Das Geheimnis der goldenen Brücke. Michael Kunz
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Название: Das Geheimnis der goldenen Brücke

Автор: Michael Kunz

Издательство: Автор

Жанр: Любовное фэнтези

Серия:

isbn: 9783944224145

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СКАЧАТЬ Es musste wohl das Vier- oder Fünffache von dem sein, was Lilli selbst wog. Aber ihr bemerkenswerter Wille war ungebrochen und unerbittlich, beinahe willenlos folgte sie der Pheromonspur, jene, welche sie wissen ließ, dass sie nicht vom Weg abgekommen war. Man muss wissen, dass Ameisen diesen Duftstoff versprühen, um ihren Weg zu markieren. Dadurch finden sie wieder zurück, aber auch andere Ameisen zu ihnen hin. Doch für den Fall, dass ein Regenguss die Duftstoffe wegspült, behelfen sie sich auch mit ihrem guten Gedächtnis – Ameisen erinnern sich an ihre Umgebung.

      Ihre kleinen Äuglein hatten etwas Magisches, Liebevolles und sie strahlten auch eine unbeschreibliche Selbstaufgabe aus, sodass man fast meinen konnte, ihr einziger Gedanke, der in ihr lebte, war: ‚Ich muss helfen! Gleich habe ich es geschafft!’ Manchmal hielt Lilli inne und streifte ihre kleinen Fühlerchen an ihren zittrigen Vorderbeinchen ab, um sie zu putzen. Um dann wieder, ganz behutsam und vorsichtig, nach dem Geruch des Pheromons zu suchen.

      In diesem Moment aber spürte sie noch etwas anderes: Die Luft um sie herum begann zu zirkulieren, die Temperatur schwankte plötzlich ungewöhnlich stark. Lilli bekam Angst. Besorgt beschleunigte sie ihre Schritte, dann änderte sie die Laufrichtung, mehrmals und irgendwie gegensätzlich. Aber das war ihre Ungewissheit, denn die Erschütterungen auf dem Erdboden wurden immer stärker und schienen von allen Richtungen ausgelöst zu werden.

      Hastig suchte Lilli nach der Duftspur, ihre Beinchen irrten von einer Stelle zur nächsten. Plötzlich verfinsterte sich der Himmel, ein riesiger Felsbrocken stürzte auf sie herab, die Erde begann zu beben, Druck baute sich in der Luft auf, die dann zornig dem unbeirrt fallenden Monster auswich. Lilli kam ins Wanken, ihre Beine zitterten, dann lief sie hastig davon, sie musste ihr Leben retten, rannte und rannte, panische Angst trieb sie weiter voran, hin und her hetzte sie, völlig verwirrt und verzweifelt, von der Duftspur abgekommen, und dann klappten ihre Beine plötzlich unter einer unerträglichen Last zusammen. Sie sank zu Boden, etwas presste sie noch tiefer, erdrückend, erstickend, und dann bekam sie keine Luft mehr, der letzte Atemzug wurde durch den unermesslichen Druck ausgepresst, aber ehe sie sich dessen bewusst war, wurde sie zerstampft!

      Ihre Beinchen zuckten, so, als ob sie noch sagen wollten: ‚Aber wir müssen doch noch weiter gehen und helfen. Gleich haben wir es geschafft!’ Und dann wurde es finster um ihre Augen und Lilli spürte so viel Erleichterung, so viel Wärme, dass sie all ihre Hast vergaß und friedlich starb.

      *

      Neugierig hob Peter seinen Fuß an und prüfte, ob er die Ameise erwischt hatte. „Eine Ameise mit einem Stückchen Blatt“, überlegte er halblaut, grinste zufrieden und hielt schließlich Ausschau nach anderen Krabbeltieren. Am liebsten waren ihm große Käfer, sie knackten wie Nüsse unter seinen Schuhen. Die Schnecken allerdings ließ er in Ruhe, sie waren ihm zu schleimig und klebrig und nur schwer von den Schuhsohlen abzubekommen. „Ah, hier ist noch eine Ameise“, freute er sich wieder. Und patsch!

      „Peter! Verdammt!“, ärgerte sich Erik, der erst jetzt begriff, warum Peter so seltsam hin und her hüpfte. „Warum trittst du denn auf die Ameisen?“

      „Die müssen doch sowieso sterben.“

      „Und deswegen tötest du sie, weil sie sowieso sterben müssen?“

      „Es sind doch nur zwei winzige Ameisen.“ Peter hob die rechte Hand nach oben und bildete mit Zeige- und Mittelfinger ein V, während er dabei hüpfte und überschwänglich grinste, vielleicht, um das Gesagte zu untermalen, vielleicht, um dem Vater auf gleicher Augenhöhe entgegenzutreten, vielleicht auch nur, um seine Unsicherheit herunterzuspielen.

      „Was ist bloß los mit dir?“, protestierte Erik.

      „Was soll los sein?“

      „Du kannst doch nicht einfach anderen Lebewesen Leid zufügen und dann noch Spaß daran haben!“

      *

      „Füge anderen kein Leid zu“, zischte ES, „nur dein eigenes Leid schärft deine Ohren für meine Stimme! Wenn du meine Stimme nicht hörst, meinen Schatten nicht siehst, wirst du den Weg nicht finden. Den Weg zur goldenen Brücke.“

      *

      „Na gut, Paps“, stöhnte Peter, aber seine Augen wirkten fröhlich. Er henkelte sich bei Erik ein, um zu verdeutlichen, dass er ihm seine ganze Aufmerksamkeit schenkte, während sie weiterliefen.

      „Weißt du, warum die Ameisen kleine Blattstückchen tragen?“

      „Na, warum wohl, Paps! Sie verstecken sich.“

      „Ganz sicher nicht.“

      „Dann fressen sie also die Blätter?“

      „Sie fressen auch nicht die Blätter.“

      „Dann bauen sie irgendwas daraus, oder?“

      „Nein, tun sie auch nicht.“

      „Ein Wettkampf also: Wer schafft die schwersten...“

      „Peter, das ist auch nicht richtig! Sie züchten einen Pilz auf diesen Blättern, von dem ernähren sie sich.“

      „Mensch, das wollte ich jetzt als nächstes sagen!“, schimpfte Peter empört, aber es war nur gespielte Empörung. Und gesagt hätte er es auch nicht.

      „Wir sind jetzt ungefähr einen Kilometer gegangen. Und jetzt schau dir den Laubbaum dort drüben an. Würdest du all seine Blätter abzupfen, sie auf deine Reise mitnehmen und nach jedem Kilometer ein Blatt hinlegen, könntest du unserer Erde eine wunderschöne Kette basteln.“

      „So viele Blätter hat dieser Baum?“

      „Vielleicht sogar noch mehr, aber das wissen nur sehr wenige.“

      „Und wer?“

      „Der Wind zum Beispiel. Er weiß alles. Jeden Tag fährt er wie ein Kamm durch das Laub und zählt die Blätter. Und die Wolken wissen es auch. Sie lassen ihre Tropfen herunterfallen und wenn schließlich jeder Tropfen auf einem Blatt sitzt, wissen sie genau, wie viele Blätter der Baum hat.“

      „Ich kann aber weder den Wind noch die Wolken fragen.“

      „Aber du kannst ihnen zusehen und zuhören. Hast du das schon einmal gemacht?“

      „Nein, das finde ich doof.“

      „Weil du sie nicht verstehst, stimmt’s?“, meinte Erik verständnisvoll, machte dann plötzlich einen erschreckten Gesichtsausdruck und flüsterte: „Hörst du das auch?“

      „Was meinst du? Papa, du machst mir Angst!“

      „Der Baum raschelt mit seinen Blättern. Er flüstert dir etwas ins Ohr, hör’ mal genau hin!“

      „Es hört sich lustig an, richtig fröhlich“, freute sich Peter und legte dabei seine offenen Handflächen hinter den Ohren an, als sei er schwerhörig und beide Hörgeräte zu Hause.

      „Das wollte der Baum dir auch sagen: Ich bin froh, dass du die Dinge so gut verstehst, wenn du ihnen deine Aufmerksamkeit schenkst.“

      Erik ging auf den Baum zu, breitete seine Arme aus und umarmte ihn so liebevoll, als hätte ihn der Baum soeben zum glücklichsten Menschen dieser Welt gemacht.

      „Warum machst du das, СКАЧАТЬ