Название: Auf Wölfe schießt man nicht
Автор: Heinz-Dietmar Lütje
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783954885855
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Auch Inka von der Senner Alm und Berry von Brachefelden hatten innige Freundschaft geschlossen.
Und jetzt nahmen die Dinge ihren Lauf.
Im Umweltministerium herrschte helle Aufregung. Schon auf dem Weg ins Amt wurde der den Grünen angehörende Minister verständigt. Eine Glanzleistung amtlicher und insbesondere ministerieller Arbeit sorgte dafür, dass noch am selben Tag eine »Task Force Wolf« unter Federführung des parlamentarischen Staatssekretärs gebildet wurde. Dieser gehörten auch ein Ministerialdirigent, ein Ministerialrat und der Leiter der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, gleich drei sogenannte Wolfsmanager, der stellvertretende Leiter des Veterinäramtes – der eigentliche Chef hatte just an diesem Morgen, kurz nach seiner Verständigung, festgestellt, dass ihn die Grippe gepackt hatte – sowie natürlich der Leiter des Landesamtes für Naturschutz und die unverzichtbaren absoluten Wolfsexperten von TINA (Tier-u. Natur e.V.) und Bund für Natur und Umwelt an. Auch die Arbeitsgemeinschaft Naturnahe Jagd in Schleswig-Holstein e. V. wurde selbstverständlich eingebunden. Nur der Landesjagdverband wurde nicht berücksichtigt, ja noch nicht einmal informiert. Präsident und Präsidium sowie Geschäftsführer erfuhren erst aus der Presse, was sich ereignet hatte. Häuptlinge waren also genug an Bord, nur die Indianer, die die eigentliche Arbeit vor Ort, beginnend mit der Nachsuche, also dem Aufspüren des verletzten Tieres, machen mussten, fehlten noch. An diese wurde, wie so häufig, zuletzt gedacht. Als man dann loslegen wollte, fiel schließlich doch noch auf, dass ja auch Personal für diese Tätigkeiten benötigt wurde.
So etwas soll ja schon öfter vorgekommen sein: Alle Führungsposten sind sofort besetzt, aber am Ende der Kommandokette der hochbesoldeten und schwer an ihrer Verantwortung tragenden Entscheidungsträger werden auch noch ein paar Leute benötigt, die die Ausführung vor Ort übernehmen.
Aber auch das wurde schließlich geschafft und drei Forstbeamte, darunter ein Schweißhundführer und der Amtstierarzt, sowie zur Absicherung ein Kleinbus mit Polizeibeamten konnten mit einem weiteren Tag Verzögerung tätig werden. Mit dem Schweißhund an der Spitze, geführt von Forstamtmann Kühn, den weiteren Forstbeamten und dem Amtsveterinär wurde nochmals die Fährte in Anwesenheit von Gerd Michaelis, den man immerhin verständigt hatte, dort aufgenommen, wo der Polizeibeamte Helmers so plötzlich zusammengebrochen war. Auch der von Gerd Michaelis verständigte Albert Klein und natürlich Jockel Buss hatten es sich nicht nehmen lassen, der Prozession zu folgen. Auch zwei der drei Wolfmanager, der Vizechef der allwissenden Ökojäger und natürlich die absoluten Experten von Bund für Natur und Umwelt und TINA trabten hinterdrein.
Der Ministerialrat, als Entscheidungsträger vor Ort, und der Chef der Landesforsten blieben im landeseigenen VW-Bus sitzen und stärkten sich mit Kaffee und belegten Brötchen, derweil sie über Funk Kontakt hielten.
»Ist ja ein gewaltiges Aufgebot«, meinte lachend Dr. Klein und grinste seinerseits den Revierinhaber Michaelis an. »Und, wie beurteilst du die Erfolgsaussichten, Gerd?« Dieser lachte unverblümt laut auf. »Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll? Wenn es um die Rettung eines Haustieres geht oder um leidendes und oft verhungerndes Vieh bei absolut ungeeigneten Tierhaltern, dauert es oft Wochen, bis etwas unternommen wird. Meist ist es dann ohnehin zu spät.«
»Da hast du ja so recht, mein lieber Gerd, aber hier wird es ja wohl auch zu spät sein. Entweder die Verletzung ist doch nicht so gravierend, was ich aber nicht glaube, dann ist der Wolf, wenn es denn einer ist, längst weitergezogen.« »Allerdings. Das sehe ich auch so und im anderen Fall ist er wohl bereits verendet, oder was meinst du?« Der Tierarzt nickte nur. »Weiß man es? So ein Tier steckt vieles weg, was uns längst erledigt hätte«, gab Jockel seinen Senf dazu.
Am selben Morgen standen in der Uniklinik in Kiel der Oberarzt und sein Stationsarzt am Bett des hier vor drei Tagen eingelieferten Polizeioberkommissar Peter Helmers. »Tja, Herr Helmers, wir können es drehen und wenden, wie wir wollen. Wir haben nichts gefunden. Hohe Leberwerte, dazu passende ebenfalls erheblich zu hohe Werte bei den Blutfetten, aber nichts, was Ihren Zusammenbruch auch nur annähernd erklären könnte. Kein Herzinfarkt, kein Schlaganfall. Nichts was medizinisch erklärbar wäre.«
»Was soll das heißen?« »Das wir nichts, aber auch gar nichts, gefunden haben und sie nach Hause können.« »Soll das etwa bedeuten, dass Sie mich für einen Simulanten halten?« Pepe Helmers Kopf nahm wieder sichtbar an Volumen und auch an damit einhergehender Rotfärbung zu.
»Ach ja, man hätte vielleicht an einen Kreislaufzusammenbruch infolge hohen Blutdrucks denken können, wenn man Sie jetzt so betrachtet, aber dagegen spricht die Feststellung des Notarztes. Also ziehen Sie sich an. Wir brauchen jedes Bett dringend für wirklich Kranke!«
»Unerhört! Sie hören noch von mir!«, brüllte Helmers den beiden hinterher, als sich die Tür bereits geschlossen hatte und starrte dumpf vor sich hin. Irgendwie hatte er das ungute Gefühl, dass sich etwas Bedrohliches über seinem Kopf zusammenbraute.
Die Nachsuchenden verharrten gespannt, als der Forstamtmann seinen Hund zurückrief und zuerst allein, dann gemeinsam mit seinen Kollegen von den Landesforsten eine Stelle an einem kleinen Bach genauer in Augenschein nahm. »Hier ist der Wolf über den Bach gegangen«, erklärte der Hundeführer und musterte den Wasserlauf. Hoffentlich sacken wir nicht über die Stiefel weg. Nützt ja nichts, wir müssen hinüber!« Der Hannoveraner Schweißhundrüde hatte keine Probleme mit der Überwindung des nassen Hindernisses. Sein Führer schon eher. »Scheiße, verdammte Scheiße!« Unüberhörbar fluchte er, als das Wasser in seinen rechten Stiefel floss.
Auf nasse Füße standen die Herren nicht. »Hier gibt es doch bestimmt einen Übergang, einen Steg oder sowas?« Als niemand antwortete, wandte sich der Forstrat direkt an Michaelis. »Das hier ist doch noch ihr Revier. Sie müssen das doch wissen!« »Tue ich auch«, antwortete der, »brauchen wir aber nicht, denn zehn Meter zurück ist eine schmale Stelle, wo wohl jeder rüberhüpfen kann.«
Er voraus, dann Jockel und Dr. Klein gingen ein paar Meter zurück, wo der Wasserlauf wohl nur noch an die knapp zwei Meter breit war. Mit kühnem Anlauf setzte Gerd hinüber und war froh, dass es geklappt hatte. Ganz so sicher, wie er tat, war er beileibe nicht gewesen. Dr. Klein, der ja wesentlich jünger war, hätte wohl auch eine doppelte Weite problemlos gemeistert. Nur Jockel, der mit den Jahren noch etwas mehr geschrumpft war, hatte leichte Probleme, wurde aber auf der anderen Seite so in Empfang genommen, dass auch ihm eine unliebsame Erfrischung erspart blieb.
Der jüngere Förster kam auch gut rüber, ebenso der Ökojäger. Die anderen verzichteten auf die sportliche Übung und schimpften auf Michaelis, der so tat, als höre er ihre Rufe nicht, die ihn aufforderten, ihnen die Richtung nach dem nächstgelegenen Übergang zu weisen.
Die Rufe verstummten und weiter ging es – aber nicht mehr sehr weit. Dreihundert Meter weiter hatte die Suche ihr Ende gefunden. Unter einer bis tief auf den Boden beasteten Fichte lag zusammengekrümmt die nachgesuchte Kreatur. Mühsam gelang es dem Förster, seinen Schweißhund davon abzubringen, den toten etwas entfernteren Artgenossen näher zu untersuchen.
Schnell gab er die Meldung per Funk durch. »Ja, ja ich habe verstanden. Jawohl, ich pass auf – Ende!«
Der Beamte steckte das Funkgerät weg und verkündete. »Niemand darf die Kreatur berühren. Alles Weitere übernehmen der Amtstierarzt und seine Behörde!«
»Na, denn mal viel Spaß«, verabschiedeten sich Michaelis und auch Dr. Klein.
»Und, Albert, was meinst du? Ist das nun ein Wolf oder nicht?«, fragte Gerd seinen neu gewonnenen Freund auf dem Weg zu den Fahrzeugen.
»Auf СКАЧАТЬ