100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 2. Erhard Heckmann
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СКАЧАТЬ in die Rocky Mountains. Anfangs kannten diese Schiffe keinerlei Luxus, und die Passagiere mussten Feuerholz für die großen Boiler hacken oder auch ins kalte Wasser springen, um ihren Dampfer von einer Sandbank zu schieben. Das erste dieser Pionierbote war die 75.000 $ teure „SS Enterprice“, deren Maschinen und Kessel mit einem Maultiergespann über die Harrison-Lillooet-Route angeliefert wurden. Am 9.5.1863 trat sie zu ihrer Jungfernfahrt nach Quesnel an, und 1871 navigierte das dampfgetriebene Schiff sogar durch die gefährlichen Canyons bei Fort George, das später als Prince George auf die Landkarten kam. Dieses Schiff, als auch einige ihrer Nachfolger waren aber auf dem Fluss nicht allein, denn auch die B.C. Express Company, lange nur für ihren Postkutschenservice auf der Cariboo Wagon Road berühmt, gehörte zu denen, die sich in das hochprofitable Riverbotgeschäft einreihten. 1910 bauten sie zu Soda Creek innerhalb von drei Monaten die „B.X.“, den nobelsten Steamwheeler, der je seinen Dienst dort aufnahm. Siebzig der einhundertdreißig Kabinen waren dampfbeheizt, mit feinster Tisch- und Bettwäsche ausgestattet, und ihr englisches Porzellan trug die Buchstaben B.X. als Markenzeichen. 1912 stellte man ihr mit der „B.X. Express“ ein Schwesternschiff zur Seite, das zwischen Fort George und Tete Jaune Cache verkehrte. Ein Geschäftsleben war diesem Schiffsservice aber nur noch bis 1915 beschieden, nachdem ein Jahr zuvor die Eisenbahn in Fort George Einzug gehalten hatte und es auch abzusehen war, dass die Automobile bald folgen würden. Der allerletzte dieser stolzen Dampfer war die „Quesnel“, die 1921 im Fort George Canyon Schiffbruch erlitt. Mit ihr waren auch die Schiffssirenen auf dem oberen Fraser für immer verstummt. Für mehr als ein halbes Jahrhundert spielte sich das Leben im neu erschlossenen Land nahe der Cariboo Wagen Road ab, und die Siedler, die sich entlang des Weges niederließen, nutzten die entsprechende Meilenzahl auch als Adresse an. Letztendlich gab es auch aller zwölf bis fünfzehn Meilen ein Roadhouse, wo sich Mensch und Tier nach einer anstrengenden Tagesreise erholen konnten. Über die Jahre wurden einige immer wichtiger und entwickelten sich zu Ortschaften, andere verkamen oder gingen in Flammen auf, weil sich viele Ofenrohre durch die Räume drängten. Nur drei der ursprünglichen Originale überlebten, die der Meilen 132, 137 und 153. Ersteres erbaute ein Holländer 1889 in einem kleinen Tal des San Jose Flusses als Ranch. Das Haus, das nie Übernachtungen bot, sondern nur als Stopp- und Pferdewechselplatz im Fahrplan stand, war damals ein auffälliger Bau, weil es nicht aus den üblichen Rundhölzern bestand, sondern in einem Rahmen mit Doppelwänden erstellt wurde, zwischen denen Sägespäne für die Isolierung sorgten. Das Haus ging durch mehrere Hände, und wurde komplett renoviert, doch die funktionierende Wasserleitung soll noch das Original sein. Am einstigen „137“, dem ältestem Loghouse, das im Zentral-Cariboo erhalten blieb, zieht der moderne Cariboo Highway direkt an der Haustür vorbei. Sein Baujahr ist unbekannt, doch fand man bei Renovierungsarbeiten Zeitungen aus den 1860er Jahren. Die BX-Kutschen haben hier auch nie gehalten, doch standen Pferde und Ochsen für den Einsatz beim Straßentransport in den Ställen, und es galt für jedermann als eine beliebte Wegestation. 1973 kaufte es ein Farmer aus Colorado und modernisierte es.

      Am „153“ wurde regelmäßig angehalten, und seine Geschichte ist die des Italieners Louis Crosina. Sie begann, als er 1882 seine Heimat verließ und setzte sich mit verschiedenen Jobs und seiner Heirat 1897 fort. 1903 begann er bei der Meile 153 Wald zu roden und machte das Land urbar. Ein „Road House“ hatte diese Familie zwar nie im Sinn, doch die Indianer, die bei der Arbeit halfen, wollten Lebensmittel statt Geld. Mit dem Kauf einer Waage hatte Clara Crosina aber automatisch auch die Grundlage für einen „Store“ in ihrer ersten kleinen Hütte gelegt. Das 1906 fertig gestellte große Holzbohlenhaus (Log House) erlangte schnell den Ruf einer Einkehr mit sehr guten Speisen, die für jeweils fünfzig Cent mit dem gleichen Preis angeboten wurden wie „ein Bett“ oder Stall und Futter für das Pferd. 1914 wurde das Anwesen mit weiteren Gebäuden, einer Schmiede und einem Laden erweitert. Ein gelegentliches Geschäft besorgte den Crosinas auch der Regen, denn wenn die Straße zwischen „153“ und dem „Mountain House“ am Berg tief wurde, mussten 18 Pferde pro Wagen angespannt werden, und auch dafür hatte der Italiener einige im Stall. Mit den ersten Autos wurden die Tagesabschnitte größer und weniger Rasthäuser benötigt, doch im „153“ machten die Eigentümer bis 1939 weiter, und deren Tochter Lill, die nie heiratete, noch bis 1958. Danach verkaufte sie die Ranch, behielt aber den Laden, in dem sie 1963 hinter der Kasse starb. Eingerichtet wie zu Lills Zeiten ist er heute ein kleines Privatmuseum, und der Schritt über die Türschwelle auch einer in eine längst vergangene Zeit.

      Postkutschen und schwere Frachtwagen im Sommer, Schlitten im Winter waren die Eckpfeiler um Post, Expressfracht und Passagiere ins Cariboo zu transportieren, deren südlichster Terminus ab 1863 Yale gewesen ist, bis diese Rolle 23 Jahre später an Ashcroft ging, das 100 Kilometer nördlich am großen Bogen des North Thompson Rivers zum Tor für die Fuhrwerker wurde, weil es die neue Eisenbahnlinie so bestimmte. Die BX genannte B.C. Express Company, die die „Cariboo Wagon Road“ mit ihren „Stagecoaches“, den Postkutschen, nach festem Fahrplan befuhr, gründete Francis James Barnard, der in den 1860ern selbst zu Fuß unterwegs war, um über viele Hundert Meilen Briefe zu den Goldfeldern auszutragen. 1862 reichte sein Geld aus, um einige Pferde und den seit 1850 operierenden „Jeffray & Company’s Fraser River Express“ zu kaufen und seinen „Pony-Express“ zu starten. Diesen verschmolz er mit dem „British Columbia & Victoria Express“ als auch „Deitz & Nelson“, womit die neue Firma den gesamten Weg zwischen Victoria, Yale und Lillooet abdeckte. Im Juli 1862 erhielten Barnard und seine Partner auch den Vertrag, das gesamte Northern Cariboo zu bedienen. Frachtwagen zwischen Lillooet und Alexandria starteten das Geschäft, danach folgten Postkutschen zwischen Yale und der Flussanlegestelle in Soda Creek. Als die Wagon Road 1865 auch Quesnel mit Barkerville verband, wurde der Service auch für diese Destinationen erweitert, womit Barnard & Co ihren regulären Postkutschendienst komplett etabliert hatten.

      Die erste Kutsche erreichte Soda Creek im Frühjahr 1864. Ein Jahr später importierte Barnard mehrere große Kutschen, und von da an waren die rotgelben BX-Gespanne für Jahrzehnte eine bekannte Erscheinung auf der neuen Straße, um Reisende, Post, Gold, Wichtiges und Eiliges zu transportieren. Beim Edelmetall waren es Tonnen. Obwohl einzelne Frachten nicht selten 600.000 $ erreichten, fuhr man nur anfangs unter bewaffnetem Schutz. Als dieser wegfiel, wurden die Kutschen auch kaum überfallen, denn für die Räuber war es ebenfalls nicht einfach, in dieser unwegsamen Wildnis zu entkommen. Ein einzelner, der das recht clever versuchte und 1890 beim größten Überfall Gold für 15.000 $ erbeutete, war dennoch nicht lange glücklich damit. Der bewaffnete Bandit hatte in der Dunkelheit am Fuße des Bridge Creek Hills, in der Nähe des 100 Mile Houses, gewartet, denn dort gaben die Kutscher in der Regel ihren Pferden vor dem steilen Berg eine Verschnaufpause. Als der Tresor abgeladen war, durfte die Kutsche weiterfahren, inklusive des vollen Geldsackes, den der Räuber übersehen hatte. Zu seiner Ergreifung trug er selbst bei, als er zu Ashcroft prahlte, im Scotty Creek, wo er zur Tarnung auch gegraben hatte, sehr viel Gold gefunden zu haben. Weil aber keiner, die zur genannten Stelle aufbrachen, kein einziges Körnchen fand, wurde sein Gold geprüft und der Raub festgestellt. Der clevere Gangster hatte wohl übersehen, dass auch Gold, wie alle Bodenschätze, seine ortsbezogenen Merkmale hat. Der Mann gab die Tat zu und erhielt „sieben Jahre“. Nach dem zweiten gelang ihm die Flucht, gesehen wurde er nie wieder. Einen „Kollegen“ traf es jedoch härter: Für fünfundvierzig Dollar Goldstaub saß er zehn volle Jahre ab.

      Für dreißig Jahre hatte Ashcroft das Tor zum Cariboo / Chilcotin von Yale übernommen, und die BX Postkutschen waren für ein halbes Jahrhundert die Aristokraten dieser Pionierstraße. Gezogen wurden sie von tapferen, äußerst harten Pferden und gelenkt von Meistern ihres Faches. Hitze, Schneesturm oder Regen, der den Untergrund in knietiefen Schlamm verwandelte, spielten keine Rolle, denn die Fahrpläne waren einzuhalten. Und auch der Ablauf war stets der Gleiche: Zuerst wurde die Fracht verstaut, dann stiegen die Passagiere ein, und danach bezogen Fahrer und Schatzmeister ihre Plätze. Von den Pferden kam als erstes das Deichselgespann aus dem Stall, dann das „Swingteam“, und zum Schluss die beiden Führpferde, die erfahrensten von allen. War alles startklar, ließ der Kutscher die Bremsen los, und im Galopp ging es auf die Reise. Die besten Fahrer waren hoch angesehen Leute, und viele von ihnen saßen auch später wieder auf dem Bock, als Kutschen zwischen Whitehorse und Dawson City oder, 1904, zu den Goldfeldern in Nevada unterwegs waren.

      Haarsträubende СКАЧАТЬ