Название: Wie angelt man sich einen Prinzen?
Автор: Rachel Hauck
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783865068774
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Und es schmerzte sie. Tief in ihrer Seele. Es schmerzte sie eine Sehnsucht, die sie weder erreichen noch entfernen konnte.
Sie atmete lange aus, sackte in ihren Schreibtischstuhl und schloss das Nachrichtenvideo, das sie sich angeschaut hatte. Zwei Mitarbeiter der Beaumont Post betraten mit Fastfood-Tüten in den Händen das Großraumbüro und nickten ihr zu.
Corinas Blick folgte ihnen, als sie den großen, schachtelförmigen Raum durchquerten. Durch die schmutzigen, mit Regentropfen übersäten Fenster fiel das gedämpfte Licht der Nachmittagssonne.
Sie sollte selbst auch Essen gehen. Es war fast zwei. Aber sie wartete darauf, dass ihre Chefin, Gigi Beaumont, aus der Mittagspause zurückkehrte. Corina wollte der Gründerin der Mega-Onlinezeitung, der Beaumont Post, einen Vorschlag machen. Ein gewagtes Unterfangen, selbst für sie, aber sie war sich ihrer Sache sicher.
In der Zwischenzeit gab es Arbeit zu erledigen. Corina arbeitete sich durch ihre Inbox und ordnete die Berichte, die von Mitarbeitern der Post und von freien Korrespondenten aus aller Welt hereinkamen. Gigis Boulevardjournalismusmedienfinger hatten eine große Reichweite.
Corina öffnete eine Story, die letzte Woche fällig gewesen wäre, aber eben erst hereingekommen war, und fing an zu lesen. Aber schon nach dem ersten Satz konnte sie sich nicht mehr konzentrieren.
Was war es denn, das ihr zu schaffen machte? Juni. Natürlich. Es war der dritte Juni. Nachdem sie aus dem Nebel herausgekommen war, hatten Daten und Tage auf einmal wieder eine Bedeutung.
Okay. Schön. Dann war eben der dritte Juni. Also, anerkennen, dass der Tag einmal wichtig gewesen war, und weitermachen. Doch mit allem fertigzuwerden, das sie vor über fünf Jahren begraben hatte, war äußerst herausfordernd.
»Corina, hallo …« Melissa O’Brien setzte sich auf die Kante von Corinas Schreibtisch und warf einen Blick auf den Computerbildschirm. »Was fesselt dich denn gerade so? Eine Geschichte von Chip Allen?« Sie verzog den Mund.
»Ja, ähm … sie ist gut.« Corina räusperte sich, setzte sich aufrecht hin und schaltete wieder auf Business-Modus um – trotz ihrer wirbelnden Gedanken und ihres knurrenden Magens. »Er hat da einen super Artikel über Hollywood und Gewalt.«
»Hast du schon mit Gigi gesprochen?«
»Nein, noch nicht.« Corina sah den langen, breiten Mittelgang des Großraumbüros hinunter, der vor Gigis Büro endete. Durch die Glasscheibe neben der geschlossenen Tür sah sie ihre Chefin mit ihrem Handy am Ohr auf- und abgehen. »Ich dachte, sie wäre noch zu Tisch.«
»Nein, sie ist wieder hier. Mit dem Anhängsel, das sie als ihr Telefon bezeichnet. Das wird eines schönen Tages noch ihre kleinen grauen Zellen abtöten.«
Corina lachte leise. »Die trauen sich doch sowieso nicht, ihr wegzusterben.«
Gigi Beaumont, die sich ihren Weg aus der Armut der Blue Ridge Mountains herausgebahnt hatte und eine Pionierin in der weiten Welt des Onlinejournalismus geworden war, war eine Naturgewalt, mit der man zu rechnen hatte. Weder Tod, Krankheit, Chaos, Anwälte, feindliche Übernahmeversuche, schlampige Reporter, faule Redakteure noch ihre Ehemänner Eins bis Fünf hatten sie überwinden können.
»Willst du damit sagen, dass du dich nicht traust?« Melissa ließ ihre Handtasche von ihrer Schulter auf Corinas Schreibtisch gleiten. »Wir brauchen eine Chefredakteurin. Du machst den Job doch im Grunde schon, seit Carly vor vier Monaten gegangen ist. Und du bist immer noch die Neue. Komm, sei mutig!«
Mutig? Mut war nicht das Problem. Hier ging es um Timing. Alles hing vom Timing ab. »Gigi ist eine Mentorin und eine Freundin. Ich bin ihretwegen hier. Aber wenn sie mich für die Stelle haben will, warum hat sie mich dann nicht gefragt?«
»Das ist eben Gigi.« Melissa zuckte schnaubend mit den Schultern. »Es ist ja schon ein Wunder, dass sie dir überhaupt einen Job angeboten hat. Normalerweise müssen die Leute ja ankommen und betteln.«
»Auch wieder wahr.« Corina stand auf, Bauch rein, Brust raus, und schob ihren Stuhl unter den Schreibtisch.
»Sie ist auf den Beinen, meine Damen und Herren«, zischte Melissa einem imaginären Publikum zu. »Mir scheint, sie geht rein.«
Aber Corina bewegte sich nicht. Als Gigi, seit langem eine Freundin der Del Reys und obendrein Corinas erste Arbeitgeberin nach dem College, sie letztes Jahr nach Thanksgiving mit einem »Komm runter nach Florida und arbeite für mich!« angerufen hatte, hatte Corina angefangen, aus der Lähmung der Trauer aufzuwachen.
Sie war 29 und hatte die letzten fünf Jahre wie in Trauer zugebracht. Am Leben und doch nicht lebendig.
»Also?«
»Ich gehe jetzt.«
»Sieht nicht so aus, als ob du dich bewegst.«
Corina ging im Schritt eines Laufstegmodels auf Gigis Büro zu. »Du siehst doch, dass ich gehe, oder?« Ihre Absätze klangen dumpf auf dem Teppichboden.
»Ja, ja, ich sehe dich.« Die Melodie von Melissas Lachen machte Corina Mut.
Immerhin war sie eine Del Rey, die Tochter einer vermögenden Familie, eine Magnolie aus Stahl, eine ehemalige Miss Georgia, eine College-Absolventin (summa cum laude!), eine Texterin … und eine Zwillingsschwester.
Sie legte sich die Hand aufs Herz, verlangsamte ihre Schritte und atmete tief durch, während sie sich an ihren Bruder erinnerte. Carlos‘ Tod in Afghanistan hatte sie mehr gekostet, als sie sich je hätte vorstellen können.
Als sie an Gigis Tür ankam, sammelte Corina ihre verwirrten Gedanken – vergiss die Vergangenheit – und formulierte noch einmal ihr Anliegen. Gigi, ich erledige die Arbeit einer Chefredakteurin … gib mir die Position auch formell … Wertschätzung im Team …
Corina schaute durch das Fensterglas, klopfte und lächelte, als Gigi sie hereinwinkte. Der Medienmogul war immer noch am Telefon, tigerte auf und ab und sprach lautstark und lebhaft mit seinem Gegenüber.
»Fantastisch, Darling. Ich kann es nicht erwarten. Es wird dir gefallen. Für Familien ist es hier ganz großartig. Ja, wir sind direkt am Atlantik. Und am Indian River. An der berühmten U.S. 1.« Gigi wies Corina mit einer Geste an, sich auf das Sofa aus schokoladenfarbigem Veloursleder zu setzen. »Klar kann er hier Surfen lernen … Ja, aber natürlich. Und obendrein haben wir hier an der Ostküste unsere eigene Ehrenhalle für Surfer … Ganz genau. Hör mal, ich habe hier jemanden im Büro. Wir sehen uns dann nächste Woche! Bis dann!« Gigi beendete das Gespräch, wiegte das Handy in ihrem Schoß und zeigte ihr schneeweißes Lächeln, während sie ihren stets präsenten Kaugummi zerbiss. »Meine zauberhafte Corina Del Rey, was verschafft mir das Vergnügen?« Gigis glänzendes blondes Haar umfloss in sanften Locken ihr Gesicht.
»Ich wollte mit dir über –«
»Ich habe nachgedacht.« Gigi sprang auf, steckte das Telefon in ihre Rocktasche, drehte eine Runde im Raum und schnippte mit den Fingern. Die Flusslandschaft hinter ihr lag in der Sonne, und die Sonnenstrahlen fädelten Diamanten aus Licht in die friedliche СКАЧАТЬ