Der schwarze Witwer. Horst Bosetzky
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Название: Der schwarze Witwer

Автор: Horst Bosetzky

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955520533

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СКАЧАТЬ «War denn die Kriminalpolizei schon da? Die ist doch bei solchen Gelegenheiten immer schnell zur Stelle.»

      «Ja, aus Pirna ist der Kriminalsekretär Georg Schlunzig gekommen, der hat sich alles zeigen lassen und auch die Flinte von Doktor Florschütz mitgenommen. Der hatte sie sich gerade erst aus London schicken lassen. Sie war ganz neu, und er hatte noch keine Erfahrung damit.»

      «Wo steckt er denn jetzt?»

      «Doktor Florschütz? Hier bei uns im Forsthaus, im Gästezimmer. Er ist gestern zusammengebrochen, und wir konnten ihn nicht allein nach Hause lassen.»

      Katzmann nickte. «Verständlich. Ob ich ihn nachher einmal sprechen kann?»

      «Ich glaube schon. Aber gehen wir erst einmal.»

      Katzmann nahm Harry an die Leine, und dann zogen sie los. Wenn es nicht Teil seiner Arbeit gewesen wäre, hätte er es als einen gemütlichen Spaziergang mit einem Freund genommen. Scharrach war ein angenehmer Begleiter, und Katzmann hätte gern gewusst, wie er denn über das Bild des Försters in der Gesellschaft dachte. «Einerseits», sagte er, «genießt der Förster bekanntlich ein hohes Ansehen, ist Staatsbeamter und trägt eine wunderschöne Uniform. Auch Max in der Oper Der Freischütz ist ja ganz wild darauf, Förster zu werden. Andererseits gibt es auch viele Romane und Novellen, in denen alle Sympathien auf Seiten des Wilderers, des Wilddiebs sind. Da ist dann der Förster der Böse, meist der hartherzige Handlanger eines ekligen Grafen – wie beispielsweise in Fontanes Quitt. Wie ist das denn bei Ihnen gewesen?»

      Scharrach musste nicht lange überlegen. «Mir ist es so ergangen wie dem Max: Ich wollte schon immer Jägerbursche werden, Förster, Oberförster. Bereits als Junge war das meine große Leidenschaft.»

      «Aber Sie kommen nicht aus Sachsen, jedenfalls hört man es nicht …»

      Scharrach lachte. «Nein, ich komme aus Bentschen, heute Zbąszyn´.»

      «Aus Polen also?»

      «Nein, als ich 1873 geboren wurde, hat Bentschen zu Deutschland gehört. 1793, nach der zweiten Teilung Polens, war es an Preußen gekommen, 1920 mit dem Versailler Vertrag aber wieder an Polen zurückgefallen. Ich war Oberförster in der preußischen Provinz Posen, dann ab 1914 Vizefeldwebel, das heißt Portepee-Unteroffizier im Brandenburgischen Jägerbatallion Nummer 3, und nach dem Krieg hat es mich dann der Liebe wegen nach Sachsen verschlagen. Die Waltraud, meine Frau, kommt nämlich aus Dresden, genauer gesagt aus Weixdorf. Als die Stelle hier im Kirnitzschtal frei geworden ist, da habe ich mich sofort darum beworben, ja mich förmlich darum gerissen – und sie auch bekommen.»

      «Und gefällt es Ihnen hier?»

      «Aber selbstredend!», rief Scharrach. «Das ist das Paradies hier.»

      «Obwohl es manchmal Jagdunfälle gibt …», wandte Katzmann ein.

      Scharrach winkte ab. «In welchem Beruf gibt es keine Unfälle?

      Mein Vater hat immer gesagt: Junge, wenn du Pech hast, bricht dir beim Popeln der Finger in der Nase ab. Aber klar, auch mir geht der Tod von Frau Doktor Florschütz an die Nieren, sie war ja eine unheimlich nette Frau. Ich habe die Nacht nicht richtig schlafen können.»

      Nun schwiegen sie eine Weile, und erst nachdem sie mehrere hundert Meter gegangen waren, nahm Katzmann den Faden wieder auf. «Für uns Städter hat der Försterberuf vornehmlich romantische Seiten …»

      «Ach, das ist überwiegend harte Arbeit! Ich muss mich nicht nur um die Tiere kümmern, sondern auch um die Bäume. Welche müssen gefällt, welche neu gepflanzt werden? Das gefällte Holz muss dann sortiert und für den Käufer termingerecht hergerichtet werden. Da muss ich ganz Kaufmann sein.»

      «Und die Jagd, die bringt doch auch was ein?», unterbrach ihn Katzmann. «Wenn die Jagdgesellschaften kommen, die Honoratioren aus dem Umkreis …»

      «Das stimmt. Ich bin aber vor allem mit folgenden Fragen beschäftigt: Gibt es zu viele Tiere im Wald, und schaden sie den Bäumen? Welche Tiere müssen in welchem Umfang gejagt werden? Obendrein kümmere ich mich auch noch um die Wege für die Wanderer, die Radfahrer und die Reiter. Sie sehen, Arbeit über Arbeit. Und viel Ärger – wie der Jagdunfall gestern.»

      «Da wären wir ja beim Thema. Wie war denn die Reihung der Personen? Wer lief hinter wem?»

      «Warten Sie, gleich sind wir an der Stelle angekommen, wo es passiert ist, dann zeige ich Ihnen alles ganz genau.»

      «Ich bin gespannt», sagte Katzmann, obwohl ihm schon klar war, dass Gisela Florschütz nicht die Letzte gewesen sein konnte.

      Nach ein paar Minuten waren sie an der Unfallstelle angekommen. Es ging hier durch ein Stück sumpfiger Wiese, und es gab nur einen schmalen Pfad, so dass man hintereinandergehen musste. Links und rechts war dichtes Gebüsch, von Westen her ragte ein Stück Laubwald wie eine Landzunge in die Niederung.

      «Ganz vorn ist Meinhard Müschen gegangen, unser Apotheker», erklärte ihm Scharrach. «Dann kamen Ludwig Hölzel, unser Rektor, Gerhard Pöhlau, unser Hotelbesitzer, und Heinrich Nobitz, das ist einer von der DNVP. Hinter dem ging dann Gisela Florschütz», er stieß einen tiefen Seufzer aus, «und am Schluss der Sanitätsrat und ich.»

      «Sie nicht an der Spitze?», fragte Katzmann.

      «Nein, ich gehe immer hinten, bis wir da angekommen sind, wo es mit der Jagd wirklich losgeht. Und der Müschen ist ein großer Wanderer und kennt den Weg bis dorthin genauso gut wie ich.»

      «Und Ihre Frau war nicht mit von der Partie?»

      Scharrach verneinte. «Waldtraud? Die macht sich nichts daraus.»

      Katzmann holte sein Notizbuch hervor und machte sich eine Skizze vom Unfallort und der besagten Reihung der Personen.

      «Und was ist dann passiert?»

      «Nun, es ging alles ganz schnell …» Scharrach schloss die Augen, um sich besser erinnern zu können. «Doktor Florschütz ist vielleicht zwei Meter vor mir gelaufen und seine Frau mit etwa demselben Abstand vor ihm … Ich habe gesehen, dass der Schnürsenkel an seinem rechten Stiefel aufgegangen ist und wollte ihm das zurufen, da ist er auch schon gestolpert – und dann hat sich plötzlich ein Schuss gelöst … Das schreckliche Ende kennen Sie ja. Gisela ist an Hals und Hinterkopf getroffen worden, die Wirbel sind zertrümmert worden, die Bleikugeln sind ihr ins Gehirn gedrungen und …»

      Katzmann drehte sich weg. «Hören Sie auf!»

      «Sie wollten es doch ganz genau wissen.»

      «So genau nun auch wieder nicht!» Den Obduktionsbericht würde er sich schon irgendwie beschaffen können. Katzmann sah sich noch eine Weile um. Alles war so zertreten, als hätte eine Viehherde geweidet. Klar, die Kriminaltechniker und Photographen waren am Werke gewesen. Bei tödlichen Unfällen mit Schusswaffen gab es immer ein großes Bohei.

      «Reicht Ihnen das für einen Sonderbericht?», wollte der Oberförster wissen.

      Katzmann zögerte mit einer Antwort. «Mh … Ich hätte schon noch gern mit Doktor Florschütz selbst gesprochen.»

      «Das kann ich verstehen. Kommen Sie, wir marschieren zurück ins Forsthaus, und dann sehe ich einmal nach, wie weit er sich schon erholt hat und ob er die Kraft hat, mit Ihnen zu sprechen.»

      Während СКАЧАТЬ