Название: El Raval
Автор: José R. Brunó
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783960082033
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»Kannst du schon was zum Todeszeitpunkt sagen, Doc?«
»Keine zwei Stunden, Pep, und das hier ist die Todesursache, mein Freund.
Doktor Montes fasste dem Opfer in die Haare und hob den Kopf an. Blut trat aus dem etwa dreißig Zentimeter langen Schnitt am Hals. Die Augen waren weit geöffnet. Pep war dermaßen erschrocken, dass er kurz davor war, laut loszuschreien.
»Siehst du, das ist der Beweis. Wenn das Blut noch nicht geronnen ist, kann sie eigentlich noch nicht lange tot sein. Du kannst sie ruhig anfassen, Pep, sie ist noch warm.«
»Ne, lass man, Doc, kannst du ihr nicht wenigstens die Augen schließen?«
»Gemach, mein junger Freund, alles zu seiner Zeit«, sagte Doktor Montes grinsend und zündete sich eine Zigarette an.
»Das ist ja ein Overkill«, mischte Laura sich ein.
»Was meinst du mit Overkill, Laura?«
»Das soll heißen, wenn ein Täter auf sein Opfer einsticht, obwohl es schon tot ist. Dann spricht man von einem Overkill. Daran kannst du erkennen, mit welchem Hass der Täter sein Opfer umgebracht hat.«
Laura deutete auf die zahlreichen Einstiche auf der rechten oberen Brustseite der Leiche.
»Hier kannst du sehen, dass kein Blut mehr Ausgetreten ist. Also war sie schon tot, als er sie noch mit dem Messer bearbeitet hat.«
»Hat sie sich gewehrt?«
»Kann ich noch nicht sagen, Pep, ich muss erst ihre Hände untersuchen.«
»Was meinst du, Laura, war es ein Raubmord?«
»Das glaube ich eher nicht. Wer mit solchem Hass sein Opfer tötet, hat es nicht auf Geld abgesehen.«
»Was ist mit der Tasche, die auf dem Boden lag? Hatte sie irgendwelche Papiere bei sich?«
»Die Tasche kannst du gleich mitnehmen, darin ist ein englischer Pass. Er wurde in Gibraltar auf den Namen Hellen Baker ausgestellt, sie ist neunundzwanzig Jahre alt.«
»Um Gottes Willen, da gibt es ja gleich was zu tun.«
»Ihr habt ab jetzt achtundvierzig Stunden, um Angehörige ausfindig zu machen. Dann wird sie verbrannt. Wir sind hier noch nicht so weit, dass wir sie bei solch einer Hitze länger in der Gerichtsmedizin behalten können.«
»Wir fahren gleich ins Präsidium und machen uns an die Arbeit«, sagte Pep und blickte suchend nach seinem Kollegen Xavi.
Inzwischen war der Leichenwagen eingetroffen und die Menschenmenge hatte sich verflüchtigt.
Der Kollege Javier Fernandez hatte sich geschickt aus der Affäre gezogen, indem er mit Hilfe der Guardia Civil die Neugierigen ferngehalten hatte.
»Ganz schon schlau, mein Freund«, sagte Pep lächelnd, »mich lässt du mit dem Desaster allein. Immerhin bist du dafür verantwortlich, dass ich bei der Polizei gelandet bin und nun lässt du mich die Suppe auslöffeln.«
Xavi lachte lauthals. »Trotzdem, wir sollten jetzt mal dort drüben in die Kneipe gehen und Kaffee trinken.«
Pep nickt zustimmend und so schlenderten sie in eine Cafeteria, die schmuddeliger nicht hätte sein können.
Es waren einige Wochen vergangen und Hellen Baker war schon fast in Vergessenheit geraten. Was niemand zu glauben gewagt hatte, wurde Realität.
MORD IN SERIE
Es war Donnerstag, der achtundzwanzigste August, als das Telefon schon früh bei Pep schellte. Er hatte mal wieder einige Zeit gebraucht, um zu begreifen, was diesen Lärm verursachte. Selbst Mutter Maria war zwischenzeitlich von dem minutenlangen Schellen des Telefons erwacht, obwohl es im Zimmer ihres Sohnes auf einem kleinen Nachtschränkchen stand. Seine Dienststelle war am Apparat.
»In der Carrer de la Riera Nummer zwölf ist eine weibliche Leiche gefunden worden«, sagte sein Kollege aus der Polizeizentrale. Deine Mitarbeiter sind auch schon informiert.«
Mit einem »de acuerdo« bestätigte Pep den Anruf und zog sich aufgeregt an.
Eigentlich sah er keine Notwendigkeit, sich zu beeilen. Er hatte diesen Moment nicht unbedingt herbeigesehnt. Pep spürte die Nervosität, die ihn überkam. Es war die zweite Leiche in seiner noch so kurzen Karriere und das innerhalb weniger Tage.
Die Carrer La Riera war nur einen Steinwurf von der Gasse entfernt, in der Pep zu Hause war.
Als er dort ankam, war bereits die gesamte Straße abgesperrt. Das Haus mit der Nummer 12 wurde wie immer von einer Menge schaulustiger Leute belagert.
Pep musste sich durch einen Wust von Polizisten und Gaffern kämpfen, um an den Fundort der Leiche zugelangen. Beim Betreten des Hauses kam ihm ein furchtbarer Gestank von Moder und Urin entgegen.
Im hinteren Bereich des schmalen Hausflurs, der zur Kellertreppe führte, hatte der Täter sein Opfer abgelegt. Auf der rechten Seite führte eine steile schmale Stiege in die darüberliegenden Stockwerke. Hier hatten die Kollegen von der Spurensicherung eine Lampe aufgestellt, um in dem dunklen Flur etwas sehen zu können.
Erstaunlicherweise waren bereits alle seine Kollegen vor Ort, die ihn mit einem fröhlichen »buenos dias« begrüßten. Laura Velasquez, die sich über die Leiche beugte, konnte es sich nicht verkneifen, ihn mit einem »buenos dias, Pep, auch schon da?«, zu begrüßen. Langsam wurde es ihm peinlich, dass er immer der Letzte war, der am Ort des Geschehens eintraf.
Pep überhörte Lauras Bemerkung und wandte sich ab.
Doktor Montes war bereits so gut wie fertig mit seiner Arbeit.
»Kannst du mir schon etwas sagen?«, fragte Pep den Gerichtsmediziner.
Doktor Montes lächelte und entgegnete: »Außer, dass sie tot ist und dass sie dort, wo sie jetzt liegt, nicht getötet wurde, kann ich dir im Moment nichts sagen. Schau dir mal da vorn die Blutspuren an der Wand an, da hat der Täter sie umgebracht.« Er wies mit der rechten Hand in den vorderen Bereich des Hausflurs.
»Und wieder der gleiche Täter?«
»Sieht so aus, Pep. Wie du unschwer erkennen kannst, hat er ihr die Kehle durchgeschnitten und sie mehrmals in die Brust gestochen.«
»Also haben wir es hier mit einem Serientäter zu tun, der seinen Opfern erst die Kehle durchschneidet und dann noch unnötigerweise mit dem Messer auf sie einsticht.«
»Genauso ist es, Pep, aber das macht die Sache nicht besser«, sagte Montes mürrisch und wandte sich an seine Kollegin.
»Laura, lass sie in die Gerichtsmedizin bringen, wenn du hier fertig bist.« Montes steckte sich eine Zigarette an und entfernte sich wortlos vom Tatort.
Der Kollege Xavi war damit beschäftigt, sich die Namen einiger Leute zu notieren, die vor dem Haus neugierig wissen wollten, was dort im Inneren des Gebäudes passiert war.
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