Название: Bastians Traum
Автор: Guido Arnold
Издательство: Автор
Жанр: Короткие любовные романы
isbn: 9783960081111
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»Was haben wir denn da aufgeschreckt?«, hörte er eine Stimme rufen, worauf spöttisches Gelächter folgte. Das Alter der Frau, die unten auf einem pechschwarzen Hengst saß und zu ihm aufblickte, war schwer zu bestimmen. Sie wirkte größer als Bastian, hatte sehr kurzes, dunkelbraunes Haar und dunkle Augen. Ihre dünnen Augenbrauen waren zusammengekniffen. Die leichte Furche dazwischen ließ vermuten, dass sie das öfter tat. Sie trug einen vom häufigen Jagen im Wald ziemlich zerschlissenen Jagdrock. Ihre Hände in die Hüften gestützt, saß sie breitbeinig mit schwarzen, kniehohen Lederstiefeln in ihrem Sattel und blickte argwöhnisch in den Baum hoch.
»Wer bist du, und wie kommt es, dass du dich ohne Erlaubnis hier in meinem Wald herumtreibst?«, war ihre dunkle Stimme zu vernehmen.
Bastian grübelte angestrengt, um eine Ausrede zu erfinden. Er sah sich ertappt und unvorbereitet, eine solche Situation zu meistern. Beim besten Willen fiel ihm nichts ein: Er schwieg.
»Antworte gefälligst, wenn sie dich was fragt!«, rief einer der Männer aus der Horde, die sich um den Baum versammelt hatte. Anscheinend war er der Ranghöchste. Er war ziemlich groß und wirkte kräftig.
Bastian entschied sich, seinen richtigen Namen für sich zu behalten. Stattdessen rief er den erstbesten Namen hinunter, der ihm einfiel: »Ich bin«, er zögerte leicht, »Cassio, und um ehrlich zu sein, habe ich nicht die leiseste Ahnung, wie und warum ich hier hergekommen bin.«
Er wusste nicht, warum ihm gerade dieser ungewöhnliche Name eingefallen war oder woher er ihn kannte. Irgendwie gefiel er ihm.
»Was erlaubst du dir? Du hast sie mit Eure Hoheit anzusprechen«, donnerte ungehalten die Stimme des Mannes nach oben. Und an seine Anführerin neben ihm gerichtet: »Soll ich Euch diesen Knaben von dort herunterschießen, Eure Hoheit?«
»Nein, und wenn du erlaubst, möchte ich selber sprechen!«, antwortete sie forsch.
»Sehr wohl«, erwiderte er leise, senkte ergeben seinen Blick und führte seinen Gaul einen Schritt zurück.
»Ich bitte um Verzeihung, Eure Hoheit, ich habe wirklich keine Ahnung«, meldete sich Bastian ängstlich von oben zu Wort.
»Komm sofort herunter!«, befahl sie mit durchdringend tiefer Stimme.
»Ich habe Angst vor den Hunden, Eure Hoheit!«
»Jago wird sich um die Hunde kümmern, nicht wahr Jago?«
»Sehr wohl, Eure Hoheit«, antwortete der Redeführer gehorsam und pfiff die Hunde zu sich, während er verächtlich in den Baum hinaufblickte.
Langsam kletterte Bastian herunter, bedacht, nicht allzu lächerlich zu wirken. Unten angekommen, stellte er sich vor das Pferd der Anführerin.
»Knie nieder! Weißt du etwa nicht, wen du vor dir hast?«, fragte sie laut und arrogant.
Bastian kniete sich hin und antwortete: »Bitte verzeihen Sie, ich bin fremd hier.«
»Ich bin Rhea. Ich herrsche über dieses Land und seine Bewohner. Es ist eine außerordentliche Gnade für einen wie dich, dass du noch am Leben bist. Weißt du das?«
»Ja, Eure Hoheit«, erwiderte er unsicher.
»Na bitte, es geht doch. Der Grund dafür ist, dass ich vielleicht geneigt bin, dir zu glauben. Du siehst nicht so aus, als ob du von hier wärst. Du trägst seltsame Kleider, du sprichst seltsam, und du wirkst auch in jeder anderen Hinsicht sehr verloren. Aber du scheinst lernfähig zu sein. Vielleicht bist du noch irgendwie nützlich für mich. Nehmt ihn mit! Wir kehren heim!«
Damit ritt Rhea langsam voran, gefolgt von ihrer Meute. Bastian wurde von Jago mit starkem Griff nach oben aufs Pferd gezogen.
»Nützliche Haustiere können wir immer gebrauchen«, sprach er bedrohlich, wobei er sich zu Bastian umdrehte und seine Lippen schon fast dessen rechtes Ohr berührten.
»Und jetzt halt dich fest, kleiner Prinz«, flüsterte er ihm zu. Jagos unverschämtes Grinsen verunsicherte ihn. Bastian versuchte, sich auf dem ungesattelten Pferderücken irgendwie an Jago festzuklammern.
Rhea
Der Ritt quer durch den Wald dauerte nun schon eine Ewigkeit. Cassios Arme wurden langsam lahm vom ungelenken Festkrallen an Jagos Schultern. Schweigend und in Gedanken versunken gab er sich Mühe, sich seine Unbeholfenheit nicht anmerken zu lassen. Er blickte vorsichtshalber weder nach rechts noch nach links. Er war verunsichert, weil er keine Vorstellung davon hatte, was ihn erwarten würde.
Jetzt gerade ging es ihm gar nicht so schlecht. Zumindest hatte er Gesellschaft, die ihn weniger ängstigte als ihn dieses Verlorenheitsgefühl gequält hatte, wenn er einsam war. Abwarten, wie sie ihn weiterhin behandeln würden. Vielleicht war es ja wirklich nicht das schlimmste, wenn er zu ihnen gehörte und nicht mehr allein und ziellos durch den finsteren, dichten Wald irrte. Schleichender Schmerz durchzog seinen Rücken. Wie gerne wäre er nur für einen kleinen Augenblick abgestiegen von diesem ihn unentwegt durchschüttelnden Pferderücken. Wie gerne würde er jetzt einfach nur ein paar Schritte gehen, damit seine Beine nicht einschliefen. Wie gerne würde er seine trockene Kehle mit etwas Flüssigkeit benetzen, um nicht vollends auszutrocknen.
Nach einer endlos langen Zeit – den Gedanken an eine Pause hatte er schon fast aufgegeben – hielt die Meute plötzlich. Vorsichtig blickte Bastian auf. Vor ihm baute sich eine hohe, grob verputzte graue Mauer aus Feldsteinen auf. An ihrem oberen Rand lugten hoch über ihnen mit Pfeil und Bogen bewaffnete Männer zwischen den Zinnen hervor. Der Zutritt zum Inneren des Mauerrings wurde der Jagdmeute durch ein großes, zweiflügeliges Holztor verwehrt. Die beiden grob gezimmerten Holzflügel bewegten sich und schwangen langsam knarrend nach außen auf, und die Meute ritt ein.
Hinter dem breiten Tor öffnete sich ein runder Hof, in dem reges Treiben herrschte. Cassio sah sich um. Von überall waren Rufe zu hören und irgendwo hämmerte ein Schmied auf einen nachklingenden Amboss. Die Ringmauer bestand hofseitig aus Stallungen, offenen Unterständen, in denen Werkstätten und Lagerplätze eingerichtet waren sowie Gesindequartieren. In der Mitte dieser Festung ruhte wie ein schlafendes Ungeheuer der gräulich schimmernde Palast der Rhea. Direkt vor Cassio erhob er sich majestätisch anmutend in der Mitte des Hofes mit seiner quadratischen Grundfläche und drei Stockwerken.
Mittig angeordnet im untersten Teil des Bauwerkes befand sich ein ähnliches Tor wie jenes in der Ringmauer, durch das sie herein gekommen waren. Nur war es kleiner und aus ähnlich grobem, schwerem Holz. Ansonsten durchbrachen in unregelmäßigen Abständen und von einem gewöhnlichen Menschen unerreichbare vergitterte Fenster das trutzige Mauerwerk. Die beiden oberen Stockwerke waren niedriger und kleiner als das unterste. Das oberste hatte sogar eine noch kleinere Grundfläche als das darunter liegende, so dass die beiden oberen Gebäudequader über je einen umlaufenden begehbaren Vorsprung verfügten.
Dort oben sorgten regelmäßig verteilte, bis zum Boden reichende Rundbogenfenster für ausreichend Licht und Belüftung der offensichtlich Wohnzwecken dienenden Räume. Bis auf die Fenstergitter, die üppigen Türbeschläge des augenscheinlich einzigen Hauseinganges, die Geländer der oberen Rundgänge und der Fensterleibungen wurde gänzlich auf Fassadenschmuck verzichtet. Anders als die Außenmauer war das aus großen, quaderförmigen Natursteinen bestehende Mauerwerk nicht verputzt. Den oberen Abschluss fand der Palast in einem von Zinnen umkrönten Flachdach.
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