Fjodor M. Dostojewski. Rainer Buck
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Название: Fjodor M. Dostojewski

Автор: Rainer Buck

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

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isbn: 9783865065957

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СКАЧАТЬ gesellschaftlichem Parkett macht er ohnehin keine gute Figur. Als er von Freunden in den Kreis des Dichters Panejew eingeführt wird, ist dessen Frau von der neuen Bekanntschaft nicht gerade angetan: „Aufgrund seiner Jugend und Nervosität gelang es ihm nicht, sich den Umgangsformen anzupassen“, beschreibt sie sein Auftreten. Möglicherweise verhält sich Dostojewski besonders ungeschickt, weil er in die Panejewna eine Zeit lang ernsthaft verliebt ist.

      Der ehrgeizige und überspannte Neuling wird zur Zielscheibe zunächst milden Spottes, der sich aber zunehmend verschärft. Turgenjew, der Dostojewski zunächst enthusiastisch zugetan schien, macht eines Abends im Kreis eine Bemerkung über einen „Provinzler, der sich für ein Genie hält“. Für den tiefgetroffenen Dostojewski ist dies der Anlass, sich für immer aus dem Zirkel zu verabschieden. Zu den drückenden Geldnöten, seiner Dauerbegleitung, kommen jetzt Phasen der Melancholie und der Selbstzweifel.

      In dieser Situation kommt Dostojewski in Kontakt mit einem Kreis ernsthafter junger Männer, angeführt von dem Brüderpaar Beketow, von denen einer ein Mitstudent Dostojewskis an der Ingenieursschule gewesen war. In diesem Kreis wird nicht nur über einen utopischen Sozialismus philosophiert. Man versucht zugleich, nach den eigenen Idealen zu handeln. Die Männer gründen auf Dostojewskis Initiative hin sogar eine Wohngemeinschaft.

      Bruder, ich mache nicht nur eine moralische, sondern auch eine physische Wiedergeburt durch, schreibt er im November 1846 an Michail. Noch nie war in mir solche Klarheit, solch innerer Reichtum, noch nie war mein Charakter so ausgeglichen, meine Gesundheit so zufriedenstellend wie jetzt. Dies verdanke ich in hohem Maße meinen Freunden, mit denen ich lebe. Dostojewski erwähnt hier ausdrücklich seine Gesundheit, da er in den Monaten zuvor stark an einer Nervenkrankheit gelitten hat. Möglicherweise sind es schon die Anzeichen seiner späteren Epilepsie. Die Anfälle sind zwar nicht von Krämpfen, aber von zeitweiliger Bewusstlosigkeit begleitet.

      Der Beketow-Zirkel besteht nur kurze Zeit, da die Brüder Petersburg verlassen, doch ein anderes Brüderpaar aus dem Freundeskreis, Walerian und Apollon Maikow, bleibt Dostojewski als Stütze erhalten. Walerian ist Literaturkritiker und bricht öffentlich eine Lanze für ihn. Tragischerweise stirbt Walerian schon 1847, während der Dichter Apollon Maikow ein lebenslanger Freund wird.

      Dostojewskis Frühwerk bis zur Zäsur im Jahr 1849 umfasst ein Dutzend vornehmlich kleinerer Romane und Erzählungen, die schon manche der Qualitäten andeuten, für die er als einer der bedeutendsten Erzähler in die Weltliteratur eingegangen ist. Aber er experimentiert noch mit der angemessenen literarischen Form und ist außerdem stark schwankend in der Frage, was er durch seine Erzählungen vermitteln möchte.

      Der orthodoxe Glauben als verbindlicher Maßstab, die menschliche Existenz auszumessen, ist für ihn in diesen Jahren weitgehend bedeutungslos. Seine Weltanschauung ist von der gesellschaftskritischen Philosophie Jean-Jacques Rousseaus geprägt, obwohl er gegenüber dessen Menschenbild Einwände hat. Dass der Mensch von Natur aus gut sei und nur durch die Gesellschaft verdorben werde, entspricht nicht Dostojewskis Sicht. Für ihn ist eher die christliche Vorstellung plausibel, wonach das Böse ein natürlicher Teil des menschlichen Wesens ist, allerdings überwunden werden kann. Theologisch orientiert er sich eine Zeit lang an dem Leben-Jesu-Forscher David Friedrich Strauß: Jesus Christus hat für ihn die Bedeutung eines Idealmenschen oder einer weltgeschichtlich überragenden Idee.

      Die Frage nach dem Sinn des Lebens, die immerwährende Orientierungssuche des Menschen zwischen Erde und Himmel, blitzt immer wieder in Dostojewskis Frühwerken auf. Soziale Fragen und Gesellschaftskritik schwingen mit, aber die menschliche Seele beschäftigt Dostojewski noch mehr. Wo andere Autoren gerne zu satirischen Mitteln greifen und Menschentypen karikieren, sind bei Dostojewski selbst lächerliche Figuren ernst zu nehmen. Er stellt Individuen über Ideen und zeigt menschliche Widersprüchlichkeit und Tragik auf. Wird das Böse im Menschen entlarvt, geschieht es, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, was die menschliche Würde ausmacht.

      Die Vielschichtigkeit seiner Erzählungen und die Virtuosität seiner Sprache werden nach dem großen Anfangserfolg in der Folgezeit von Kritikern und Publikum teilweise verkannt. Zu sehr sind seine Figuren Außenseiter mit oft krankhaft anmutenden Charaktereigenschaften. Sie tragen in sich die Spuren der Zerrissenheit einer Übergangsgesellschaft, in der die alten Werte unterhöhlt sind, ohne dass andere überzeugende Antworten auf existenzielle Fragen schon gefunden wären. Dostojewski begnügt sich nicht mit oberflächlichen Thesen, wenn es um die Frage nach dem Sinn des Lebens geht (und mit weniger beschäftigt er sich selten). Er seziert geradezu die Menschenseele, um seine Leser nicht mit zu einfachen Wahrheiten abzuspeisen.

      Das Schreiben ist Dostojewski so notwendig wie die Luft zum Atmen. Wenn er schreibt, kommt er selbst bei sich an, dann blitzt auch immer etwas von der Liebe und vom Mitgefühl für seine Mitmenschen auf, das er im wirklichen Leben nicht immer zeigen kann. Er habe, beschreibt er sich zu dieser Zeit selbst, einen widerlichen, abstoßenden Charakter … Ich kann nur dann mein menschliches Herz und meine Liebe zeigen, wenn ich durch einen äußeren Umstand, einen besonderen Zufall aus der Banalität des Alltags gerissen werde. Bis das geschieht, bin ich ekelhaft. Beschreibungen von Weggefährten relativieren zwar diese negative Selbstcharakterisierung, doch die Begleiterscheinungen seiner Nervenkrankheit machen ihn im täglichen Leben unausgeglichen und reizbar.

      Mit dem, was Dostojewski als Schriftsteller verdient und was ihm als Anteil aus dem elterlichen Erbe überwiesen wird, hätte ein anderer in bescheidenem Wohlstand leben können, aber das Haushalten ist weiterhin nicht seine Sache. Im Vorfeld der Ereignisse, die sein Leben einschneidend verändern werden, ist er wieder einmal so pleite, dass er den Verleger Krajewski um 15 Rubel Vorschuss anfleht: Eine Woche lang bin ich schon ohne einen Pfennig. Buchstäblich nichts. Wenn Sie nur wüssten, wie heruntergekommen ich bin.

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