Название: Weihnachtlich glänzet der Wald
Автор: Ruth Reuter
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783945961643
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24. 12. Es ist Weihnachten. Wie jedes Jahr. Ich fühle mich ein bisserl marod. So viel Mühe habe ich mir mit den Kexerln gegeben, ihre Wirkung lässt allerdings zu wünschen übrig. Wie Paracelsus sagte: Die Dosis macht das Gift. Und diese Dosis habe ich noch nicht gefunden. Naja. Hauptsache, mein Mann freut sich über die vielen Kexerln. In drei Tagen wird er sie nicht mehr ansehen. Egal, bleiben welche für die Nachbarn übrig.
Während ich die Kexerln hübsch auf Papierteller drapiere und mit Frischhaltefolie abdecke, stolpert mein Mann zur Tür herein. Er strahlt übers ganze Gesicht:
Sieh mal, was für ein Prachtexemplar an Tanne ich erstanden habe! Super günstig für eine Tanne.
Das ist eine Fichte.
Nein, hier, schau mal. Da steht eindeutig Rottanne.
Die Rottanne ist eine Fichte.
Wurscht. Wo ist der Weihnachtsschmuck?
Seufzend erhebe ich mich und krame den Kellerschlüssel raus. Als ich mit dem Schmuck zurückkomme, steht der Baum bereits an der üblichen Stelle.
Du, sollten wir ihn diesmal nicht dort rüberstellen?
Hier kommt er viel besser zur Geltung.
Mit dem Kabel von der Lichterkette ist das nicht so super. Da kann man sich leicht dastess’n.
Geh. Hat sich noch nie einer dastess’n. Hilfst aufputzen?
Ich muss die Kexerln für die Nachbarn einpacken.
Damit verschwinde ich in der Küche. Funktioniert das mit dem Vergiften nicht, sollte ich eventuell handgreiflich werden. Ihn mit der Lichterkette erwürgen? Da müsste ich ja dabei sein, wenn er stirbt. Leiden kann ich ihn nicht sehen.
Den Baum schmückt er ganz alleine, strahlt dabei wie ein kleines Kind. Hübsch. Nervig. Jetzt den Weihnachtsstern auf der Spitze anbringen. Er könnte runterstürzen, sich das Genick brechen. Zu unsicher. Was, wenn es nur ein Schädelbasisbruch wird? Die Lichterkette anstecken. Mir wären echte Kerzen lieber. Nein! Könnte ja der Baum brennen, explodieren gar. Nicht einmal einen Sternspucker darf ich anzünden. Brandgefahr! Geradezu ein Wunder, dass der Baum echt sein darf. Nervig so ein Feuerwehrmann im Hause.
Ja, schön, sieht gut aus mit den Kunstlichterln.
Und schau, das Kabel hab’ ich fixiert, ohne Stolperfalle. Da rührt sich nichts, da kann man si net dastess’n.
Draußen ist es bereits finster. Er dreht den Luster ab, damit seine Weihnachtstanne so richtig zur Geltung kommt.
Heut’ hab ich ein besonderes Geschenk für dich, säuselt er mir ins Ohr, steigt übers Kabel und verschwindet im Schlafzimmer. Die Überraschung kenne ich schon. Wie jedes Jahr wird er sich nackig ausziehen, sich eine Weihnachtsmütze aufsetzen und eine Christbaumkugel an seinen Penis befestigen, die er dann im Erregungszustand wieder nicht runterkriegt, weil er zu eng geschnürt hat. Der Herr Feuerwehrler kennt sich mit Knoten nicht so gut aus. Langsam geht die Schlafzimmertür auf. Diesmal hat er sich sogar Lametta umgehängt.
Liebste, dein Weihnachtsmann ist da!
Ich glaub’ ans Christkind.
Und erregt ist er auch schon. So erregt, dass er nicht auf das Kabel der Lichterkette achtet. Mit dem rechten Fuß bleibt er am Kabel hängen. Während er nach Halt sucht, macht er eine Vierteldrehung. Ihn entkommt ein überraschtes Oh. Schließlich kriegt er den Baum zu fassen, der ihm natürlich keinen Halt bietet. Mit einer weiteren Vierteldrehung und einem kleinen Schmerzens- und Schreckensschrei stürzt er zu Boden. Da liegt er nun auf dem Rücken, den Baum auf der Brust. Ein Strampeln und Fuchteln bis der Baum zur Seite rollt. Ein Griff an den Hals. Dort steckt der Weihnachtsstern. Erschrocken reißt er den Stern aus dem Hals. Blut sprudelt aus dem Loch im Hals. Was für ein Treffer! Genau in die Halsschlagader. Röchelnd versucht er die Wunde mit seinen Fingern zu verschließen.
Liebling … Schatz … Rettung …
Ich geh’ die Kexerln verteilen.
Rasch schlüpfe ich in meine Kuschelweste und in die Holzschlapfen, schnappe die Wohnungsschlüssel und drücke mir den Wäschekorb mit den Kexerltellern an die Hüfte. Schon fällt die Tür ins Schloss. Vom Gang her ist nichts zu hören. Ich mag ihn nicht leiden sehen.
Es dauert ein bisserl bis Frau Schwartz öffnet. Nun ja, die gute Frau ist immerhin 87 und nicht mehr so gut zu Fuß. Schöne Weihnachten, Frau Schwartz. Ein paar Kexerl für Sie. Ich bitt’ Sie, ist doch eine Kleinigkeit. Die Lebkuchen müssen S’ gleich probieren. Extra mit Maiwipferlsirup gemacht. Das ist gut gegen Ihren Husten. Ach leider, Frau Schwartz, keine Zeit, ich muss ja noch mehr verteilen, und mein Mann wartet ja auf mich. Morgen komm’ ich gern auf ein Tratscherl vorbei. Natürlich.
Frau Donnerbauer öffnet schneller. Hinter ihr ducken sich die beiden Kinder. Erleichterung in den Gesichtern. Es ist nicht der Vater. Frohe Weihnachten, Frau Donnerbauer, Ihnen und Ihren Kindern. Und hier ein extra Packerl mit Rumkugeln für den Gatten. Ich weiß, ich weiß. Wäre gern etwas geblieben, aber der Branntweiner sperrt heut’ früher zu. Auf die Rumkugerln schlaft er sicher bald ein. Und für Sie extra eine Salbe, die hilft bei Blutergüssen. Nochmals schöne, ruhige Weihnachten.
Herr Wittich, Sie alter Grantscherben. Wie geht’s denn heut’? Heut’ tut alles weh? Oje. Na, trotzdem schöne Weihnachten. Lassen Sie sich die Vanillekipferln schmecken. Macht gar nichts, dass Sie mich nicht reinbitten, mein Mann wartet eh auf mich.
Doktor Lander, heuer gar nicht in Thailand? Ach, wegen den Unruhen. Da werden die Kinder im Waisenhaus traurig sein, wenn’s heuer keine Geschenke bringen. Ja, richtig, dafür gibt’s ja die Post. Und skypen tun S’ mit ihnen. Schön. Zum Trost wegen des fehlenden direkten Kontakts bring’ ich ein paar Zitronensternderl. Übrigens die Punkterln im Guss sind Brennnesselsamen. Die bringen so richtig Kraft in die Lenden. Nein, nein, Sie müssen sich nicht revanchieren. Würd’ mich schon freuen, wenn Ihnen die Kexerln schmecken. Selige Weihnacht’, Herr Doktor.
Alle Kexerln losgeworden – und eventuell auch mehr. Fühl’ mich gleich gar nicht mehr so marod. Jetzt muss ich zu meinem Schatz. Was ist denn das für ein Lärm? Sanitäter?
Wo wollen S’ denn hin?
Tür Nummer 15. Ein Unfall.
Aber, aber, das ist meine Wohnung!
Mit zitternden Fingern sperre ich auf, stürze ins Wohnzimmer. Wo ist er, der zache Hund! Schafft der es glatt zum Handy und ruft selbst die Rettung. Da liegt er.
Jessasmariaundjosef!
Jetzt ist auch das Schlafzimmer mit Blut vollgeschmiert. Meine Beine knicken ein. Ein Sanitäter stützt mich, führt mich in die Küche, setzt mich hin. Der andere Sanitäter beugt sich über meinen Mann, um den Puls zu fühlen. Während mich ein hysterischer Lach-Wein-Krampf überfällt, kommt der andere Sanitäter in die Küche, schüttelt fast unmerklich den Kopf.
Geschafft! Ich bin erleichtert.
Eine Stunde später sitze ich Chefinspektor Garner gegenüber. Routinesache, muss leider sein. Eindeutig ein Unfall, ein seltsamer. Dass ein Feuerwehrler so unvorsichtig ist. Sollte wohl eine besondere Bescherung werden. Tränen laufen СКАЧАТЬ