Allmächd, scho widder a Mord!. Werner Rosenzweig
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Название: Allmächd, scho widder a Mord!

Автор: Werner Rosenzweig

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783954885947

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СКАЧАТЬ Schatten des hohen Siemens-Bürogebäudes.

      „Sieh an, wen haben wir denn da?“, drang eine chinesische Stimme flüsternd an sein rechtes Ohr.

      „Den Bastard aus dem Moutai, der uns an die deutsche Polizei verpfeifen will“, antwortete eine zweite Stimme in der Nähe seines linken Ohrs.

      „Du hast gestern einen unverzeihlichen Fehler begangen, Sohn einer dreckigen Hure. Du hast uns nämlich bis aufs Blut gedemütigt. So etwas vergessen wir nicht.“

      „Wir nicht“, bestätigte die andere Stimme.

      „So etwas bestrafen wir. Und zwar gründlich.“

      Zhou Minggang durchfuhr das blanke Entsetzen. Sein Blut geriet in Wallung und das Adrenalin schoss durch seine Adern wie der ICE durch einen Gebirgstunnel. „Ich habe es mir überlegt“, versuchte er seine Haut zu retten, „ich zahle. Es tut mir leid, was gestern passiert ist. Ich habe unüberlegt gehandelt.“

      „Zu spät mein Freund. Wir wollen dein Geld nicht mehr. Was du dir gestern erlaubt hast, macht man mit uns nicht, und wenn, dann nur ein einziges Mal im Leben. Du hast nämlich unseren guten Ruf mit den Füßen in den Dreck getreten. Darum fährst du jetzt zur Hölle, du Ausgeburt einer chinesischen Dorfschlampe.“

      „Ja, zur Hölle“, wiederholte die Stimme an seinem linken Ohr.

      „Wir wünschen dir eine gute Reise. Mach’s gut, mein Freund!“

      „Ja, mach’s gut, oder auch nicht.“

      Der Killer mit der Narbe holte zu einer blitzschnellen Bewegung aus. Ein stechender, heißer Schmerz durchfuhr Minggangs linke Brusthälfte. Dann traf ihn ein zweiter, mitten im Hals. Er spürte, wie sein Herzschlag das Blut in gleichmäßigen Fontänen pulsierend aus seiner Halsschlagader presste. Es fühlte sich warm an auf seiner Haut, und es roch zartbitter nach Eisen. Dann begannen seine Knie zu zittern, und es umfing ihn finstere Nacht.

      •

      Der Anruf kam morgens um halb drei. Kommissar Wiesenstetter lag im Tiefschlaf und träumte von rostigen Nägeln, undichten Fahrradschläuchen, gekotzten Weißwürsten, roten China-Böllern und davon, dass Jens Hagenkötter seine Iris Siebenstiel in einem Heuschober pimperte, während sie mit ihm telefonierte.

      „Scheff, iech drau mers gor ned soogn. Do hoggd a doder Kienees auf seim Fohrrood am Rodn Bladz, vorm Siemens-Hochhaus.“ … „Na, iech bin in kann Heuschober, und LSD habbi aa ned gnumma.“ … „Na, der Kienees aa ned. Der is derschochn worn.“ … „Na, der Hagnködder is aa ned in der Näh.“

      Die Szene wirkte grotesk. Die Hochleistungsstrahler der Erlanger Kripo leuchteten jedes Detail gestochen scharf aus. Zhou Minggang saß auf seinem Fahrrad. Seine Arme waren mit Stricken an den schmächtigen Ahornhochstämmen festgebunden, die vor dem Bürogebäude gepflanzt waren. Das weiße Hemd war über und über mit seinem Blut besudelt, welches sich unter dem Fahrrad in einer dunklen Lache gesammelt hatte. Der Unterkiefer stand weit offen, als wollte Zhou Minggang erzählen, wer ihn so zugerichtet hatte. Aber selbst wenn er in der Lage gewesen wäre, noch etwas zu sagen, er hätte sowieso kein Wort hervorgebracht. Er hatte keine Zunge mehr. Die steckte tief in seiner Kehle.

      •

      Ignatz Wiesenstetter war fix und fertig, als er abends daheim ankam. Sein Sohn Benjamin kam ihm im Schlafanzug entgegen.

      „Babbi, Mao Dzedong had auf deine Hausschuh gschissn. Tanja had gsachd: ‚Dees soll der Alde selber wegwischn, sen ja seine Hausschuh. Hädders ned daher gschdelld, hädd der Daggl ned draufghaggd‘.“

      „Wo is Tanja, Benni?“

      „Weg! Waß ned, wohie.”

      Dann bereitete der Kommissar seinem Sohn die erste warme Mahlzeit an diesem Tag. Spaghetti Bolognese. Als er Benni ins Bett gebracht hatte, setzte er sich in die Küche, schenkte sich ein Kitzmann Edelpils ein und atmete erst einmal tief durch. Er nahm einen kräftigen Schluck und holte sich ein Blatt Papier aus der Küchenschublade. Verdammt, wo war sein wertvoller Montblanc-Kugelschreiber? Der lag immer hier, gleich neben dem Papierstoß. Tanja!? Hatte sie sich den Kugelschreiber schon wieder ausgeliehen und nicht zurückgebracht? Missmutig dackelte er in Tanjas Zimmer hoch. Dort sah es aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte. Widerwillig ignorierte er die Unordnung und machte sich auf die Suche nach seinem Montblanc. Er konnte ihn nirgends entdecken. Mit schlechtem Gewissen öffnete er eine Schreibtischschublade. Er wollte nicht in Tanjas Sachen herumstöbern. Dann stutzte er. Dieses kleine Fläschchen hatte er vor Kurzem schon einmal gesehen. Dann fiel es ihm wieder ein. Es war im Sideboard der toten Kathie Schreiber. Es war das Fläschchen, in dem sich das LSD befand. Seine Tochter hatte ebenfalls LSD zuhause. Kein Zweifel. Die beiden Glasbehälter sahen haargenau identisch aus. Das gab Zoff. Dieses Mal gab es keine Ausreden mehr. Dieses Mal wollte er eindeutige Antworten.

      Es war halb zwei Uhr morgens, als Tanja den Schlüssel vorsichtig und leise in das Türschloss steckte. Ihr Vater brauchte nicht zu wissen, wann sie nach Hause kam. Geräuschlos öffnete sie die Haustür und trat in Socken in den dunklen Flur. Gerade wollte sie den Fuß auf die erste Stufe der Treppe nach oben stellen, als der Deckenstrahler hell aufleuchtete. Ihr Vater stand mit ernster Miene im Türrahmen zum Wohnzimmer. „Baba, edz hasd mi abber gscheid erschreggd. Bisd narrisch, um dera Zeid!“

      Ignatz Wiesenstetter sprach kein Wort, packte sein Töchterchen unsanft am Oberarm und schleifte sie ins Wohnzimmer.

      „Ka Word mehr“, drohte er mit finsterem Gesicht, „sonsd verlier iech mei Beherrschung.“ Er hielt ihr die kleine Flasche direkt unter die Nase. „Ieberleech dier gud, was du edz sagsd! Wuher kummd dees Fläschla? Vo wem hasd du dees grichd, und was is do drin?“

      „He Alder, hasd du in meine Sachn rumgschdöberd? Dees haldi ja im Kubf ned aus! Seid wann gehdn diech o, was iech …“ Weiter kam sie nicht. Ihr Vater hieb mit der flachen Hand knallend auf den Couchtisch.

      „Schnauze, Dochder!“, befahl er ihr. „Edz red iech! In dera Flaschn is LSD. Genau deesselbe Zeich is daffier verandwordlich, dass in der Silvesdernachd drei Menschn gschdorbn sen.” Tanja hatte ihren Vater noch nie so aufgebracht erlebt und so entschlossen. Sie schaltete einen Gang zurück.

      „Baba, dees Fläschla gherd mier gor ned. Dees gherd der Marlies. Die had miech bloß gfraachd, ob iech dees fier sie aufhebn däd. Ihr Mudder schdöberd doch immer in iehre Sachn rum. Dees schdimmd. Iech schwörs. Dees is die Woahrheid. Die Marlies had dees Fläschla vo su an kieneesischn Dyb im E-Werg kaffd. Der had zu iehr gsachd, dass dees des besde LSD is, des jemals aufn Margd kumma is.“

      „Lüch mi ned o!“

      „Iech lüch ned. Desmol ned. Iech hab sugoar die Marlies mid meim Händy fodografierd, wies dees LSD vo dem Kieneesn kaffd had.“

      „Du hasd die Marlies dabei fodografierd? Is do auf der Aufnahm der Kienees aa zu erkenna?“

      „Iech glaab scho!“

      •

      Iris Siebenstiel besuchte das Moutai mehrere Male am Tag und befragte die anwesenden Gäste, ob sie dem Lokal zufälligerweise auch am Silvesterabend einen Besuch abgestattet hatten. Am fünften Januar landete sie endlich einen Treffer. „Iech selber woar an dem Dooch zwoar ned do, abber mei Sohn. Mei Richard, mid seiner Fraa missns wissen“, berichtete die 80-jährige Juliane Körber. „Mei Richard had mer derzähld, dass mer do so gud essn kann. Drumm sen mier heid aa do. Gell Gredl? Woarsd dabei, wieers derzähld СКАЧАТЬ