Leben - Wie geht das?. Matthias Beck
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Название: Leben - Wie geht das?

Автор: Matthias Beck

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783990402306

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СКАЧАТЬ von Beginn an als eine Einheit und „sendet an die Mutter Signale, die den embryo-maternalen Dialog einleiten und zur Steuerung (Synchronisation) und Feinabstimmung des embryonalen und mütterlichen Systems beitragen“.16 Hier findet auf einer ganz physiologischen Ebene ein erster „Dialog“ und eine erste „Kommunikation“ im Sinne einer Wechselwirkung zwischen Embryo und Mutter statt. Ohne eine solche Kommunikation wäre ein Überleben des Embryos nicht möglich.

      Daher ist die Rede vom Lebensbeginn, der erst mit der Implantation in die Gebärmutter anzusetzen ist, biologisch nicht schlüssig, da der embryo-maternale „Dialog“ vor der Implantation als Bedingung der Möglichkeit für die Einnistung des Embryos beginnen muss. Der menschliche Embryo durchläuft dann eine typisch menschliche Entwicklung. Neben der Selbstbewegung und Gestaltwerdung des Embryos findet eine Ortsbewegung statt. Er wandert vom Eileiter zur Gebärmutter. Selbstbewegung im Sinne des inneren Wachstums und Ortsbewegung gehören zusammen. Die Zygote wächst heran und die Zellverbindungen verdichten sich. Der sich entwickelnde Embryo darf nach außen hin nicht an Größe zunehmen, sonst bleibt er bei der Wanderung zur Gebärmutter im Eileiter stecken. So gehören Wachstum, Verdichtung und Kompaktierung zusammen.

      Nach der Entstehung der Zygote beginnt einige Stunden später die erste Zellteilung. Bald danach folgen die nächsten. Diese Zellteilungen gehen „von selbst“ und aus sich selbst heraus, nahezu selbstverständlich. Die Teilungen gehen immer weiter, nichts kann sie stoppen, nur der Tod. Mancher Biologe fragt sich, woher die Zellen „wissen“, dass sie sich teilen müssen und wie sie sich teilen müssen, damit Leber-, Gehirn- oder Muskelzellen entstehen. Mancher Biologe fragt sogar, wie eine Zelle „denkt“ und wie sie mit anderen Zellen kommuniziert. Denken und Kommunizieren sind eigentlich geisteswissenschaftliche Begriffe. Zellen denken nicht, aber sie kommunizieren miteinander und tauschen sich über Hormone, Zellmembranen und haptische Kontakte aus. „Solange diese vier Funktionen (Vermehrung, Stoffwechsel, Abgrenzung, Kommunikation) aufrecht sind, lebt die Zelle.“17 Aufgrund dieser Kommunikation ist die Frage nach dem Denken der Zellen nicht falsch gestellt, denn offensichtlich wohnt dem biologischen Leben, zumal dem menschlichen, ein gewisser „Geist“, ein logos, eine Urlogik und Urvernunft inne.

      Dass die Zellteilungen reibungslos vonstatten gehen, ist gar nicht selbstverständlich. Denn bei jeder Zellteilung muss das genetische Material im Zellkern sowie das gesamte Zytoplasma, das um den Zellkern herum gruppiert ist, verdoppelt werden. Dann muss die Zellteilung akkurat und vollständig vonstatten gehen, so dass wirklich zwei neue Zellen entstehen. Diese Zellteilungen finden nicht nur in der Embryonalentwicklung statt, sondern ständig auch im ausgewachsenen Organismus. In jeder Sekunde werden Milliarden Zellen neu produziert, sie werden aufgebaut, abgebaut, umgebaut. Bei all diesen Verdoppelungs-, Abschreibe- und Teilungsprozessen können Fehler passieren. Diese Fehler werden im Organismus aber repariert oder aber die Zellen werden ausgesondert, wenn die Reparatur nicht gelingt (Apoptose). Der Organismus hat eine Vielzahl von „checkpoints“, an denen jede Zelle, bevor sie in den Kreislauf gelangt, auf ihre Funktionstüchtigkeit hin untersucht wird.

      Bei der milliardenfachen Anzahl diese Zellteilungen und Vermehrungsschritte ist es nicht verwunderlich (eher sogar wahrscheinlich), dass einmal einer dieser Schritte nicht funktioniert und der Fehler nicht repariert wird. Es können genetische Veränderungen eintreten, Mutationen auf den Chromosomen stattfinden oder Chromosomen falsch verteilt werden. Wenn zum Beispiel ein Chromosom in der Zelle zuviel ist, entstehen Schäden beim Embryo. Die bekannteste Krankheit ist die Trisomie 21, bei der das Chromosom 21 dreimal vorhanden ist (Down Syndrom).

      Hat der Embryo einen genetischen Schaden, kann dieser zu einer Krankheit führen, muss aber nicht. Das hängt mit dem physiologischen Mechanismus zusammen, dass Gene aktiviert und inaktiviert werden müssen. Nur aktivierte kranke Gene führen zu einer Krankheit. Wird ein geschädigtes Gen nicht aktiviert, entsteht auch keine Krankheit. Bei der Vielzahl der milliardenfachen Zellteilungsprozesse sind Abschreibefehler statistisch gesehen viel wahrscheinlicher als das Gelingen dieser Prozesse. All diese Mechanismen laufen „von selbst“ und nahezu selbstverständlich ab, aber selbstverständlich sind sie gerade wegen der hohen Fehlerwahrscheinlichkeit nicht. Es sterben auch immer wieder Embryonen ab.

      Ab dem Achtzellstadium beginnen sich die Zellen in die etwa zweihundertzwanzig verschiedenen Zelltypen zu differenzieren. Diese Differenzierung geschieht ebenfalls dadurch, dass einzelne Gene ab- und andere angeschaltet werden. Jede Zelle enthält dieselben etwa dreißigtausend Gene (Ausnahme Same und Eizelle und einige andere Zelltypen). Durch das Abschalten einzelner Gene entstehen die verschiedenen Zelltypen. Man nennt diesen Prozess Methylierung (da Methylgruppen an die Gene angeheftet werden) oder auch Imprinting, da jeder Zelltyp seinen individuellen Fingerabdruck bekommt. Es ist etwa so wie bei einer Flöte, bei der unterschiedliche Töne herauskommen, je nachdem welche Löcher offen oder geschlossen sind. Da die Zellen alle dieselbe Grundinformation haben und lediglich in den unterschiedlichen Zelltypen je anders geschaltet sind, können womöglich geschädigte Zellen durch andere Zellen von einem ursprünglich anderen Zelltypus ersetzt werden. Sie können womöglich umprogrammiert werden.

      Ein Zelltyp ist bei dieser Zelldifferenzierung ganz eigenartig: er fängt irgendwann einmal an zu zucken. Diese Kontraktionen vollzieht er dann siebzig Mal in der Minute und dies oft siebzig oder achtzig Jahre lang. Es sind dies die Herzzellen. Diese Zellen kontrahieren sich von selbst, das Herz schlägt von selbst, niemand weiß genau warum, selbst wenn man die physiologischen Mechanismen kennt. Wenn es nicht mehr schlägt, kann die Medizin es nach einem Herzstillstand manchmal wieder zum Schlagen bringen. Man nennt diesen Vorgang eine re-anima-tion, was wörtlich bedeutet: die Seele zurückgeben. Dem Organismus wird im übertragenen Sinn die Seele im Sinne der Lebenskraft zurückgegeben, indem das Herz wieder anfängt zu schlagen. Dann aber muss es wieder von selbst schlagen, machen kann der Mensch den Herzschlag nicht. Auch dies ist ein „Von selbst“, etwas vermeintlich Selbstverständliches. Aber selbstverständlich ist es nicht. Bei der millionenfachen Schlagzahl des Herzens ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zwischendurch einmal aufhört zu schlagen, sehr viel größer.

      Um den dritten Monat herum sind die Organe und das Gehirn angelegt. Jetzt finden kaum noch Zelldifferenzierungen statt, sondern der Embryo, der ab jetzt Fetus genannt wird, wächst nur noch heran. Das erste Sinnesorgan, das sich entwickelt, ist das Ohr. Der Embryo beginnt zu hören und nimmt den Rhythmus des Herzschlages der Mutter wahr. Die Wahrnehmung des jungen Menschen beginnt also mit der Wahrnehmung eines Rhythmus’. Spätestens jetzt (wahrscheinlich schon früher) beginnt auch der emotionale Dialog mit der Mutter. Der Fetus wird in ihren Rhythmus mit hineingenommen, die pränatale Psychologie weiß einiges davon. Hier werden erste Weichen für die weitere Biographie des Menschen gestellt.

      Dass die Zelldifferenzierungen durch die erwähnten Abschaltmechanismen geschehen, bedeutet, dass die Information für den Organismus nicht allein in den Genen liegt, sondern verteilt ist auf die genetische Grundinformation und die epigenetische Schaltinformation aus der Umgebung (Epigenetik). Diese die Gene an- und abschaltenden Faktoren sind zum Teil bekannt, zum Teil noch unbekannt. Sie liegen auf den Chromosomen in den Bereichen zwischen den Genen (diese Abschnitte hat man bisher für billiges Zeug gehalten, cheap junk), sie liegen im Zytoplasma der Zellen, sie bestehen in der Interaktion zwischen den Genen selbst und den Genen mit den Proteinen. Im erwachsenen Organismus reichen diese Interaktionen bis zum Nervensystem und zum menschlichen Gehirn.„Auch das Gehirn … nimmt direkten Einfluß darauf, welche Gene einer Zelle aktiviert und welche Funktionen von der Zelle infolgedessen ausgeführt werden.“18 Die Information liegt aber nicht nur in den Genen (DNS, Desoxyribonucleinsäure) und ihrer Umgebung, sondern vor allem auch in der Ribonucleinsäure (RNS).„Information und Stoffwechsel. Die zwei wichtigsten Eigenschaften des Lebens. Beide in einem Molekül“19, nämlich der RNS.

      Es findet also eine ständige Wechselwirkung statt zwischen den Genen, zwischen Genen und Proteinen, zwischen Genen und ihrer Umgebung, zwischen DNS und RNS, zwischen den Zellen sowie der Umgebung der Zellen, zwischen dem ganzen Organismus und den Zellen, den Genen und Proteinen sowie der Umgebung des Organismus. Auch die soziale Umwelt, die Ernährung und die Innenwelt des Menschen mit seinem Denken СКАЧАТЬ