Der verborgene Dämon. Detlef Amende
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Название: Der verborgene Dämon

Автор: Detlef Amende

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn: 9783961456796

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СКАЧАТЬ der Journalismus durch diese Entwicklung schwer beeinträchtigt werden würde. Die globale Berichterstattung bevorzugte schon deshalb, weil sie nicht einer möglichen russischen Zensur unterworfen sein wollte, den verbliebenen freien Rest des Internets, war aber dadurch sowohl quantitativ als auch qualitativ enorm eingeschränkt. Nun gut, ich konnte mich an meinem Computer darauf einstellen und habe auch den Eltern die entsprechenden heißen Tipps für ihre Emails und Telefonate gegeben. So blieben wir von dieser an Frechheit nicht zu überbietender Maßnahme zunächst unbeeindruckt und gaben uns alle voller Vorfreude der Vorbereitung des geplanten Urlaubs hin. Tunesien sollte das Ziel sein. Mutter meinte, die Reise würde bestimmt einer der letzten gemeinsamen Urlaube. Das kann gut sein, grinste ich, denn für das nächste Jahr ist mit meinen Freunden eine Abi-Tour angesagt. Umso mehr wollte ich dieses Mal noch mit den Eltern zusammen in die Ferien, zumal ich wusste, dass beide dafür hart gespart hatten. Wir schauten uns in Prospekten die Bilder der am Meer gelegenen, zwischen weißen Mauerbögen verwinkelt gestalteten Hotelanlage an, ich buchte die Flüge über das freie Internet und schon war der Sommer heran und Mutter am Koffer packen. Vater studierte das Kartenmaterial, spekulierte über mögliche Ausflugsziele und riet Mutter noch, auch ein Kopftuch mitzunehmen. Ich hatte mir unter tolerierendem Schmunzeln der Eltern einen Fensterplatz im Flieger ergattert und dann sah ich im Landeanflug auf Tunis aus geringer Höhe durch das Bullauge die sonnenüberstrahlten Strände und eine Vielzahl von Segelbooten vor der Küste. Im Reisebus Richtung Hotel stieg die Spannung und wir wurden bei Ankunft nicht enttäuscht. Eine pompös verglaste Hotelfassade nahm uns in Empfang und von der luxuriös ausgestatteten Eingangshalle waren wir mächtig beeindruckt. Wir checkten ein und auch das gebuchte Apartment mit Meeresblick faszinierte mich. Noch am Abend unternahmen wir einen ersten Rundgang durch die allenthalben von Palmen gesäumte, parkähnliche Umgebung, die mehrere Pools und verschieden Sportanlagen umfasste. Toll, so hatten wir uns das vorgestellt. Am nächsten Morgen beschlossen die Eltern, erstmal den weißen Sandstrand und das türkisblaue, warme Mittelmeerwasser zu genießen, und erst die darauf folgende Woche an der Rezeption den einen oder anderen Ausflug ins Landesinnere zu buchen. Das war mir recht, denn ich freute mich ja schon auf Wasser, Wind und Wellen. Eine Woche darauf saßen wir abends, geschafft vom vielen Schwimmen und befreit von der tagsüber notwendigen Schicht Sonnencreme bei allerlei Getränken im schattigen Grün nahe dem großen Pool und freuten uns auf die bevorstehenden Ausflüge, als plötzlich Sirenen ertönten und laute Motorengeräusche die Idylle jäh beendeten. Wir sahen uns erschrocken an, dann ertönten überall Lautsprecher. Das Hotelpersonal kam herangerannt, schrie, forderte alle Urlauber hektisch auf, sofort das Hotel zu verlassen. Wir hätten höchstens ein Stunde Zeit. Ich konnte diese Aufforderung nicht glauben. Auch Vater und Mutter realisierten die Situation erst, als bewaffnete Polizisten erschienen und antreibend irgendwelche unverständlichen Anweisungen brüllten. Wir bekamen Angst. Was zum Teufel ist los?! Ein Terroranschlag? Hals über Kopf rannten wir nach oben ins Apartment. Wir verstauten unser Habe, so gut das in der Kürze der Zeit ging, hasteten mit unseren Koffern wieder nach unten und schon fanden wir uns vor dem Haupteingang auf der Straße inmitten einer Unzahl herumirrender anderer Urlauber wieder. Mutter und Vater waren völlig durcheinander. Auch ich rätselte, was jetzt zu tun wäre. Wir hatten ja nicht einmal ausgecheckt. Der gesamte Vorplatz des Hotels stand voller olivgrüner Militärbusse. Die Motoren liefen schon. Überall wimmelten Polizisten und Soldaten. „Tunisia is to be evacuated!!“, schrie einer. Was? Das ganze Land soll evakuiert werden? Im selben Moment wurden wir harsch aufgefordert, unser Gepäck in einem der olivgrünen Busse zu verstauen und einzusteigen. Wir fuhren Richtung Flughafen, die Strecke kam mir von der Herfahrt noch bekannt vor. Im Bus mutmaßten wir kopfschüttelnd, um was es denn hier überhaupt gehen könnte. Unsicherheit umfing uns. Dann fiel dieses Wort: Ebola! Der Schock saß tief. Ich versuchte, mit meinem Smartphone das freie Internet zu kontaktieren. Tatsächlich! Laut einem Nachrichtenportal müssen mehrere Flüchtlingstrosse aus tausenden, an Ebola erkrankten Afrikanern heute an Tunesiens Küste und offenbar direkt vor unserer Hotelanlage angekommen sein. Wir wussten nicht, dass die Epidemie bereits vor vielen Monaten ausgebrochen war und genau an unserem ersten Urlaubstag die damals ausgesandten, internationalen Hilfsteams zu ihrer eigenen Sicherheit ergebnislos zurückbeordert worden sind. Man sah sich nicht mehr in der Lage, die weitere schnelle Ausbreitung einzudämmen. Seit einigen Tagen schon wurden sämtliche Touristen aus Afrika ausgeflogen, und wir hatten nichts, aber auch gar nichts mitbekommen. Kopfschütteln. Unser Konvoi aus olivgrünen Bussen fuhr am Flughafen mit hoher Geschwindigkeit direkt aufs Rollfeld. Menschen über Menschen. Von überall her trafen weitere Konvois ein. Das Gepäck wurde in aller Eile von Hand in den Flugzeugen verstaut. Ständig starteten Maschinen. Nach kurzer Zeit hob auch unser Flieger ab.

      Wir hatten doch eine Woche Spaß, und der Rückflug war ganz geschmeidig. So frotzelte ich am Tag nach unserer Rückkehr, als die Eltern noch beim Auspacken waren. Mutter fragte entsetzt, wie man denn die Leute ruhig dorthin in Urlaub fliegen lassen, und nur eine Woche später eine derartige Grundsatzentscheidung treffen könne. Vater meinte, wir sollten froh sein, dort überhaupt noch weggekommen zu sein. Nach dem Abendessen saß ich wieder einmal gemeinsam mit den Eltern vor dem Fernseher, um Nachrichtensendungen zu schauen. Wir wollten uns informieren und endlich das ganze Ausmaß dieser Tragödie wissen. Doch nur spärliche Informationen und Bilder standen zur Verfügung, niemand wusste so recht Bescheid. Die Krankheit hatte sich über den gesamten Kontinent ausgebreitet. Der internationale Flugverkehr von und nach Afrika wurde weltweit komplett eingestellt. Rohstoffe und Güter von Algier bis Mogadishu, von Monrovia bis Dar es Salam und von Luanda bis Maputo durften ab sofort nur in wenigen, äußerst strengen Quarantänevorschriften unterworfenen Häfen verschifft werden. Kriegsschiffe lagen vor wichtigen Küstenstädten und überwachten den unter diesen Umständen noch realisierbaren Export von Baumwolle, Kakao, Kaffee, Bananen oder Rohdiamanten. Von den Journalisten, die sich auf eigene Faust und unter hohem Risiko auf den Weg begeben hatten, um zu berichten, kehrten die meisten nicht wieder zurück. Luftaufnahmen zeigten in den ländlichen Gebieten überall verlassene Dörfer und Siedlungen. Amerikas „Lichtsekte“ triumphierte. Nun sei der Moment gekommen, die Erde den Erbärmlichen zu überlassen und hinan zu steigen auf dem göttlichen Wege zur ewigen Schönheit. Doch die Lebenden wollten leben und begaben sich auf den langen und tödlichen Weg nach Norden und Osten. Zirka zwei Monate nach unserem tollen Urlaub erreichten die gewaltigen Flüchtlingsströme Djibouti. Dort an der Meerenge von Bab al-Mandab beträgt die Entfernung zur arabischen Halbinsel nur etwa sechzig Kilometer. Auch an der Mittelmeerküste bildeten sich immer größere Zelt- und Hüttenlager der Flüchtenden. Menschenansammlungen, wie gemacht, um Ebola weiter zu übertragen. Doch die Wanderung der Elenden war bereits seit längerem beobachtet worden, die Welt gedachte, sich zu schützen. Saudi-arabische und US-amerikanische Kriegsschiffe erwarteten die Sterbenden im Roten Meer und im Golf von Aden. NATO-Verbände waren auf Malta, Sizilien und Gibraltar in Alarmbereitschaft versetzt worden und zwischen Zypern und Israel bereiteten sich mehrere große Flugzeugträger auf ihren Einsatz gegen die Todgeweihten vor. Zeitgleich mit dem Abwurf von unzähligen Hilfspaketen über den Küstenlinien fielen draußen auf dem Meer die ersten Schüsse auf Schlauchboote, Flöße und kleinere Kutter der einheimischen Fischer.

      Tief geschockt von dieser Gnadenlosigkeit menschlichen Handels stellte ich mir die Frage: Auf welche Gewalt kann man verzichten, wie viel Hilfe kann man leisten, um dennoch die Zahl der außerhalb Afrikas neu infizierten Menschen in einer beherrschbar kleinen Größenordnung zu halten? Dies fragte ich einmal in der Unterrichtspause unseren Politiklehrer, der in seiner väterlichen Art antwortete, ich solle nicht so viel grübeln. In zugespitzten Situationen seien oft extreme Handlungsweisen notwendig, meine Fragestellung hingegen wäre nur in der Entstehungsphase einer solchen Situation zulässig. Ob denn dann der vollständige Verzicht auf jegliche Gewalt eine Lösung sei, fragte ich unbefriedigt nach. Möglich. Aber nur, wenn alle dem Prinzip folgten! Doch so eine Einstellung erschwerte mir den uns jungen Männern nach dem Abitur bevorstehenden Wehrdienst nur. Innerer Pazifismus biete keine Hilfe bei der Bewältigung unsinniger Herausforderungen. Ich sprach oft mit Vater über dieses Thema und er gab mir den Rat, mich – wenn dies gelänge – für den Bereich Cyberwar-Abwehr einteilen zu lassen. Das wäre bei meinen Computerkenntnissen und schulischen Leistungen erreichbar. Ich würde Einiges dazu lernen und müsste zumindest nach der Grundausbildung nicht nur „herumballern“. Eine solche Argumentation fand ich überzeugend und umso höher war ich motiviert, das bevorstehende Abitur СКАЧАТЬ