Название: Der ungeliebte Amadeus und andere Kriminalgeschichten
Автор: Dietmar Hann
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783957440921
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„Hör’n Sie, wenn Sie nicht Marie heißen und nicht Kathrin, können Sie auch nicht meine Enkeltochter sein. Wir machen am besten Schluss, das wird mir jetzt zu dämlich mit Ihnen.“
„Opi, Opi, dier Opi, hier is Käss-riiihn. Kaaathrin is in Austrälia der Näm Kässrihn. Aim sooo häppi, zu sprechen wiss meine liebe Opi in Deutscheland.“
Werner wischte sich über die Augen, schluckte und räusperte sich.
„Hallo Kathrin, äh, Kässrihn“, sagte er leise, „bist du’s wirklich? Ankes älteste Tochter? Ich kann‘s nicht … fassen. Sekunde bitte, muss mal kurz … die Nase …“ Er schnäuzte sich lange und laut. „Kässrihn? Ähm, du musst schon entschuldigen, ich bin so gerührt …“, er schluckte und räusperte sich kräftig, „ähm, das kommt so überraschend, weißt du. Aber warum habt ihr denn nie mal … ähm, ach unwichtig … sag mal, wie alt bist du eigentlich jetzt? Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, warst du noch ein kleiner Wildfang und wolltest immerzu ‚Hoppereiter‘ mit dem Opi machen …“
Es kam keine Antwort.
„Kathrin?“, fragte Werner nach. „Hallooo! Kässrihn, bist du noch dran?“
Am anderen Ende der Leitung knackte es ein paar Mal, aber seine Enkelin antwortete nicht.
Mein Gott, die wird meine Frage nicht verstanden haben, dachte Werner, die spricht doch in Australien Englisch und ich Blödmann laber sie mit Deutsch voll.
„Äääh, Kässrihn? Du andaständ mi?“, versuchte es Werner auf Englisch. „Hau ohld ju nau, mai dier?“ Es war ihm sehr peinlich, derart radebrechen zu müssen. Er konnte vieles gut bis sehr gut, manches sogar perfekt, Fremdsprachen gehörten leider nicht dazu.
Werner glaubte, am anderen Ende der Leitung ein leises Kichern zu hören. Wenn ihn seine Enkelin für sein sprachliches Entgegenkommen auslachte, würde er ab sofort wieder ausschließlich Deutsch mit ihr sprechen.
„Hello Opi, aim twentie und eins Jahre alt. Du vergessen?“ Werner hatte seine australischen Nachkommen natürlich nicht vergessen, war aber derart aufgeregt und im Vokabelwirrwarr verstrickt, dass er Kathrins Alter nicht so schnell errechnen konnte.
Eine Stunde nach Ende des Gesprächs saß Werner noch immer auf der Couch, das Telefon in der zitternden Hand. Seine Enkelin Kathrin hatte angerufen! Dass er dieses Glück noch erleben durfte. Und Anke ging es gut, hatte er erfahren, und Marie natürlich auch. Vielleicht würde sich nun doch alles zum Guten wenden! Er wünschte sich das jedenfalls sehnlichst. Kathrin hatte ihm verraten, dass sie nach Deutschland übersiedeln wolle, in den nächsten Tagen sogar schon, und dass sie vorhabe, sich ein Modedesignstudio in Berlin einzurichten. Ja, der Opi könne wirklich stolz sein auf seinen groß gewordenen „Waildfäng“. Sie würde ihn natürlich bald besuchen kommen, versprochen. Und „männi dier grietings from Mom änd Märrie“ solle sie ausrichten. Ja, auch die hätten den Opi „wärri, wärri“ lieb.
Helga kam mit einer dicken Backe nach Hause, der Zahnarzt hatte ihr zwei Zähne gezogen. Die Wirkung der Betäubungsspritze ließ allmählich nach, die Schmerzen nahmen dafür stetig zu. Deshalb war sie übel gelaunt. Werner hätte schon Bedenken gehabt, seiner Frau die Neuigkeiten mitzuteilen, wenn sie bei bester Laune gewesen wäre. In ihrem jetzigen Zustand jedoch durfte er ihr auf keinen Fall mit Nachrichten von Anke und den Kindern kommen, selbst wenn sie noch so gut waren.
Werner verzog sich stillschweigend in den Garten, legte sich auf die Hollywoodschaukel und grübelte.
Frank und Melanie lagen nackt auf dem Bett und schütteten sich aus vor Lachen.
„Ich hab dich auch ‚wärri, wärri lieb, mai dier‘“, sagte Frank und tätschelte seiner Liebsten den Hintern. „Hätt auch schiefgehen können, was? War noch nie gut im Kopfrechnen. Ich hab mich wirklich super vorbereitet, aber dass der misstrauische Exbulle so’n Scheiß fragt, konnte doch keiner ahnen.“ Frank streichelte Melanie den Rücken. „Aber du warst einfach Spitze als ‚Kässrihn from Austrälia‘. Und der ‚dier Opi from Dschörmännie‘, dieser alte Teufel, wurde bei deinen himmlischen Nachrichten fromm und frömmer. Ich glaub, ihm lief nicht nur der Rotz, der hat richtig geheult vor Rührung. Da wär ich zu gern dabei gewesen, ich hätt mich eingepisst vor Lachen.“
„Ja, es war irre lustig, allerdings auch ganz schön anstrengend, so lange die Stimme zu verstellen. Aber ein bisschen gemein ist es schon, finde ich. Du bist so ein guter Mensch, Frank, hast du es nötig, Gleiches mit Gleichem zu vergelten?“ Melanie küsste ihn auf die eine Wange und streichelte die andere.
„Ach was, Werner Gattermann hat einen Denkzettel mehr als verdient! Hab ich dir doch erklärt. Mach dir mal keinen Schädel. Wenn du tust, was wir besprochen haben, kann nichts schiefgehen.“ Frank schaute Melanie tief in die blauen Augen, um ihre Bedenken zu zerstreuen. „Glaub mir, es ist wirklich nur ein Streich innerhalb der Familie, mehr nicht. Wenn auch ein ziemlich böser, na und! Er soll sich ruhig bis auf die Knochen blamieren, wenn er als Kriminalhauptkommissar a. D. schon derart außer Diensten ist, dass er sogar auf den primitiven Enkeltrick reinfällt. Und das, meine Liebe, ist nicht strafbar. Und keine Sorge, die Kohle kriegt er natürlich wieder. So, Mellaschatz, eh ich wieder losmuss, lass uns doch noch mal schnell …“ Frank versuchte, Melanie auf sich zu ziehen, doch sie wollte jetzt lieber unten liegen. Das war was ganz Neues. Egal, Frank liebte es auch, missionarisch zu lieben.
Werner war wieder allein zu Haus. Rosalie und Kinder quälten sich in der höheren Bildungsanstalt, der arbeitsscheue Schwiegersohn lümmelte wahrscheinlich in der Jobagentur herum und Helga hatte einen Friseurtermin. Färben und Dauerwelle, das konnte dauern. Je länger, je lieber, wünschte sich Werner. Er plagte sich mit der Vorbereitung des Präventionsseminars. Zwar hatte er die gesuchten Fachartikel irgendwann gefunden, gründlich studiert und sich Notizen gemacht, kam aber mit dem Entwurf eines eigenen Vortrags nicht richtig voran. Er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Schuld war seine australische Enkeltochter Kässrihn, die sich wieder Kathrin nannte, seitdem sie nach Berlin übergesiedelt war.
Gestern hatte sie zum zweiten Mal angerufen. Ach, „Dschörmännie“ sei ja so toll, schwärmte sie ihrem „dier Opi“ dabei in einem Mix aus englischen und deutschen Brocken vor. Und „Börlinn“ habe es ihr ganz besonders angetan. Die „Piepels sein so lawli“, der „Tellewischntauer“ so „bigg“ und das „Brändenbörg Gäit“ so „gräit“. Und der Opi könne sich nicht vorstellen, wie „fanni änd sexi“ hier das „Schopping“ sei, vor allem im „KeyDieDabbeljuh“. Werner konnte das tatsächlich nicht. Kathrin ließ ihm auch keine Zeit zum Nachdenken, denn sie schnatterte ohne Luft zu holen. Das Studio sei „sooo bjutifull“, erfuhr er weiter, und „wärri“ günstig gelegen, ganz in der Nähe vom „Ännimälgaaden“, und die Miete sei nicht so „hai“, dass sie diese nicht erwirtschaften könne. Aber leider, leider sei doch nicht alles „wärri gud“. Der „bäd“ Immobilienmakler habe von heute auf morgen die „Prowischn“ verdoppelt und das sei so gemein, weil sie damit doch nicht rechnen konnte. Sie habe bereits die Mama angerufen und die würde das Geld sofort überweisen, wenn Kathrin schon ein Girokonto besäße, sie habe aber noch keine Zeit gehabt, sich eines einzurichten und würde das auch nicht mehr bis morgen schaffen, leider, aber morgen müsse sie schon die „Prowischn“ bezahlen und wenn nicht, dann hätte der Makler noch „ä lott ow“ anderer Interessenten und dann wäre es aus mit ihrem „Drihm“ vom eigenen „Fäschnstjudio“.
„Was soll ich bloß machen, Opi?“, schluchzte es am anderen Ende der Leitung. „Ich bin ‚so wärri‘ traurig und ‚häff so СКАЧАТЬ