Allmächd, scho widder a Mord!. Werner Rosenzweig
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Название: Allmächd, scho widder a Mord!

Автор: Werner Rosenzweig

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783954885947

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СКАЧАТЬ schon der Entführungsfall …“

      „Haddern derwischd, den Endfiehrer?“, rief Herr Haberstroh hinter der Theke dazwischen, der eine weitere Kundin bediente.

      Frau Hammer winkte seufzend ab. „Viel schlimmer.“ Dann senkte sie die Stimme. „N-S-U“, stieß sie zwischen den Schneidezähnen hervor und wartete auf eine Reaktion.

      Das Ehepaar Haberstroh und die anderen Kundinnen sahen sich mit großen Augen verständnislos an.

      „Nazis“, schob Frau Hammer informativ nach, um gleich darauf zischend den Namen Zschäpe fallen zu lassen.

      Herrn Haberstrohs Miene hellte sich auf. „Die wu die Diergn umbrachd ham?“

      Frau Hammer schnaufte erleichtert auf. „Genau die.“

      „Schdeggn die aa in dem Fall drinna?“, hakte Frau Haberstroh nach.

      „Dees Gschwerdl!“, trug Ottilie Siebenstampfer ihren Beitrag dazu bei. „Iech sooch scho immer, verboodn gherns, die Nazi. Eigschberrd!“

      „Unterstützer!“, warf Frau Hammer der hungrigen Meute einen weiteren Brocken hin.

      Die Meute rätselte erneut.

      „Die haben vor, mit dem erbeuteten Lösegeld Waffen anzuschaffen und die Zschäpe zu befreien“, löste Frau Hammer das Rätsel auf.

      „Und dees had alles Iehr Moo rausgfunna?“, fragte Frau Haberstroh mit anerkennendem Blick.

      Frau Hammer nickte mehrere Male stolz mit dem Kopf. „Vor zehn Minuten hat er mich angerufen und mir alles erzählt. Jetzt dürfte er gerade den Innenminister informieren.“

      „Den Westerwelle?“, wollte Ottilie Siebenstampfer wissen.

      „Der Westerwelle is doch ned unser Innenminisder“, klärte sie Frau Haberstroh auf. „Dees is doch der Schäuble.“

      „Ach so, schdimmd ja“, lenkte die Kundin ein, „die zwa verwechsl iech immer. Den Noma vom Friedrich, unsern Verdeidigungsminisder kanner mer besser mergn.“

      „Wissns was, Fra Hammer, schauers her, iech schneid Iehna vo dem moochern Schdüggla Rindfleisch do anerhalb Bfund runder. Do machsn Iehrn Mo a guds Gulasch draus. Dees kosd heid nix, und soogns nern scheene Grieß vo die Haberstrohs, er soll sis schmeggn lassn. Und die Gängsder soller alle eischberrn.“

      „Und die Ausländer aa“, fügte Ottilie Siebenstampfer hinzu.

      Hinten in der Ecke des Schnellimbiss kaute Bodo Ungerer, Reporter beim Pegnitz-Boten, genussvoll auf seiner Currywurst. Er hatte jedes Wort verstanden. ‚Nazis entführen Kind‘, oder klang ‚Held des Tages: Unser Nero Hammer’ besser? Vielleicht fiel ihm ja noch eine andere Schlagzeile ein. Wie wär’s mit ‚Zschäpe bald frei?‘?

      •

      Einen Tag, nachdem der Pegnitz-Bote den Artikel „Nero Hammer lässt den Verfassungsschutz alt aussehen“ veröffentlicht hatte, wurde der Kommissar von seinen Aufgaben entbunden und ein halbes Jahr später nach Vohenstrauß in den Bayerischen Wald versetzt. Die Kindsentführer wurden nie gefasst. Raphael Gierbich wartet noch immer darauf, dass er ein zweites Mal entführt wird. Sein Vater hatte den Verlust der vier Millionen Euro schnell verschmerzt. Erstens war er gegen Kindsentführung versichert. Zweitens fiel die letzte Jahres-Bonuszahlung exorbitant hoch aus. Lizzy, die rassige Mexikanerin, war ihm allerdings kurzfristig abhanden gekommen. Sie heiratete einen Franken, der in dem kleinen Dorf Röttenbach beheimatet ist. Zwei Wochen später zog eine heißblütige Venezuelanerin namens Marie-Carmen in das freigewordene Appartement von Lizzy ein. Die tapfere, fünfundachtzigjährige Laufer Rentnerin, welche den Polizeibeamten von Nachtgiger drei regelrecht verdroschen hatte, errang in Lauf höchste Popularität, nachdem ihre Attacke stadtbekannt wurde. Sie trat den Piraten bei und kandiert bei der nächsten Kommunalwahl für das Bürgermeisteramt.

      Der Nachtgiger? Nun für den echten Nachtgiger hat sich nichts geändert. Er verschleppt immer noch unartige Kinder, welche er in der Dämmerung oder nachts in Nürnberg erwischt – zumindest in der Gedankenwelt so mancher Mutter und so mancher Lausbuben.

      Weihnachten stand vor der Tür, somit auch die eintönigen Feiertage, welche ihre Eltern mal wieder als Beisammensein mit der buckligen Verwandtschaft planten. Gottesdienst an Heilig Abend, Gansessen bei Oma Dorothea, Bleigießen an Silvester, Besuch des Forchheimer Krippenweges. Jedes Jahr der gleiche Mist. Monoton, langweilig, ätzend.

      Nelli Bieber, die 20-jährige Jurastudentin an der Uni Erlangen-Nürnberg, hatte ihr Leben mal wieder so richtig satt. Ein Hundeleben, an dem sie selbst nicht ganz schuldlos war. Das gestand sie sich selbst ein. Noch nie hatte sie ernsthaft versucht, sich aus der fürsorglichen Umklammerung ihrer Eltern zu lösen. Ein wohlbehütetes Mädchen. Exzellente Noten, aber keinen Bekanntenkreis. Bildhübsch, aber keinen Freund. Wohlhabende Eltern, aber keine Lebensfreude.

      Nelli saß in ihrem Zimmer und dachte an die einzige Freundin, die ihr etwas näher stand, Kathie Schreiber, ihre ehemalige Klassenkameradin vom Christian-Ernst-Gymnasium. Kathie war das Gegenteil von Nelli: immer aufmüpfig gegen jedermann, ein Typ, der mit dem Kopf durch die Wand geht. Sehr kritisch, wusste alles besser, häufig wechselnde Männerbekanntschaften.

      Weder Eltern noch Lehrer hatten große Freude mit ihr. Nach dem Abitur beschloss sie, sich ein Jahr Auszeit zu nehmen. Sie zog von Zuhause aus und mietete sich in einem der Hochhäuser am Rhein-Main-Donau-Kanal in Alterlangen eine Zweizimmerwohnung. Seit drei Monaten hauste sie nun dort, mit ihrem derzeitigen Freund Tom. Die Miete und die Lebenshaltungskosten teilten sich die beiden. Tom war Gitarrist in einer Rockband und verdiente mit seiner Musik, insbesondere an den Wochenenden, ordentlich Kohle. Kathie jobbte mal hier mal da. Zurzeit half sie im Zentrallager des Schuhhauses Mengin aus. Dreimal die Woche bediente sie im Irish-Pub.

      Nelli hörte, wie draußen im Flur ihr Vater, Franz Bieber, mit einer Klientin telefonierte: „ … nein, machen Sie sich keine Sorgen, Frau Wolf, wir werden Ihren Noch-Ehemann ausnehmen wie die berühmte Weihnachtsgans. Dem werden die Augen tropfen, wenn er erfährt, was er monatlich an Unterhaltszahlungen für Sie und Ihre beiden Kinder zu berappen hat.“

      Nellis Vater war Anwalt, spezialisiert auf Ehescheidungen und betrieb in dem kleinen mittelfränkischen Kaff Röttenbach eine eigene Anwaltskanzlei. Für ihn war es selbstverständlich, dass seine Tochter eines Tages die Kanzlei übernimmt.

      Nellis Mutter Theresa hingegen hatte noch viel weitreichendere Pläne. Sie wollte ihre Tochter gerne mit dem jungen Justus von Weihersbach verkuppeln, dem 26-jährigen Sohn des alten Germanicus von Weihersbach, der im Nachbarort Hemhofen die bekannte Anwaltskanzlei Weihersbach & Partner führte. Leider reagierte die Tochter bisher nicht so, wie die Mutter sich das vorstellte. Justus war ein Langweiler, wie er im Buche steht. Alleine sein äußeres Erscheinungsbild sprach Bände. Stets trug er maßgeschneiderte Anzüge aus Italien mit rasiermesserscharfen Bügelfalten. Nie ging er ohne Fliege und dem passenden Einstecktuch aus. Aber das war noch nicht alles. Wer ihm die Hand zum Gruß reichte, hatte immer das Gefühl, in einen Eimer schwitzenden Puddings zu greifen. Justus von Weihersbach war nicht nur ein Langweiler, nein, er war zudem auch noch hässlich wie ein Grottenmolch. Sein teigig weißes Gesicht passte ebenso zu ihm, wie seine pomadige Frisur, deren Scheitel immer wie mit dem Lineal gezogen war. Mit seinen sechsundzwanzig Jahren schien er der Pubertät noch immer nicht entwachsen zu sein. Aus seinem Gesicht leuchteten dunkelrote Pickel, die meisten mit ekligen Eiterkronen. Nelli graute СКАЧАТЬ