Arabidopsis – ein Leben ist nicht genug. Gottfried Zurbrügg
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Название: Arabidopsis – ein Leben ist nicht genug

Автор: Gottfried Zurbrügg

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

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isbn: 9783960085577

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СКАЧАТЬ unsterblich, und ich habe meinen Teil daran.“

      Nubi gab Gas und fuhr in rascher Fahrt auf Luxor zu. Scherrer lachte noch amüsiert, als sie das Tor in den Palmengarten erreichten, der das große Anwesen umgab. Die Palmen rauschten, als sie ausstiegen. Von der Wüste her wehte ein leichter Wind in die Oase. Scherrer sah fragend zum klaren Himmel hinauf.

      „Es wird so bald keinen Sandsturm mehr geben“, sagte Nubi. „Komm, wir gehen hinein.“

      Nach dem Essen saßen die Männer im Kreis zusammen und tranken süßen Pfefferminztee. Eine Tänzerin trat ein. Sie trug die üblichen weiten Hosen und einen Büstenhalter mit Münzen und Ketten. Hinter ihr kamen ein kleiner Mann mit Tamburin und zwei Flötenspieler herein. Sie setzten sich und der Mann begann einen betörenden Rhythmus zu schlagen. Ein Zittern ging durch den Körper der Frau. Rhythmisch begann sie mit dem Bauch zu schwingen. In wildem Takt klopften ihre Füße, ihre Hüften schwangen hin und her. Sie durcheilte den Kreis der Männer, zog einen Schleier hinter sich her, der die Gesichter streifte, war zum Haschen nah und doch unnahbar. Keiner der Männer regte auch nur eine Hand, um sie zu fangen. Hin und her sprang sie in wildem Tanz, blieb stehen, schüttelte die großen Brüste und schwang ihr Tuch über den Kopf. Plötzlich erlosch die Musik. Die Tänzerin ging von Mann zu Mann, schwang ihren Oberkörper zitternd hin und her, dass ihre Brüste bebten. Die Männer steckten ihr Geldscheine in den Büstenhalter. Auch vor Scherrer blieb sie stehen und musterte den jungen Europäer mit klugen Augen. Der nahm einen großen Geldschein und steckte ihn in den Büstenhalter. Die Frau zuckte zusammen, als seine Hände sie unabsichtlich berührten. Rasch schlang sie das Tuch um den Kopf, um sich zu verhüllen, aber ihre dunklen Augen blieben auf ihn gerichtet, Frage und Bitte zugleich. Ruhig ging sie weiter, durchschritt den Kreis und bedankte sich mit einer tiefen Verbeugung. Ihr letzter Blick mit einem Augenaufschlag galt ihm.

      „Herr Professor“, unterbrach Meyer. Die Bilder aus längst vergangenen Tagen verschwanden und Scherrer sah sich dem seltsamen Gast wieder gegenüber. „Seit Ihrem ersten Besuch in Ägypten träumen Sie davon, den Tod zu entschlüsseln, Herr Professor. Der Papyrus über Ihrem Schreibtisch ist mir wohlbekannt.“

      „Sie haben sich aber genau mit meiner Person beschäftigt“, stellte Scherrer gereizt fest.

      „Man sollte den kennen, mit dem man zusammenarbeiten möchte“, antwortete Meyer.

      „Aber jetzt lassen Sie mich bitte allein“, bat Scherrer. „Auf dem Schreibtisch liegen viele Dinge, die ich erledigen muss. Geben Sie Ihre Bewerbung bei meiner Sekretärin ab.“ Meyer erhob sich und ging. An der Tür rief ihn Scherrer zurück. „Dr. Meyer, eigentlich würde ich einen Gärtner brauchen, aber ich bin gespannt, wie sich unsere Zusammenarbeit entwickeln wird. Lassen Sie sich einen vorläufigen Ausweis ausstellen. Haben Sie noch Fragen?“

      „Nein!“ Meyer verneigte sich und verschwand.

      Ohne Zögern wandte sich Scherrer seiner Arbeit zu. Habe ich die Tür gehen hören?, fragte er sich schon wieder in die Arbeit vertieft. Er sah kurz auf. Sein Büro lag wie immer um diese Zeit im Schein der Mittagssonne, die alles heller und freundlicher werden ließ. Der seltsame Gast war verschwunden. Ich muss es überhört haben, dachte Scherrer, ich bin überarbeitet. Ich sehe Dinge und Personen, die es nicht gibt.

      Dann rief er seine Sekretärin an. Er sagte nicht einmal Guten Morgen, sondern gleich: „Anneliese, können Sie versuchen, über einen Dr. Meyer etwas herauszubekommen? Er ist Gentechniker und wahrscheinlich ein bekannter Mann. An welcher Universität er gearbeitet hat, ist mir unbekannt, aber als Doktor muss er veröffentlicht haben. Er wird Ihnen seinen vollständigen Namen genannt haben.“

      „Hier war niemand“, erklärte sie. „Dr. Meyer sagten Sie? Ohne Vornamen und das Geburtsdatum werden wir unter diesem Namen zu viele Einträge finden, um ihn sicher ausmachen zu können.“

      Dr. Meyer wurde ohne weitere Probleme ein enger Mitarbeiter von Scherrer im Botanischen Institut.

      Auch Sybille Walter hatte es eilig, an ihren Computer zu kommen. Sie klickte eine der bekannten Suchmaschinen an und gab den Namen Scherrer ein. Interessiert las sie über seine langjährige Tätigkeit in Tübingen am genetischen Institut, über seine großen Erfolge, die plötzliche Emeritierung und die Berufung nach Karlsruhe. „Um den Botanischen Garten will er sich kümmern?“, las sie erstaunt. Aber der doch nicht! Da steckt sicher mehr dahinter. Eine Frau? Wäre ihm zuzutrauen. Der lässt sicher immer noch nichts anbrennen. In Durlach wohnt er? Sybille Walter fand Gefallen daran, Professor Scherrer auf die Spur zu kommen. Mit dem Spürsinn der Journalistin ahnte sie eine interessante Geschichte. Ganz unwillkürlich nahm sie den Spiegel aus ihrer Handtasche, sah hinein, korrigierte das Make-up und die Lage ihrer blonden Haare. Ihr Spiegelbild lächelte sie an. „Ein Abenteuer?“, schien es zu fragen. „Rein dienstlich!“, gab sie zurück. Ihr Nachbar am Nebentisch grinste. „Rein dienstlich!“, wiederholte sie in seine Richtung.

      Die Arbeit im Institut war einfach. Meist ging es darum, Pläne für den Botanischen Garten zu entwerfen. Scherrer hatte immer neue Wünsche. Am liebsten wollte er die ganze Welt auf engstem Raum zeigen. Da er sehr viel und weit gereist war, kannte er die Vegetation vieler Länder und bestand auf möglichst originalgetreuen Nachbildungen der Landschaften. Außerdem verfolgte Scherrer weiterhin mit großem Interesse die Forschungen in der Morgenstelle Tübingen, als sei er immer noch der Chef des Genetischen Institutes.

      In der Mittagszeit pflegte er durch den Fasanengarten zu spazieren und hatte es sehr gern, wenn sich Anne Neidhardt, seine Doktorandin, die Zeit nahm, mit ihm die alten Bäume zu bewundern.

      Anne erledigte alle Arbeiten zu seiner Zufriedenheit, aber sie merkte, dass sie in ihren eigenen Forschungen nicht recht weiterkam. Sie sah, wie man sich in Tübingen bemühte, neue Pflanzensorten zu züchten, aber sie erkannte auch, dass alle Institute an den gleichen Pflanzen forschten. Immer kamen neue Tomaten – oder Maissorten auf den Markt, aber an die wichtigen Pflanzen zur Versorgung der Menschheit wie Baumwolle oder Weizen wagte sich kaum jemand heran. In welche Richtung wollte sie ihre eigenen Forschungen ausrichten?

      „Warten Sie ab! Sobald wie möglich werde ich Ihnen ermöglichen zu reisen und Sie werden die Welt sehen. Dann werden Sie helfen, den Hunger in der Welt zu besiegen. Noch arbeiten wir an einem Botanischen Garten, aber so lernen Sie die Pflanzen kennen, die in aller Welt wachsen, und dann werden Sie auch Ihr spezielles Forschungsbiet finden. Ich bin sicher, Sie werden das schaffen“, tröstete Scherrer Anne Neidhardt auf den gemeinsamen Spaziergängen.

      „Natürlich möchte ich das gern“, antwortete Anne, „aber ich bin an dieses Botanische Institut gefesselt, das zwar sehr interessant ist und mir doch nicht das ermöglicht, was ich eigentlich möchte.“

      Auf ihren Spaziergängen begegneten sie oft einer jungen Frau, die mit einer Aktentasche unter dem Arm immer eilig zum Schloss lief. Sie trug auffallend hohe Absätze und einen kurzen Rock, der ihre langen Beine zur Geltung brachte. Die langen blonden Haare fielen über ihre schönen Schultern. Zuerst eilte sie nur vorbei und Professor Scherrer sah ihr nach. Aber als sie ihr öfter begegneten, spürte Anne Neidhardt, dass das wohl kein Zufall war. Sie sah auch, dass Professor Scherrer von dem Anblick der jungen Frau sehr angetan war. Was will sie wohl?, fragte sich Anne. Aber dann waren ihre Gedanken wieder ganz bei ihrer Arbeit.

      Dr. Meyer bemerkte, wie sehr Anne hin- und hergerissen war, und half ihr auf seine sonderbare Art.

      „Frau Neidhardt“, begrüßte er sie eines Morgens vor dem Institut. „Bevor Sie an Ihre Arbeit gehen, möchte ich Ihnen eine kleine Pflanze zeigen. Professor Scherrer weiß Bescheid. Wenn Sie möchten, dann kommen Sie mit zum Forschungszentrum für Umwelt. Es ist nicht weit. Wir müssen nur den Adenauer Ring hinuntergehen.“

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