Mord auf der Messe. Uwe Schimunek
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Название: Mord auf der Messe

Автор: Uwe Schimunek

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955520540

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СКАЧАТЬ bin noch nicht richtig wach … Ich hatte so meine Probleme einzuschlafen.»

      Katzmann schob die Brille am Bügel in Richtung Stirn und sagte: «Komm schon, denk nicht mehr an tote Ober, Zettel oder Banden. Jetzt ist Messe. Arbeiten hilft.» Katzmann drehte sich zur nächsten Nische. Hier bot ein Mann Zubehör für die moderne Näherin an: Fäden auf Spulen, Nadeln, Metalldinger, deren Namen Eggebrecht nicht kannte und deren Funktion er allenfalls erahnen konnte. Die Waren lagen in Holzkästen, es mussten Hunderte auf dem Präsentationstisch stehen, schätzte Eggebrecht.

      «Guten Tag, Hemmann-Textilzubehör, Hemmann mein Name. Sie sind Einzelhändler, hoy?» Der Mann in der Nische sang das Sächsische der Erzgebirgsvorländler, er kam sicher aus der Chemnitzer oder Zwickauer Ecke, vielleicht sogar aus dem Vogtland. Er trug eine Halbglatze und schien das fehlende Haupthaar mit seinem struppigen Schnurrbart kompensieren zu wollen. Vielleicht sollte der Bart auch verhindern, dass der Händler beim Blick nach unten ständig seinen gewaltigen Bauch sehen musste. Eggebrecht überlegte, was er täte, wäre er ähnlich fett. So ein Oberlippengestrüpp käme für ihn nicht in Frage.

      «Eggebrecht und Katzmann. Wir sind von der Presse.» Katzmann übernahm das Gespräch, er war offenbar wach genug.

      «Da wollen Sie nichts bestellen, hoy?»

      «Wie laufen die Geschäfte denn?»

      «Es sind ja erst ein paar Stunden. Ich bin erst heute ganz zeitig aus Reichenbach angereist.» Er machte eine kurze Pause und sagte: «Wenn die Damen kein Geld für Kleider haben, nähen sie selber, hoy? Und wenn’s dann wieder bessergeht, wollen sie öfters ausgehen und müssen mehr nähen, hoy?»

      Ein Kaufmann, der nicht jammerte. Eggebrecht konnte es kaum fassen.

      «Nur wenn die Geschäfte in den Städten pleitegehen, ist das schlimm, hoy? Ich kann ja nicht überall sein und meine Waren selber verkaufen, hoy?»

      Na immerhin, da bekam die Krämerseele noch die Kurve, dachte Eggebrecht.

      Katzmann lächelte freundlich. «Herr Hemmann, wenn es Ihnen nichts ausmacht, würden wir Sie in den nächsten Tagen noch mal besuchen. Dann würden wir Sie gern zu Ihren Messeerfahrungen befragen.»

      «Aber nehmen Sie doch bitte Platz.» Theodor Stötzenau wies auf zwei Sessel, die hinter einem kniehohen Tisch standen.

      Katzmann setzte sich und beobachtete Eggebrecht dabei, wie er um den Tisch herumtrottete und in den anderen Sessel fiel. Inzwischen war es fast Mittag, und der Photograph schien nicht wach werden zu wollen. Also würde er auch bei diesem Gespräch keine große Unterstützung sein. Katzmann betrachtete den Gastgeber. Theodor Stötzenau saß im Vorstand mehrerer Aktiengesellschaften, die Messehäuser in der Innenstadt verwalteten, bei der Neuen Leipziger Messehäuser AG fungierte er als Prokurist. Vielleicht konnte Katzmann das Interview für einen Artikel verwenden.

      «Einen Cognac?» Stötzenau stand an einem Sekretär, holte eine Flasche und drei Gläser heraus.

      Eggebrecht brabbelte eine Zustimmung, bevor Katzmann auch nur den Mund öffnen konnte. Er fragte sich, ob neuer Alkohol dem Photographen helfen würde. Katzmann hatte vor ein paar Wochen einen Artikel über die Heilpraktiker-Bewegung nach den Lehren des alten Leipzigers Samuel Hahnemann geschrieben. Diese Homöopathen versuchten, Menschen zu heilen, indem sie Gleiches mit Gleichem bekämpften. Allerdings verabreichten sie die Mittel in winzigsten Dosen. Stötzenau schien beim Füllen der Gläser eher nach der Maxime zu verfahren: Viel hilft viel.

      Stötzenau kam mit dem Tablett voller Schnäpse zum Tisch. Nicht schnell, aber auch nicht besonders langsam. Alles an diesem Mann war durchschnittlich: Er war mittelgroß, mit einem Bauchansatz, ohne gleich dick zu sein. Die Haare waren zu kurz, um in Strähnen auf dem Kopf zu liegen, und zu lang, um als Borsten vom Kopf abzustehen.

      «Also, was führt die Herren zu mir?», fragte Stötzenau.

      «Nun, die Messe.» Katzmann machte eine kurze Pause, wollte sehen, ob Stötzenau auch ohne Frage etwas zu erzählen hatte.

      «Dieses Jahr läuft es nicht so gut. Die Krise.» Stötzenau schaute in die Runde, runzelte die Stirn, sprach weiter. «Natürlich, wenn man es mit 1924 vergleicht … oder mit dem Krieg, den die Roten vertrödelt haben … Wir jammern auf hohem Niveau …»

      «Wir kommen gerade aus der Untergrundmessehalle. Von Flaute konnten wir nicht viel feststellen …»

      «Ein paar Prozent mehr oder weniger sieht man nicht auf den ersten Blick. In den Messehallen drängen sich immer noch Menschen. Aber auch wenn die Arbeiterpresse es nicht gern hört, unsere Gesellschaft lebt davon, dass alles größer wird. Wer nicht wächst, der schrumpft, und wer schrumpft, der stirbt. So ist das in der Wirtschaft.»

      «Vielleicht kommt daher das Unglück … weil keiner genug bekommen kann.» Eggebrecht kippte den Schnaps hinunter, als wolle er beweisen, dass es wirklich keine Grenzen gebe.

      Stötzenau wirkte für einen Augenblick verwirrt. Dann hob er den Mund zu einem Grinsen. «Nun, es ist einer der Vorteile an unserem Wirtschaftssystem, dass wir die Bürger immer besser mit den grundlegenden Waren versorgen können. Möchten Sie noch ein Glas?»

      Ein Kapitalist mit Humor, das kam Katzmann nicht so häufig unter. Wohin sollte das führen, wenn er mit einem Bourgeois in dessen Bureau saß und scherzte? Aber genau genommen galt der Scherz nicht ihm, sondern Eggebrecht, der gerade einen neuen Schnaps bekam. Bevor der Photograph vom Stuhl fiel, musste Katzmann das Gespräch in geordnete Bahnen lenken. «Noch mal zurück zur Messe. In welcher Größenordnung hat die Zahl der Gäste abgenommen?»

      «Genaue Zahlen kann ich Ihnen nicht sagen. Wir haben bei den Ausstellern weniger Buchungen aus Deutschland und etwas mehr aus dem Ausland.» Stötzenau schwenkte sein Cognacglas, so dass die braune Flüssigkeit am Rand entlangzuschweben schien.

      «So ähnlich wird das vermutlich auch bei den Gästen sein.» Katzmann schaute zu Stötzenau. Der Mann zeigte dieses Lächeln, das Leute aufsetzen, wenn sie sich überlegen fühlen. Aus dem würde er nichts Konkretes herausbekommen. Katzmann konnte das sogar verstehen, wer berichtete schon gern von Misserfolgen. Und für seine Artikel in der kommenden Messewoche hielt er sich sowieso besser an das Messefußvolk. Nichts erschien ihm langweiliger als Berichte mit Zitaten von Verlautbarern, davon gab es in den Texten über die SPD schon genug. Also Themenwechsel. Katzmann fragte: «Haben Sie schon mal was von der Blei-Bande gehört?»

      Stötzenau zuckte. Beinahe wäre ihm das Glas aus der Hand gefallen. Er guckte zu Eggebrecht, dann erneut zu Katzmann, zögerte noch einen Moment und sagte: «Ähm, nein … eigentlich nicht.»

      Eggebrecht lachte, als kitzle ihn jemand an den Füßen. Auch Katzmann musste schmunzeln.

      «So, so, eigentlich nicht … Vielleicht überlegen Sie noch einmal …» Katzmann musste an den Oberkommissar denken und wie der berichtet hatte, dass die Kleinganoven bei den Messen im vergangenen Jahr verschüchtert geschwiegen hatten. Entweder Stötzenau gehörte zu diesen, oder die Bande sorgte nicht nur dort für Schrecken …

      «Also gut …» Stötzenau hörte auf, sein Glas zu schwenken, und trank einen Schluck. «Aber ich kann nur sagen, was man so erzählt …»

      «Klar doch.» Eggebrecht lallte ein wenig, schien aber wieder hellwach zu sein.

      Stötzenau guckte genervt zum Photographen, wandte sich dann abermals Katzmann zu. «Mord, Erpressung, Schutzgeld, Betrug, Falschgeld. Alles, was Sie wollen, hört man über die СКАЧАТЬ