Название: Projekt Null
Автор: Teja Bernardy
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783960087526
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Besonders in Krisenzeiten, Zeiten allgemeiner und persönlicher Krise, begibt sich der Mensch auf die Suche nach Gott, nach ‘seinem’ Gott. Weder Selbsterkenntnis noch Eingeständnis eigener Fehlbarkeit liegen dieser Suche zugrunde. Vielmehr strebt der Mensch mit seinem aus Glauben gewonnenen Nichtwissen von und über Gott mit diesem zu einer Übereinkunft zu gelangen, einer für ihn persönlich möglichst positiven. So schachert er dann, probiert den Deal mit den himmlischen Mächten. Mancher nennt den Versuch der Geschäftsanbahnung Gebet. Von Fürbitten bis Danksagung spreizt sich ein Bogen von Begrifflichkeiten, welche nur notdürftig kaschieren, daß und wie sehr der angerufene Gott für eitle egoistische Zwecke in Anspruch genommen wird, mit welcher Vermessenheit der Gläubige der Überzeugung anhängt, persönliche Bevorzugung erlangen zu können, Gott Parteilichkeit unterstellt, parteiisches Urteil von IHM fordert. Dabei treibt der Blick aufs Ego zum Bestechungsversuch zu eigenen Gunsten. Bis zu einem gewissen Grade folgt der Versuch eigener Rechtschaffenheit. Mit dem Druck persönlicher Not, mit zunehmender Verzweifelung heiligt der Zweck die Mittel, soll harte Münze Gewogenheit herstellen, die Gottheit gefügig, willfährig machen. Dort droben aber in der Höhe ist noch jede Gottheit, so sie dort in solchen Höhen anzutreffen wäre, gegen derart schnöde Methodik mit Gleichmut gewappnet. Darf wirklich geglaubt werden, das Erpressungsgebet erreiche den himmlischen Lauscher, gilt doch nicht einmal erwiesen, ob und daß jemand lauscht?! Versprechen für künftiges Wohlverhalten, Hingabe eines Geldbetrages, Errichtung eines Ehrenmals im Tausch gegen die Bedingung göttlichen Beistandes?! Solch Beistand bleibt nach Gesetzen der Logik, nach mathematischer Regel der Menschenschicksale Vielzahl, nach Wahrscheinlichkeitsrechnung und nicht zuletzt nach glaubensethischen Grundsätzen schiere Unmöglichkeit, nach den Maßstäben allumfassender Gerechtigkeit Bestechung, dezidiertes Unrecht. Dennoch schöpft eine Vielzahl von Menschen ausgerechnet aus dem Gebet Hoffnung, festen Glauben an Überwindung einer Krise, ohne wahrzunehmen, selbst noch das Gebet ist Teil der Krise, ermangelt der ihm zugeschriebenen Magie, verzaubert GOTT nicht. Lobpreis der Gerechtigkeit Gottes konkurriert mit der Gebetsformel, welche konkrete Parteinahme fordert, herausfordert, heraufbeschwört. Und all jene Fälle, Zufälle, in denen der Beter ganz nebenbei und durch allerlei Umstände scheinbare Errettung erfährt, werden willig als billige Beweis der Gegenwart Gottes zitiert, eines darin und dadurch letztlich parteiischen, zu tiefst ungerechten, wundertätigen, wundertütigen Gottes. Zuletzt wird das scheinbar aus Glaubenskraft eingetretene Ereignis, Zeugnis göttlicher Ungerechtigkeit, als ’Wunder’ interpretiert, gereicht zur Heiligsprechung eines Menschen. Gott bleibt auch dann und besonders dadurch die Krise.
Wenn und weil Gott die Krise ist, stellt sich die Sinnfrage, die nach dem Sinn Gottes, die nach dem Sinn des Lebens, die nach dem Sinn des Menschen.
Gott, ein Phantasieprodukt des Menschen, Phantom, virtuelle Persönlichkeit einer Anderwelt, vorweggenommene Androhung einer virtuellen Welt, erhält nur den Sinn, den ihm das Geschöpf Mensch zubilligt. Indem sich der Mensch als Geschöpf begreift, leitet er seine Herkunft von Gott ab, sucht sich mit ihm gemein, sich ihm ähnlich zu machen. Der Mensch erschafft seine Ähnlichkeit, seine Verwandtschaft mit Gott, ist aus diesem nicht weniger virtuellen Schöpfungsprozeß, vorausgesetzt, der/die/das GOTT verfüge nur annähernd über die angenommenen und IHM zugebilligten Eigenschaften, niemandem unähnlicher als ausgerechnet Gott. Gott zugebilligter Sinn, der durch sogenannte Gottesdiener, durch Priester definierte und interpretierter Sinn ist, je nach Denkrichtung, Zweckpessimismus gelebten Diesseits oder Jenseitsoptimismus gegen das Dilemma einer durch Menschen verkommenen Welt. Sowohl an dem einen wie am anderen orientierte Hingabe an das höhere Wesen verkommt zum Götzendienst, beraubt Gott jedes wie auch immer aufzufassenden Sinns, nimmt seiner Person und Personalisierung Sinnhaftigkeit, bleibt auf Wohlergehen des Menschen im Diesseits und/oder Jenseits fokussiert. Virtuelles Gottesbild wird in seiner virtuellen Vielgestaltigkeit und seiner existentiellen Vielschichtigkeit austauschbar, handhabbar, handelbar. Metamorphose vom wandelbaren zum handelbaren Gott kennzeichnet Wesen und Weg des Menschen und seiner Überzeugungen. Geschacher nimmt Gott selbst noch den für ihn angenommenen, den ihm unterstellten Sinn. Aus der Verehrung des wandelbaren Gottes erstandenes, wandelbares Gottesbild, keinesfalls und nie ein Paradigmawechsel, bleibt zwangsläufig hinter der Erwartung des Menschen zurück, nimmt der Menschheit die Fähigkeit zum Dienst an Gott, macht aus solch Dienen Götzendienst, erschafft personifizierten Ersatz, gründet Personenkult, institutionalisiert das Ersatzgebilde zu einem vermeintlich sinnstiftenden Surrogat, Versatzstück gescheiterter Sinnsuche nach und in Gott, macht Gott erst verhandelbar, dann handelbar, zeugt ein Monstrum. Aus solchem Zerrbild Gottes abgeleitete Aufrechnung und Gewichtung von Taten, auch derjenigen des Unterlassens, entspringt nicht dem Handeln, geschweige dem Denken Gottes, ist allein Menschenwerk, Menschenwille. Selbst aber diese Ingangsetzung eines Gott unterstellten Impetus für Güte und Gnade lebt nicht von und aus den letzteren, sondern aus dem Angstpotential einer nicht weniger virtuellen, aus machttaktischen Erwägungen geschaffenen Verdammnis, im übrigen ebensowenig denk- und/oder darstellbar wie Gott. Glaubensinstitution zieht mithin Nutzen nicht aus Gott, sondern aus den um ihn konstruierten Gegebenheiten, die ihrerseits sich zuletzt ausschließlich als Angstpotentiale darstellen. Konfessioneller Glaube profitiert anstatt von Gott, von Angst. Solche Angst gibt dem gedachten Gott in seinem ebenso widersinnig erdachten Gegenpol Satan Macht, gottgleiche Macht, Allmacht.
Wenn und wo der Mensch Sinn seines Seins, Sinnhaftigkeit des Lebens nicht aus Gott ableiten kann, gebietet ihm Denken Sinnsuche außerhalb eines Denkens von Gott, hinaus über eine Vorstellung von Gott, was keinesfalls Atheismus bedeuten muß. Verortung des Menschen auf der Welt, der Welt im Kosmos, läßt den Menschen sich selbst begreifen als ein geschaffenes, erschaffenes Wesen zunächst aus sich selbst, zuletzt aus der Natur und ihren Gesetzmäßigkeiten. So will es scheinen, Naturwissenschaft, Suche und Aufspüren der Gesetzmäßigkeiten von Abläufen innerhalb eines kosmischen Geschehens könne sowohl Frage nach Gott als auch Sinn der Frage und auch der Person, wenn nicht ad hoc lösen, so doch auf Dauer erübrigen. Zweifellos läßt Wissenschaft Erklärung einer Vielzahl von Naturerscheinungen zu, nimmt ihnen den Nimbus des Mystisch-Mythischen, beraubt Erkenntnis immer mehr Wunder ihrer wundersamen Abkunft. Nachdem die in Gott angelegte Krise scheinbar rechtfertigt, sich von IHM/IHR/IHM(ES) abzuwenden, übernimmt die Hinwendung zu den Naturwissenschaften Stellvertreterrolle, sucht nach dem Beweis, der Mensch sei entweder Gott ähnlich, oder ohne Gott zu gottähnlichem Wirken befähigt und berechtigt. Beweis für ersteres kann Wissenschaft nicht und nie erbringen, scheitert doch die Beantwortung der Frage unter der Voraussetzung GOTT an der im Menschen selbst angelegten Prämisse, ein Geschöpf zu sein. Letzteres, gottähnliches Wirken muß Wissenschaft mißlingen, СКАЧАТЬ