Über den Missouri. Liselotte Welskopf-Henrich
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Название: Über den Missouri

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Исторические приключения

Серия:

isbn: 9783957840103

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СКАЧАТЬ und Reno habt ihr geschlagen, und sie mussten sich zurückziehen. Aber dann ist euren Männern die Munition ausgegangen. Sie mussten weichen.«

      »Wo ist Red Fox?«

      »Zur Agentur geritten. Er wird dort Dolmetscher.«

      »Was macht Adams?«

      »Er ist entflohen, als sie seine Eisenfeile bei dir fanden. Er geht nach Kanada. In den Staaten, wo sein Vater ermordet wurde, will er nicht bleiben.«

      »Sein Vater ermordet? Wie geschah das?«

      »Sie haben dem alten Mann die Farm weggenommen, weil er das Land, das er von den Dakota gekauft und das er urbar gemacht hatte, nicht noch einmal bezahlen konnte und auch nicht noch einmal bezahlen wollte. Er sagte, es sei Betrug. Als die Dakota vertrieben waren und die Langmesser kamen, hat er sich mit der Flinte zur Wehr gesetzt. Dann floh er: Sie haben ihn aufgegriffen und haben ihn nach ihrer Sitte mit heißem Teer beschmiert und mit Federn beklebt und gehetzt, bis er tot war. Auch die weißen Männer verstehen zu martern.«

      »Das weiß ich. – Wie wird Adams in Kanada leben?«

      »Er will sich Fallen leihen bei der Pelzkompanie und will mit Thomas und Theo zusammen als Biberjäger arbeiten. Wenn er wieder Land bekommt, will er Vieh züchten und ackern. Sein Schicksal ist wie das eines roten Mannes – vertrieben ist er und wenig geachtet.«

      »Aber dennoch will er kein Indianer sein. So sagte er mir einmal.«

      Cate dachte nach.

      »Die Haut des Adams ist weiß, und seine Augen sind blau, aber heute wäre er euer Bruder, wenn er bei euch leben dürfte. Er darf es aber nicht. Die Grenzen der Reservation sind für Weiße verschlossen.«

      »Hält er sich noch in der Nähe auf?«

      »Ja. Er wartet mit Thomas und Theo auf mich.«

      »Adams, der solche Worte gesprochen hat, wie du sie mir berichtest, wollte uns dennoch verachten, weil wir nicht den Pflug führen und Vieh züchten.«

      »Aber das würdet ihr lernen«, erwiderte Cate. »Wie gern würde Adams euch das heute lehren, wenn es ihm erlaubt wäre.«

      Im Hof ließen sich Schritte vernehmen. Das Mädchen zog sich zu der Leiter zurück. Die Schritte entfernten sich.

      »Gehe jetzt!«, forderte der Gefangene Cate auf. »Du darfst nicht entdeckt werden. Dein Mut war groß genug.«

      »Ich gehe. Du bist unser Bruder. Wenn du frei wirst, komme nach Kanada. Dort verfolgt dich niemand. Wir werden an der Grenze in der Nähe der Waldberge sein.«

      »Sage dem Tobias: Ich will um mein Leben kämpfen. Hau. – Aber nun gehe.«

      »Lebe wohl!« Cate stieg schnell die Leiter hinauf und zog sie hoch. Sie ließ den Deckel wieder herunter. Der Gefangene vernahm noch ihre leichten, vorsichtigen Schritte. Schließlich hörte er, wie sie die Außentür öffnete und schloss. Dann war alles still.

      Der Dakota gedachte der Nachrichten, die ihm Cate Smith gebracht hatte. Er war erst vierundzwanzig Jahre alt, und er sah noch einmal eine Aufgabe vor sich.

      Von Stund an begann er um vierzehn Tage Leben zu ringen, um die Tage und Nächte bis zu jenem Moment, in dem Roach ihn freilassen musste.

      Der Gefangene straffte seine Muskeln gegen den Druck der Kette. Selbst wenn er sich erbrechen musste, aß er, um keinen Anlass zu geben, dass der Wächter ihm wieder den Becher mit Wasser verweigerte. Mit eiserner Anstrengung hielt er einen regelmäßigen Wechsel von Wachen und Schlafen ein.

      Vierzehn Tage später, an einem trüben Nachmittag, kam der vierschrötige Wächter früher als sonst zu dem Gefangenen. Es war noch nicht die Stunde der Abendmahlzeit, und er hatte auch nichts bei sich. Als er vor dem Dakota stand, holte er umständlich Schlüssel aus der Tasche und zeigte sie dem Gefangenen. »Du sollst zum Kommandanten kommen«, sagte er, »zu Capt’n Roach. Benimm dich anständig. Davon hängt dein Leben ab.«

      Er schloss die Handschellen und die Kette auf und nahm dem Gefangenen die Fußfesseln ab. Der Dakota ließ sich nicht anmerken, dass er die Erleichterung empfand.

      »So«, befahl der Vierschrötige, der die Pistole gezogen hatte, »nun vorwärts, die Leiter hinauf. Und mache mir keine Schwierigkeiten. Droben stehen schon ein paar und nehmen dich in Empfang.«

      Der Dakota folgte stumm der Anweisung. Er fürchtete, dass ihm seine Feinde einen Fluchtversuch unterschieben und ihn erschießen würden. Aber er konnte ihren Befehlen auch keinen Widerstand leisten, sonst würde er aus diesem Grunde erschossen.

      Als er das Arbeitszimmer des Kommandanten betrat, erkannte er am Schreibtisch Roach. Vier Dragoner mit gezogenen Pistolen schützten den Capt’n vor einem befürchteten Hass- und Verzweiflungsausbruch des zu entlassenen Gefangenen. Der Capt’n hatte sich nach seiner Gewohnheit zurückgelehnt und hielt die Zigarette zwischen den gelben Fingern. In seiner Miene lag alles, was ein karrierelüsterner und bösartiger Mensch im Augenblick eines Triumphes empfindet. Er rümpfte die Nase, als der Indianer in den blut- und staubbedeckten Kleidern vor ihm stand, deren kostbare Stickerei kaum mehr zu erkennen war.

      »Was bringst du mir den Kerl dreckig und stinkend hier herein!«, schnarrte er den vierschrötigen Rauhreiter an. »Du hättest ihm erst ein paar Kübel Wasser übergießen können. Lass jetzt«, fügte er hinzu, »wir werden die Angelegenheit möglichst kurz machen.« Er betrachtete den Dakota wie ein Tier, das auf dem Markt taxiert wird. »Du scheinst ziemlich krank zu sein, Schwindsucht oder etwas Ähnliches.« Roach gab sich keine Mühe, seine Befriedigung darüber zu verbergen. »Der Feldscher meinte jedenfalls Schwindsucht. – Es bestehen in Washington keine Bedenken mehr, dich zu entlassen, wenn du zur Vernunft gekommen bist und unterschreibst, dass du dich widerstandslos auf die Reservation begeben wirst.« Roach spielte mit einem Schriftstück. »Nun, wie steht’s? Hast du dir die Sache überlegt?«

      »Dass ich mich selbst auf die Reservation begeben werde?«

      »Ja, natürlich. Für deinen Stamm brauchst du nicht mehr zu unterschreiben. Der ist längst dort.«

      »Ich begebe mich ohne Widerstand auf die Reservation.«

      »Famos. Was doch so ein paar Monate Keller ausmachen können! Ein ganz anderer Mensch geworden!« Roach schob dem Dakota das Schriftstück hin. »Hier! Unterzeichne!«

      Der Indianer hatte in der Zeit, in der er viel mit Weißen umgegangen war, lesen gelernt. Er studierte sorgfältig die Sätze, die er unterschreiben sollte. Sie enthielten tatsächlich nichts anderes, als was Roach gesagt hatte. Der Dakota unterschrieb im Stehen.

      »Deine Waffen bekommst du nicht mehr. Du wirst jetzt aus einem Wilden zu einem zivilisierten Menschen werden. Morgen früh geht die Reise los. Tobias hat einen Brief nach Fort Robinson zu bringen, er kann dich mitnehmen. Dein Gaul ist dir wiedergeschenkt, die Bestie ist doch nicht zu gebrauchen. Und sieh zu, dass du uns auch das andere Raubtier fortschaffst, den schwarzen Wolf, der die Gegend unsicher macht. Das soll dein Hund sein?!«

      Der Dakota zuckte die Achseln.

      Roach sah sich um. »Wo ist denn Tobias?«, fragte er die Anwesenden. »Es war ihm befohlen, zu kommen.«

      Die Tür tat sich auf, und der Gesuchte trat ein.

      »Aha, Tobias! Hier СКАЧАТЬ