Streben nach der Erkenntnis. Klaus Eulenberger
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Название: Streben nach der Erkenntnis

Автор: Klaus Eulenberger

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783957449665

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СКАЧАТЬ Sache. Ich sollte für Mutti Eier holen, tat dies auch, aber meine Gedanken waren bei Janine. So ein hübsches Kind, rückblickend bekam ich (sicherlich vor Erregung) Schüttelfrost. Gedanklich sah ich ihre Lippen vor mir, die schönen schwarzen Haare, die ihr Gesicht umrahmten, aber vor allem die Augen – so schön, so dunkelbraun – sie sahen mich an – nur mich. Ich lieferte die Eier bei Mutti ab, indem ich ihr den Korb hinhielt. Mit der einen Hand nahm sie den Korb, mit der anderen fasste sie meine Schulter, drehte meinen Körper zu sich, so dass unsere Gesichter ganz nah beieinander waren. „Klaus, Klausmann, was ist denn mit dir? So habe ich dich ja noch nie erlebt. Du bist doch ganz in dich gekehrt und schaust mich an, ohne mich zu sehen. Du schaust einfach durch mich durch, als wenn ich gar nicht da wäre.“

      „Ach was, Mutti, nichts Besonderes!“

      „Nein, nein, nein!“ Sie wurde fuchtig und energisch. „Sag mir doch bitte, was heute los war und was dich so beschäftigt.“

      „Wir haben heute mit den großen Mädchen wieder Name, Stadt, Land und so weiter gespielt. Das war alles“, antwortete ich ärgerlich. Plötzlich fragte sie: „Habt ihr wieder geküsst?“ Ich erschrak – woher wusste sie denn das nun schon wieder? „Mutti, du verschweigst mir etwas. Bitte erzähl es mir, unbedingt!“

      „Ich habe mit Marion und Helga gesprochen. Sie erzählten mir, dass es wieder sehr lustig und hübsch war.“

      „Na, und? Mutti – ich bin dein Sohn. Erzähle mir jetzt, was die erzählt haben!“

      „Ich gebe ja zu, ich weiß, dass dir die Janine sehr gut gefällt und du sie küssen musstest, um deine Murmel wieder einzulösen. Ich hätte gar nicht gedacht, Klausmann, dass du schon mit deinen acht Jahren so interessiert an Mädchen bist.“ Natürlich wurde ich wieder ziemlich unsicher und korrigierte. „Ich bin nicht acht, sondern vor einem Monat neun geworden. Das müsstest du als meine Mutti wissen. Du findest wohl unsere Spiele schlecht?“

      „Nein, nein – ganz im Gegenteil. Ich bin nur erstaunt, dass du kleines Kerlchen bei den jungen Damen schon so begehrt bist. War es nun sehr aufregend, als du die hübsche Janine auf den Mund geküsst hast?“ Jetzt löste sich plötzlich meine Verspannung, ich wachte auf und schwatzte mit hohem Mitteilungsbedürfnis plötzlich los. „Weißt du, Mutti, das ist ja was ganz Besonderes, wenn man ein Mädchen so berührt, weißt du? Verstehst du das überhaupt? Ich meine, warum ist das denn so anders, als wenn ich den Lothar berühre? In dieser Beziehung interessiert der mich überhaupt nicht, auch, wenn ich mit Jungs zusammen bin, will ich nur wissen, was wir zusammen spielen, wie Armbrustschießen, Räuber und Gendarm oder Katapultschießen. Ist denn das richtig? Woher kommt denn, verdammt nochmal, dieser Unterschied?“

      „Liebster Klaus, das ist auf alle Fälle mehr als richtig – es ist nämlich einfach stinknormal, dass man Interesse für das andere Geschlecht hat. Ich freue mich für dich, dass es offensichtlich in dir gekribbelt hat.“ Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und schaute mir dann ganz lange sehr, sehr lieb in meine Augen. „Komm, mein Großer, ab jetzt bist du für mich nicht mehr der ganz kleine Junge. Wir gehen Abendbrot essen“.

      Wegen der zeitlichen Einordnung des Frühstücks herrschte bei uns eigentlich immer Uneinigkeit. Als Lutt noch nicht in die Schule gehen musste, gab es eine Regelung, die meine Mutti immer zum Widerspruch reizte. Sie aß früh sehr zeitig (da sie ins Gemeindeamt, vor allem zu ihrem Lieblingsbürgermeister Jupp, musste) mit denen, die auf unserem Gut werkelten, das heißt mit Oma, Opa, Tante Friedel, Onkel Heinel, Tante Marie, Heinels Schwiegermutter und zwei Frauen, die zeitweilig bei uns arbeiteten. Hinzu kam Helga, die ja in die Schule musste. Wir Jungs hatten die Sondererlaubnis, später mit Oma zu frühstücken, die das erste Frühstück für sich persönlich wegließ, da sie für die anderen viel vorzubereiten und aufzutragen hatte. Mutti passte das überhaupt nicht und als Lothar in die Schule kam, musste auch ich zeitig mit antreten. Mitunter täuschte ich Unwohlsein vor und konnte dann, später, neben Oma sitzend, mein Butterbrötchen in die heiße Milch meines Dippls ditschen. Leider hatte sich das mit dem Unwohlsein prompt erledigt, als ich Schulanfänger wurde. Lothar feixte hinterlistig, als ich ihm das erzählte: „Weshalb sollte es dir anders gehen als uns. Du konntest ein Jahr länger gammeln als ich.“

      „Deine Meinung interessiert mich überhaupt nicht, Lutt! So eine Scheiße aber auch. Ich muss jetzt tun, was die Lehrer wollen. Verdammt nochmal!“, war meine Reaktion. Bei einem dieser nächtlichen Eilfrühstücke sprach Oma plötzlich den Opa an, der fleißig wie immer, aber ohne Knigge, den Kopf über der großen Schüssel hängend, Kürbissuppe in sich hineinschaufelte. „Alfred, in den nächsten zwei Tagen musst du nach Freiberg in die bäuerliche Handelsgenossenschaft fahren, um nun endlich das Getreide und die Düngemittel für unsere großen zwei Felder an der Leipziger Straße zu holen. Es pressiert!“ Ohne denselben zu heben, drehte er nur seinen Kopf zu seiner Martha, war sofort auf Hundert und rollte mit seinen hellblauen Augen wie wild. Allen war bekannt, dass ihm das ständige Kommandieren von Oma auf den Geist ging. Ich schaute zu Mutti hin und bekam Angst, da sie schon wieder übernervös war. „Lasst uns doch erst einmal in Ruhe frühstücken – Probleme hinterher, bitte, bitte!“, warf sie angstvoll ein. „Nein, nein, Gretel, das muss schon jetzt geklärt werden. Der Opa muss heute Nachmittag oder morgen diese Tour machen, unbedingt!“ Opa schnaufte in seine Suppe hinein und gab keuchend von sich: „Lass mich in Ruhe, Marrrrtha! Ich werde heute und morgen nicht nach Freiberg fahren!“

      „Du regst mich schon wieder auf, Alfred, indem du ständig widersprichst und außerdem, wenn ich dich so ansehe – wie du bei Tisch so dasitzt. Du bist alles andere als ein Vorbild für die Kinder. Du hast senkrecht zu sitzen und den Löffel zum Mund zu führen und nicht umgekehrt. Du sitzt da wie eine Bogenlampe und an deinem Mundwinkel sehe ich noch Primsaft von vorhin. Das ist ohne Kultur und Knigge!“ Das war Opa eindeutig zu viel. Er knallte den halbvollen Löffel auf den Tisch, stand auf und da die Schüssel über den Tischrand hinausstand (das tat er immer, um den Weg Schüssel zum Mund gering zu halten und außerdem, um nicht auf den Fußboden zu klecksen), kippte er mit seinem dicken Bauch die Schüssel nach hinten an, so dass die Hälfte seiner Suppe auf den Tisch schwappte. Er stand vollends auf und verließ fluchend und schimpfend – „Immer dieses Kommandoweib. Einfach ekelhaft! Das muss ich dieser Ziege noch abgewöhnen! Dieses Scheusal denkt, sie hat hier alles zu melden!“ – den Raum. Sein Fluchen wurde leiser, sicher war er auf den Hof hinausgegangen, um seine Erregung durch Primen oder Zigarre qualmen, zu bekämpfen. Lothar und ich, die wir sicherlich noch das beste Gehör hatten, hörten allerdings von weiter Ferne auch noch: „So ein Miststück höchsten Grades!“ Wir verständigten uns dazu nach dem Frühstück und hatten den Eindruck, dass die Erwachsenen dies nicht mitbekommen hatten. Jetzt ging die Aufregung aber erst richtig los.

      Am meisten regte diese fürchterliche Missstimmung meine Mutti auf. Sie sah blass aus, war wie um Jahre gealtert und zitterte. Ich ging zu ihr hin, drückte meine Wange an die ihre und fragte: „Mama, was ist denn los?“

      „Lass mich nur, Klausmann, ich habe solche Angst! Geh nur mit Lothar spielen! Ihr müsst das ganze Chaos dieser Familie nicht miterleben“, sagte sie mit dermaßen bebender und ängstlicher Stimme, dass mir richtig mulmig wurde. Jetzt mischte sich Tante Friedel ein. „Gretel, nimm das bitte nicht so tragisch! Reiß dich zusammen, nicht, dass du wieder Zipperlein wie in Dresden bekommst! Das wäre ja furchtbar.“ Plötzlich schaute Mutti empört um sich. „Oma“, rief sie laut und entrüstet, „du kannst aber auch unseren Vater nicht dermaßen angehen. Du weißt genau, dass er nicht der Vornehmste ist – er ist nun mal Fleischer von Beruf. Das hast du auch vor der Eheschließung gewusst. Immer dein Benehmen wie ein Generalfeldmarschall und dann noch dazu Wutanfälle. Das hast du dir gefälligst abzugewöhnen!“ Oma bellte mit barscher, kratziger Stimme (offensichtlich ging ihr ausnahmsweise einmal die Kritik von ihrer zart fühlenden Erstgeborenen ans Gemüt) zurück: „Der Alfred kann einem aber mit seiner Langschemlichkeit auch auf den Geist gehen. Es dauert alles zu lange, er bewegt СКАЧАТЬ