Fjodor M. Dostojewski. Rainer Buck
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Название: Fjodor M. Dostojewski

Автор: Rainer Buck

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

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isbn: 9783865065957

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СКАЧАТЬ Unterhaltung auf Literatur kommt, ist er begeisterungsfähig und kann obendrein andere mitreißen. Er ist ein guter Deklamator von Gedichten und dramatischen Szenen. Seine Sensibilität kann sich allerdings mitunter schnell in Empfindlichkeit und beleidigtem Rückzug äußern.

      Nach Abschluss der Akademie nimmt Dostojewski eine Stelle als Technischer Zeichner im Staatsdienst an. Von Anfang an hat er starke Zweifel, wie lange er es in seiner Stellung aushalten wird. Den Wunsch, sich als Literat zu verwirklichen, kann und will er nicht unterdrücken. Er denkt über das Wagnis nach, ohne Festanstellung und allein von der Literatur zu leben.

       Dostojewski als Ingenieur (zwischen 1841/​42)

      Es ist nicht so, dass er weltfremd wäre. Er weiß um die Härte des wirtschaftlichen Überlebenskampfs – und wenn er sich in diesen Jahren mit Michail über literarische Pläne austauscht, spielen daneben immer geschäftliche Hoffnungen eine Rolle. Dostojewski möchte seine Petersburger Kontakte nutzen, die Schiller-Übersetzungen seines Bruders zu vermarkten. Selbst übersetzt er ein Buch des gleichfalls verehrten Balzac ins Russische: „Eugénie Grandet“, einen Gesellschaftsroman um Geld, Liebe, Generationskonflikte und menschliche Schwächen.

      Sein Bruder vermittelt ihm eine übergangsweise Unterkunft bei dem deutsch-baltischen Arzt Dr. Alexej E. Riesenkampf und verknüpft damit die Hoffnung, dessen Ordnungssinn werde auf Fjodor abfärben. Doch der Hauswirt kann nur staunend konstatieren, dass Dostojewski es einmal fertigbringt, sich von ihm leihweise 5 Rubel zu erbitten, obwohl ihm erst tags zuvor aus Moskau 1000 Rubel aus seinem Erbe überwiesen worden waren.

      Da Riesenkampf teilweise Patienten aus den ärmsten Schichten behandelt, knüpft Dostojewski in dessen Praxis erneut Kontakte zu Menschen mit harten Lebensschicksalen. Er schenkt einigen von ihnen Geld für Behandlungen und andere Nöte. Wieder ist er hier ein aufmerksamer Zuhörer, der am Los der Armen Anteil nimmt und später manches individuelle Schicksal in seinen Werken aufnehmen wird, um das soziale Gewissen seiner Leser zu stimulieren. Nicht von ungefähr wirken seine Darstellungen des Elends in den Petersburger Mietskasernen so authentisch.

      Im Herbst 1844 droht dem Oberstleutnant Dostojewski eine längere dienstliche Versetzung, die ihn aus dem kulturellen Leben Sankt Petersburgs herausreißen würde. Dies nimmt er zum Anlass, sein Amt aufzugeben, obwohl ihn gerade zu dieser Zeit eine heftige Schuldenlast drückt. In seinem Brief an Michail vom 30. September heißt es: Ich nehme den Abschied, weil ich nicht länger dienen kann. Das Leben freut mich nicht, wenn ich meine beste Zeit so sinnlos vergeuden muss … Wegen meines weiteren Lebens musst Du Dir wirklich keine Sorgen machen. Ich werde immer ein Stück Brot finden. Ich werde höllisch viel arbeiten …“

      Zu diesem Zeitpunkt hat er die Hoffnung, bald erste nennenswerte Einkünfte als Schriftsteller beziehen zu können, denn sein Roman-Debüt „Arme Leute“ steht vor der Fertigstellung. Dostojewski hofft auf einen Abdruck in einer recht bekannten Zeitschrift. So lange wie später kaum mehr an einem Werk hat er an dem literarischen Erstling gefeilt, denn er steht nirgends unter Vertrag und ist an keinen festen Liefertermin gebunden. Dennoch schwingt der ökonomische Gedanke mit. Der Roman ist recht originell. Ich bin bereits bei der Reinschrift. (Ich bin mit meiner Arbeit zufrieden.) Ich werde dafür vielleicht 400 Rubel bekommen; dies ist meine ganze Hoffnung.

      Kunst um der Kunst willen, Schreiben, ohne schon einen Plan für die wirtschaftliche Verwertung seines Manuskriptes zu haben – das wird Dostojewski zeit seines Lebens nicht vergönnt sein. Wo andere immer wieder ein Manuskript überarbeiten können, ehe sie es für gut genug halten, um veröffentlicht zu werden, muss sich Dostojewski quälen, weil ihm Redaktionen und Verleger im Nacken sitzen und er nicht warten kann, bis die Muse ihn küsst. Stattdessen muss er schwitzend Vorschüsse abarbeiten, die schon längst wieder in die Taschen von Gläubigern geflossen sind. Ich bin ein proletarischer Schriftsteller, stellt er selbst fest. Statt wie andere Dichter edler Herkunft wie Tolstoi oder Turgenjew als Gutsbesitzer ein Auskommen zu haben, fließen für ihn Einkünfte aus dem elterlichen Erbe nur sporadisch; für Vorauszahlungen daraus nimmt er hohe Verluste in Kauf. Aber er ist es gewohnt, von der Hand in den Mund zu leben. Die verzweifelte wirtschaftliche Situation wird jedoch zunächst einmal kaschiert durch das Ansehen, das Dostojewski schon mit seinem literarischen Debüt erringt.

      Während er seinen ersten Roman „Arme Leute“ fertigstellt, ist Fjodor M. Dostojewski starken Stimmungsschwankungen unterworfen. Einerseits fühlt er sich wie ein literarischer Ikarus, dem kein Ziel unerreichbar erscheint, andererseits hat er das Gefühl, mit dem ersten Roman alles auf eine Karte zu setzen und sich bei einem Misserfolg aufhängen oder in die Newa gehen zu müssen. In den Briefen an Michail spiegeln sich teilweise innerhalb eines einzigen Absatzes die höchsten Hoffnungen und schlimmsten Befürchtungen. Dimitri Grigorowitsch, ein ehemaliger Kommilitone aus der Akademie und später selbst ein Schriftsteller von Rang, wohnt in diesen Monaten mit Dostojewski zusammen. Er beschreibt dessen rastlose Arbeit und zähe Verbissenheit: „Dostojewski konnte tage- und nächtelang ununterbrochen am Schreibtisch sitzen. Er verlor kein Wort darüber, woran er gerade schrieb … Sowie er mit dem Schreiben aufhörte, nahm er gleich wieder das eine oder andere Buch zur Hand.“

      Die akribische Arbeit am Roman-Erstling zieht sich bis Ende Mai 1845 hin. Nachdem er allerdings die letzte Überarbeitung bewältigt und zunächst seinem Mitbewohner Grigorowitsch das Manuskript vorgelesen hat, geht es Schlag auf Schlag. Grigorowitsch ist derart begeistert, dass er den Aufschrieb noch am selben Abend zu einem gemeinsamen Freund, dem Dichter Nikolai Nekrasow, mitnimmt. Hingerissen lesen sich die jungen Literatur-Enthusiasten das komplette Werk gegenseitig vor, klingeln den Urheber dann in den frühesten Morgenstunden aus dem Bett, fallen ihm in die Arme und beglückwünschen ihn zu einem Geniestreich. Als der herrlichste Augenblick in meinem Leben geht diese Begebenheit in Dostojewskis Erinnerung ein.

      Das Erfolgserlebnis wird komplettiert, als der bekannte Literaturkritiker Wissarion Belinski ebenfalls begeistert auf das Erstlingswerk des jungen Dostojewski reagiert. Nekrasow hatte es ihm mit dem Versprechen präsentiert, hier sei „ein neuer Nikolai Gogol“ zu entdecken. Der hochgegriffen erscheinende Vergleich löst bei dem Petersburger Literaturpapst anfänglich eher Skepsis aus, doch diese wandelt sich während der Lektüre rasch in Überschwang. Belinski drängt es daraufhin, den Verfasser der „Armen Leute“ möglichst schnell persönlich kennenzulernen. Bei der ersten Begegnung findet er gegenüber Dostojewski bemerkenswerte Worte: „Die Wahrheit ist Ihnen kund und offenbar geworden wie ein großes Geschenk. Halten Sie dieser Gabe gegenüber die Treue, und Sie werden ein großer Schriftsteller.“

      Auch wenn „Arme Leute“ heute gegenüber Dostojewskis Spätwerk eher ein Schattendasein fristet, blitzt darin schon bemerkenswert viel von seinem Genie auf. Die Bemerkung „Gabe der Wahrheit“ wählt Belinski, weil er in dem jungen Autoren einen sozialistischen Gesinnungsgenossen sieht. Man könnte dieses Prädikat trotzdem mit Fug und Recht schon bei diesem Erstling auf Dostojewskis Talent übertragen, Feinheiten menschlicher Seelenregungen mit besonderem Einfühlungsvermögen in seinen Romanfiguren abzubilden. Der Leser kann in diesen Charakterzeichnungen Menschen aus Fleisch und Blut wiederfinden, mit denen er mitzufühlen und mitzuleiden vermag, nicht zuletzt, weil sie ihm manche Selbsteinsicht vermitteln. Auch wenn Dostojewskis Charaktere selten Menschen sind, mit denen man sich tatsächlich identifizieren möchte, treten sie einem doch so plastisch vor Augen, dass man die Bruder- oder Schwesterbeziehung zu ihnen am Ende der Begegnung nicht mehr leugnen kann und will. Dies gilt zumindest für Leser, die unbehagliche Erkenntnisse nicht scheuen, sondern einen Blick auf ihre inneren Abgründe riskieren.

      Ohne sich dessen am Anfang seines Schreibens wohl vollständig bewusst zu sein, setzt Dostojewski zugleich das um, was Jesus im Evangelium allen, die sich Christen nennen, kategorisch zur Pflicht macht: die „Kleinen und СКАЧАТЬ