Mord auf der Messe. Uwe Schimunek
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Название: Mord auf der Messe

Автор: Uwe Schimunek

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955520540

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СКАЧАТЬ Leben abrupt beenden. Und ich gebe mir stets größte Mühe um das Wohlergehen aller meiner Leute.

      Auch der Mann, der vor mir sitzt, ist ein wertvolles Mitglied meiner Gruppe, das ich nur ungern verlieren würde. Er kauert auf seinem Stuhl, als wolle er sich unter der Sitzfläche verstecken.

      Der Mann erzählt, dass der Ober von zwei Journalisten entdeckt wurde. «Ich selbst habe vom Eckhaus an der Mittelstraße zur Tauchaer zugesehen, wie die beiden die Leiche gefunden haben. Vorher saßen die Männer noch im Bierrestaurant im Krystall-Palast und ließen sich vom Ober bedienen. Sicher haben sie ihn erkannt.»

      Ei, ei, das hatte ich gar nicht bedacht. Wieso konnten sich diese Wichte von der Arbeiterpresse rauschende Feste im Krystall-Palast leisten – mitten in der Krise? Jammern in ihrem Blatt über den wirtschaftlichen Niedergang und prassen im Amüsierschuppen. Na ja, was ist schon dabei, dass sie den Ober erkannt haben? Den Beruf des Opfers würde jeder schnell herausbekommen. Nun wissen die beiden es gleich. Wo liegt der Unterschied?

      «Ich wollte eigentlich nach Hause gehen. Aber als ich die beiden und den Ober gesehen habe, bin ich noch ein bisschen geblieben. Ich konnte genau beobachten, wie die Journalisten den Leichnam inspiziert haben. Sie haben sich über einen Zettel unterhalten. Genaueres konnte ich auf die Entfernung leider nicht verstehen.»

      Ich gucke den Mann an. Nein, der verbirgt nichts. Der sitzt wie ein Häschen auf dem Stuhl.

      Ich frage: «Was haben die beiden denn im Krystall-Palast gemacht?»

      «Sie haben das Konzert von Bernadette La Belle besucht. Mir sind sie aufgefallen, weil sie das Da Capo versäumt haben und in das Bierrestaurant gegangen sind.»

      Zwei Journalisten, die zu früh aus dem Konzert gehen. Vielleicht haben die das Konzert schon ein paar Mal erlebt. Das klingt mir zunächst nicht, als müsse ich mir Sorgen machen. «Kennen Sie die beiden?»

      «Den einen habe ich schon ein paar Mal gesehen. So ’n gutaussehender junger Kerl. Teure Anzüge. Ich würde sagen, Salon-Sozi.»

      Aha, daher weht der Wind. Klar, wer’s dicke hat, kann sein Bier im Krystall-Palast trinken und am nächsten Morgen etwas für die Gerechtigkeit auf der Welt tun. Und der andere Kerl? Ich nicke dem Mann zu, denke wieder einmal nicht daran, dass er mich nicht sehen kann. Aber egal, der spricht bestimmt gleich von allein weiter.

      «Der andere Kerl ist ungefähr genauso alt, aber kräftiger und hat einen Lockenkopf. Er sieht irgendwie eckig aus …»

      Irgendwie eckig, darunter soll sich einer etwas vorstellen können … Das ist doch keine Rätselstunde! Aber ich will nicht ungeduldig werden. Sage nichts.

      «Er trug auch einen teuren Anzug, aber der saß nicht so perfekt. Ich habe das Gesicht noch nie gesehen.»

      Ein Modelinker und ein neureicher Zugereister, die ein Konzert vor der Zugabe verlassen und Bier trinken gehen … Was ist das denn für ein Pärchen? Hatten die was Wichtiges zu besprechen? Bestimmt ist der Fremdling nur ein harmloser Messegast …

      Und eigentlich habe ich genau erreicht, was ich wollte: Journalisten sollten den Ober finden. Das war das Ziel, und so ist es gekommen. Und dank der Aufmerksamkeit des Mannes vor mir weiß ich nun sogar, welche Schmierfinken meine kleine Botschaft entgegengenommen haben. Ich muss das Positive sehen. Andererseits: Vorsicht ist die Mutter des Erfolgs. Ich brauche mehr Informationen.

      «Also, hören Sie gut zu.» Wie herrlich meine Stimme aus den Lautsprechern knarzt! Ich bekomme Gänsehaut, der Mann schrumpft in seinem Sitz. «Bekommen Sie heraus, wer die beiden sind. Behalten Sie sie im Auge. Und erstatten Sie Rapport, wenn Sie etwas Neues wissen.»

      In der Untergrundmessehalle drängten sich die Menschen. Die Gesichter sahen im elektrischen Licht gespenstisch aus, als habe jemand die Farbe herausgesaugt. Heinz Eggebrecht wollte lieber nicht wissen, wie er in dieser Beleuchtung wirkte. Er hatte das Gefühl, aus seinem Gesicht sei die Luft abgelassen worden und nun hänge seine Haut wie altes Leder an den Wangen. Er konnte die Augen kaum aufhalten, dafür drückten die Augäpfel. Vermutlich glich er einem Frosch, nur dass unter den Augen kein breites Maul war, sondern Ringe – schwarz wie Reifengummi. Er hätte das mit der Schnapsflasche in der Kammer bei seinen Eltern sein lassen sollen. Gestern Abend dachte er noch, dass er den Anblick der Leiche aus seinen Gedanken spülen könnte … Falsch gedacht.

      Und dann der Lärm. Keiner im näheren Umfeld sprach besonders laut, aber es schien, als habe sich halb Europa hier unten in der Messehalle versammelt. Und wenn eine Million Menschen in tausend Sprachen in Zimmerlautstärke redeten, konnte einem das in der Summe die Nerven rauben. Das galt insbesondere für jemanden, der einen Kater hatte, ach was, einen Bengaltiger oder ein noch größeres Tier – so wie Heinz Eggebrecht.

      Schon das Drehen des Kopfes fiel schwer. Aber da kam er nicht drum herum, wenn er sich einen Eindruck verschaffen wollte. Die Halle schien kein Ende zu nehmen. Eggebrecht wusste, dass der unterirdische Ausstellungsraum in der Länge knapp hundert Meter maß, aber hier sah alles viel größer aus. Über der Erde bildeten der Eingang zum Untergrundmessehaus auf der Südseite des Marktes und das Siegesdenkmal am Nordende natürliche Enden des Platzes. Da war die Entfernung gut zu überblicken und hatte nichts Bedrohliches. Hier unten aber stand Eggebrecht im Gewimmel kurz vor der Platzangst und konnte kaum Wände sehen. Zwischen schlanken Betonsäulen, die zur Decke ragten, führten immer abwechselnd Gänge und Standreihen in die Tiefe – ins endlose Gewusel des Messeauftaktes.

      «Und, können wir losgehen?» Katzmann wirkte verdächtig wach, wer weiß, was der am Morgen genommen hatte. Dabei strahlte der Reporter eine Ruhe aus, dass es Eggebrecht vorkam, als stehe Katzmann vor einer flimmernden Kinoleinwand, auf der eine Massenszene in doppelter Geschwindigkeit lief.

      «Hm.»

      «Vielleicht fangen wir ganz links an …»

      «Hm. Links. Klar.» Sozi blieb eben Sozi – wenn er links begann, konnte er sich prima nach rechts vorarbeiten, dachte Eggebrecht und musste schmunzeln. Immerhin ein klarer Gedanke, der Tag schien zu beginnen.

      Katzmann ging los, schritt auf das Gedränge zu, wurde von der Masse eingeatmet. Eggebrecht stolperte hinterher, drang ins Gewühl. Die Messegäste trugen Anzüge, deren Farben von dunklem Grau über Anthrazit bis Schwarz variierten. Die Jacketts unterschieden sich kaum, allenfalls in der Anzahl der Knöpfe unterm Revers oder der Kragenlänge. Frauen gab es nicht. So wirkte das Gedränge, als warte eine Geschäftsleute-Armee auf den Beginn der Parade. Aus dem Gemurmel hörte Eggebrecht im Vorbeigehen Satzfetzen, Worte wie Krise, Bereinigung, Sparen, Werben, Abwarten, Weitermachen …

      Katzmann verschwand im Gang. Eggebrecht folgte ihm, quetschte sich zwischen den Geschäftsleuten hindurch, murmelte die Entschuldigungen immer genervter. Er umkurvte eine Gruppe blonder Männer. Deren Haare leuchteten so hell, die Kerle mussten vom nördlichsten Ende Skandinaviens kommen – oder gleich vom Nordpol. Dann endlich der Gang, er sah Katzmann wieder. Der Reporter stand vor der ersten Nische.

      Auch in dem Gang sah Eggebrecht keine Frauen, was ihn verwunderte, weil Nähmaschinen ausgestellt wurden. Zahllose Fabriken befassten sich damit, den Frauen in den neuen Zeiten das Leben zu erleichtern. Welche Geräte die Damen zu ihrem Glück brauchten, entschieden anscheinend die Männer.

      Er schloss zu Katzmann auf, aber der hatte offenbar genug gesehen und lief hinunter in die Tiefe des Gangs.

      «Nun warte doch mal, Konrad …»

      «Was ist denn los? Steckt das Kopfkissen noch in deinem Kragen?»

      «Nein … СКАЧАТЬ