Weihnachtlich glänzet der Wald. Ruth Reuter
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Название: Weihnachtlich glänzet der Wald

Автор: Ruth Reuter

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783945961643

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СКАЧАТЬ Ich lasse ihn nicht aus den Augen. Wann setzt die Wirkung ein? Wie wird der Verlauf sein? Nichts zu merken. Enttäuscht gehe ich zu Bett.

      Sehr früh morgens schleppt sich mein Mann von der Wohnzimmerbank aufs Klo. Er übergibt sich.

      Alles in Ordnung, Schatz?

      Ach, ich hätt’ gestern nicht die drei Leberkässemmeln essen sollen. Wer weiß, wie lange die schon gelegen sind.

      Mein armer Schatz.

      Er schlüpft ins Bett, ganz verschwitzt. Ich mag das nicht, stehe auf. Er merkt das nicht. Interessiert beobachte ich ihn, wobei ich fürsorglich den Schweiß von seiner Stirn wische.

      Nachmittags geht es ihm schon besser. Ja, so ein Feuerwehrmann hält was aus.

       … dann zwei …

      Ich starre in die Flammen der beiden Kerzen. Heute mache ich zwei Kexerlsorten. Der vierte Advent ist heuer auch der Weihnachtsabend. An dem Tag möchte ich nicht backen. Gedankenverloren leere ich das Papiersackerl. Die Stechapfelsamen hüpfen heraus und über die Arbeitsplatte. Kein Mensch hat sich darum gekümmert, als ich sie auf einer Brachfläche in der Donaustadt sammelte. Blöd angeredet werde ich nur, wenn ich Brennnesseln und Brennnesselsamen sammle.

      Was machen S’ da?

      Brennnesselsamen sammeln.

      Wozu?

      Zur Potenzoptimierung meines Mannes.

      Aha. Da braucht ma so viel?

      Immerhin soll die Optimierung über’n Winter anhalten.

      Aja. Na dann, viel Spaß.

      Werd’ ich haben.

      Ein bisschen von den Samen in den Teig, ein wenig in den Zitronenguss. Ich mache Sterne, auf die ich den Guss kleckse. Aufwendige Verzierungen sind nicht meins. Außerdem muss ich die Rumkugeln machen. Ganz besondere, mit Attichmarmelade.

      Der Attich, der ist mir sozusagen über den Weg gelaufen. Ende September war das, als ich an einem trüben Samstagvormittag zum Friedhof der Namenlosen radelte. Auf diesem alten Friedhof gibt es keine Bestattungen mehr. Er ist die letzte Ruhestätte für jene, die des Lebens überdrüssig waren und sich der Donau überließen, für jene, die die Donau wieder hergab und die nicht identifiziert werden konnten. Ein unheimlicher, romantischer Ort.

      Eigentlich wollte ich lediglich stimmungsvolle Fotos machen, aber der Attich lachte mich mit seinen kleinen, glänzend schwarzen Beeren an. Wie er sie so in die Luft streckte, schrie er gerade zu danach, gebrockt zu werden. Spezialhollermarmelade schoss es mir sofort in den Kopf. Und als ich mit meinem Mann und einigen seiner Feuerwehrhaberern und deren Lebenspartnerinnen abends im Prater war, fiel mir die Verwendung dafür ein. Gleich nachdem mich mein Mann in der Geisterbahn extra erschreckt und mit einer Hochschaubahnfahrt beglückt hatte. Dazwischen gab es einen kleinen Kraftwettbewerb beim Watschenmann. Hätte er mir nur eine einzige kleine Rose geschossen, bevor er im Schweizerhaus die Stelze mit Bier ertränkte.

      So, die Zitronensternderl trocknen friedlich vor sich hin. Die Masse für die Rumkugeln bekommt einen extra Schuss Inländerrum. Nervig, diese Backerei. Beim Drehen der Kugeln muss ich an den Prater denken. Vielleicht macht er doch noch eine Bootsfahrt bei Vollmond mit mir? Oder er spaziert einfach so mit mir durch den grünen Prater, ohne mir zu zeigen, wie weit man Kastanien werfen kann. Ach, er strotzt so vor Kraft.

      Die letzte Rumkugel kugelt in den Schokostreuseln. Draußen ist es finster, als er endlich vom Dienst kommt. Drei Einsätze heute. Ein Kätzchen retten, eine Oma hat vergessen den Herd abzudrehen, einer warf sich vor die U-Bahn. Abgekämpft greift er abwechselnd nach den Rumkugeln und den Zitronensternderln. Bald ist er vorm Fernseher eingeschlafen.

      Sicherlich hat er interessante Träume, während ich einem weihnachtlichen Blaskonzert in den Blumengärten Hirschstetten lausche. Ein Schnapserl auf den Steckerlfisch hilft bei der Verdauung. Hübsch sind die Dekorationen, so fantasievoll, so detailverliebt, so viele Leute. Da, das wäre ein Weihnachtsgeschenk für mich! Eine aus Weißblech gegossene Hexe auf einem Besen.

       … dann drei …

      Ich schlendere über die Mariahilfer Straße. Geht man so mitten auf der Straße, kommt die Weihnachtsbeleuchtung viel besser zur Geltung. Unzählige Menschen huschen im Weihnachtsstress links und rechts an mir vorbei. Was gab es nicht für Proteste, als die Mariahilfer Straße von den Autos befreit wurde. Die Geschäfte werden sterben, weil die Leute nicht mehr mit dem Auto zum Einkaufen vorfahren können. Davon ist nichts zu merken, es herrscht mehr Trubel als je zuvor. Dank der neuen Schanigarten-Verordnung schießen die Heizpilze nur so aus dem Boden. Wer will schon frieren beim Punsch trinken? Noch ein Punsch, ein Glühwein? Kein Problem, man ist mit den Öffis da, quasi mit Chauffeur.

      Auf dem Adventmarkt zwischen Natur- und Kunsthistorischem Museum genieße ich eine Semmel mit Wildschweinleberkäse. Der leichte Schneefall verwandelt sich bald in Nieselregen. Schnee in Wien, zu Weihnachten, das wäre eigentlich schon ein Wunder. Meine Gedanken beschäftigen sich bald mit einem möglichen neuen Rezept für Vanillekipferln. Es ist die letzte Chance des Jahres die Angelegenheit mit Kexerln zu erledigen. Haut es wieder nicht hin, muss ich härtere Seiten aufziehen, mir etwas Anderes einfallen lassen. Ich hasse Gewalt.

      Die Pfaffenhütchensamen gehen nicht mehr aus meinem Kopf. Ach, hat der durchtrainierte Kerl gejammert, als wir durch den Wienerwald marschierten.

      Was willst mit den Pfaffenhütchen, sind doch giftig.

      Aber nicht für die Vogerln.

      Die suchen sich schon selbst was.

      Im Winter haben sie’s so schwer.

      Du verwöhnst sie.

      Ich mag ihr Zwitschern.

      Verwöhn’ lieber mich.

      Wir könnten anschließend auf den Donauturm. Die haben dort einen fabelhaften Rostbraten und Tafelspitz.

      Und dann ins Bermudadreieck auf ein Bier, oder zwei?

      Meinetwegen.

      Und vorher ins Kino?

      Okay.

      Tags darauf fiel ihm nicht auf, dass ich die Pfaffenhütchensamen sorgfältig trocknete. Ich werde sie fein reiben, gemeinsam mit Vanillepulver und Zucker beziehungsweise Nüssen. Die perfekte Gewürzmischung für Vanillekipferln nach Art des Hauses. Zum Dank, dass er mich vor der einfahrenden U-Bahn rettete, vor die ich fast gestürzt wäre, nachdem er mich im angeheiterten Zustand geschubst hatte.

      Übrigens ist er heute trainieren, für den Internationalen Feuerwehrwettkampf – im grünen Prater, Querfeldeinlauf. Hält er mich für blöd? Das ist ja schon eine Chuzpe. Der Wettkampf war bereits im Juli. Jaja, nach dem Kampf ist vor dem Kampf. Und im Wettkampf sind wir immer alle. Irgendwie.

      Magst nicht die Vanillekipferln kosten?

      Du, ich bin so müd. Die haben uns heut ganz schön hergenommen. Ich bin mindestens zehnmal den Prater rauf und runter. Aber riechen tun s’ gut.

      Eingeschlafen. Wieder einmal. Vorm Fernseher. СКАЧАТЬ