätere Erwachsene zu starken, selbstbewussten und entscheidungsstarken Menschen heranwachsen?
Sorge und Zweifel
Sorgenmenschen sind häufig Zweifler. Sie glauben nicht an sich und ihre Fähigkeiten. Mit ihren Zweifeln torpedieren sie allen Wagemut und jede Risikobereitschaft. Ihre Sorgen sehen umschrieben so aus:
Sie trauen sich nichts zu,
sie quälen sich mit Befürchtungen und Misstrauen,
sie bringen sich durch Zweifel in eine erhöhte innere Spannung,
sie packen nichts an, weil sie von Befürchtungen überflutet werden,
sie erwarten Pleiten und Niederlagen,
sie misstrauen sich, den anderen und Gott.
Ein Musterbeispiel im Jüngerkreis Jesu ist Thomas. Ich erlaube mir nur zwei Beispiele aus dem Neuen Testament zu berichten. Als Jesus seinen Jüngern mitteilt, dass Lazarus, ein guter Freund, gestorben sei, wollten sie sich gemeinsam auf den Weg nach Bethlehem machen. Jesus gab zu bekennen: „Lazarus ist tot, doch euretwegen bin ich froh, dass ich noch nicht bei ihm war. Auf diese Weise werdet ihr lernen, mir zu vertrauen. Und jetzt wollen wir zu ihm gehen.“ Wörtlich fährt Johannes fort: „Thomas, der auch Zwilling genannt wird, sagte zu den anderen Jüngern: ,Lasst uns mitgehen und mit ihm sterben. ‘“(Johannes 11, 14 - 16) Der ganze Pessimismus und der komprimierte Zweifel des Thomas kommen hier zur Sprache.
Wie muss es in ihm ausgesehen haben?
Wie wenig scheint er dem verheißenen Messias zu vertrauen?
Wie sind seine Todesgedanken zu erklären?
Ein zweites Beispiel charakterisiert den Thomas nach der Auferstehung. Wieder ist es Johannes, der in seinem Evangelium den Thomas beschreibt:
„Als Jesus kam, war Thomas, genannt der Zwilling, einer der zwölf Jünger, nicht dabei gewesen. Später erzählten ihm die anderen: ‚Wir haben den Herrn gesehen!‘ Thomas sagte zu ihnen:, Ich werde es so lange nicht glauben, bis ich die Spuren von den Nägeln an seinen Händen gesehen habe. Ich will erst mit meinem Finger die Spuren von den Nägeln fühlen und meine Hand in seine Seitenwunde legen.‘“ (Johannes 20, 24 ff.)
Eine Woche später erscheint der auferstandene Jesus wieder seinen Jüngern, und Thomas ist dabei. Die Türen sind abgeschlossen. Jesus kommt, tritt in ihre Mitte und sagt: „Ich bringe euch Frieden!“ Dann wandte er sich an Thomas: „Leg deine Finger hierher, und sieh dir meine Hände an! Streck deine Hand aus, und lege sie in meine Seitenwunde. Hör auf zu zweifeln, und glaube, dass ich es bin!“ (Johannes 20, 26 ff)
Jesus geht auf den Zweifler ein. Er kennt seine Pappenheimer. Er weiß, dass wir alle mit Schwächen, Unsicherheiten und Eigenarten der Persönlichkeit zu tun haben. Er weiß, dass mit Sorgen Zweifel, Ängste und Pessimismus verbunden sind. Die Sorgen des Zweiflers: Er will das Hundertprozentige. Er sucht die vollkommene Gewissheit. Er will das Utopische, das Nonplusultra. Wer solchen Extremen nachläuft, wird sich mit Sorgen vollpacken.
Sorgen und Befürchtungen
Wer sich mit Sorgen herumschlägt, schlägt sich häufig auch mit Befürchtungen herum. Nicht der Sorgenmensch, der von echten einleuchtenden Sorgen heimgesucht wird, ist gemeint, sondern der Mensch, der Befürchtungen hegt und sich mit diffusen Ängsten das Leben schwer macht. Was kennzeichnet den Befürchtertyp?
Er hört das Gras wachsen.
Er sieht hinter jedem Busch einen Räuber.
Er sieht Gefahren, über die der gesunde Mensch lächelt. Der Befürchtertyp ist ein ängstlicher Mensch. Er geht allen Risiken aus dem Weg und wagt nichts. Mit seinen Befürchtungen macht er alle Projekte zunichte.
Als Kind hat der Mensch mit Befürchtungen übertriebene Maßregeln gehört:
„Fahr vorsichtig!“
„Bleibe auf dem Bürgersteig!“
„Das ist zu gefährlich!“
„Das wirst du bereuen.“
„Das geht bestimmt schief.“
Solche Kinder werden verunsichert, in ihrem Selbstvertrauen erschüttert und mutlos gemacht. Sie trauen sich nichts zu. Sie glauben nicht an sich und gehen problembeladen und sorgenvoll durch die Welt. Viele treten auf der Stelle und warten, dass jemand für sie entscheidet. Sie wollen mitgenommen und mitgerissen werden. Von ihnen selbst kommen keine Vorschläge.
Bei einem amerikanischen Arzt fand ich das schöne Wort: „Durchs gleiche Gitter schauen zwei Männer in die Ferne – der eine sieht Morast, der andere sieht die Sterne.“
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