Название: Rebekkas Tagebuch
Автор: Eckart zur Nieden
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783865067050
isbn:
„Leider ... “, sagte sie leise und sah uns dabei nicht an, „leider denkt Harald in diesen Dingen nicht wie wir. Er ... er ist mit dem gegenwärtigen Regime durchaus einverstanden.“
Aaron wollte ihr wohl ein wenig aus der Verlegenheit helfen, bereute sicher auch, die Frage gestellt zu haben. „Nun ja, wenn er Offizier ist ... Dazu gehört ja auch Gehorsam. Mehr noch: eine unbedingte Identifikation mit der Sache, für die man kämpft.“
„Das allein ist es nicht.“ Ich konnte sehen, wie schwer es Elisabeth fiel, das zu sagen. „Er geht ganz in dieser Ideologie auf.“
„Ist er denn auch ... “ Aaron hatte unüberlegt angefangen zu sprechen. Aber er biss sich auf die Lippen und vollendete die Frage nicht.
Elisabeth wusste allerdings, was er fragen wollte. „Ich weiß nicht, ob man ihn als Antisemit bezeichnen kann. Ich fürchte, weit entfernt davon ist er nicht.“
Eine Weile war es still. Jeder hing seinen Gedanken nach.
Dann meinte ich, etwas Tröstliches sagen zu müssen. „Du musst dir deswegen keine Vorwürfe machen, Elisabeth. Erziehung kann in diesen Dingen nicht viel bewirken. Schon gar nicht, wenn ein Sohn seine Einstellung erst als Erwachsener gefunden hat. Da ist der Einfluss der Eltern gleich null.“
Elisabeth nickte. „Nett, dass du das sagst. Aber was mich belastet, sind nicht eventuelle Erziehungsfehler. Ich bin betrübt, dass er so denkt, egal, wie er dazu gekommen ist. Es ist nicht im Sinne Gottes.“
Weder Aaron noch ich wussten etwas dazu zu sagen, obwohl wir sie gern getröstet hätten. Elisabeth sah unsere Verlegenheit und meinte: „Belastet ihr euch nicht damit! Gott wird uns, Ludwig und mir, die Kraft geben, damit fertig zu werden, wenn wir es nicht ändern können.“
Sie stieg noch zwei Stufen höher und setzte sich auf den Rand der Öffnung. „Natürlich ist es fast unmöglich für alte Eltern, an der Einstellung eines erwachsenen Sohnes etwas zu ändern. Besonders wenn diese Einstellung fanatisch ist und von der Mehrheit der Menschen seiner Umgebung gestützt wird. Ich dachte nur, als Kind und Jugendlicher in unserem Haus hätte er durch den Umgang mit der Bibel und christusgläubigen Eltern gefestigt sein müssen. So gefestigt, dass diese antigöttliche Ideologie bei ihm keinen Nährboden hätte finden können. Aber das war ein Irrtum.“
Nachdem wir alle drei wieder einige Zeit geschwiegen hatten, sah Elisabeth plötzlich auf. „Oh – entschuldigt! Ich habe euch mit meinen Sorgen belastet, dabei sind doch eure Sorgen viel größer! Reden wir nicht mehr davon!“
„Aber Elisabeth!“, sagte ich. „Wir wären wirklich sehr egoistisch, wenn wir die Sorgen der Menschen nicht mittragen wollten, die unsere größeren Sorgen mittragen! Die unsere Sorge zu ihrer eigenen machen! Und das ganz praktisch. Wir danken dir für den Vertrauensbeweis, dass du uns an deinem Kummer teilhaben lässt.“
Ich rückte ein wenig näher und legte die Hand auf ihre Schulter. Sie lächelte mich dünn an.
„Ihr müsst aber keine Angst haben“, sagte sie dann. „Wenn Harald Fronturlaub hat, besucht er Frau und Kind in Wuppertal. Hierher kommt er nicht. Unser Verhältnis ist viel zu ... wie soll ich sagen? ... angespannt, als dass er von den wenigen Tagen Urlaub noch einige bei seinen total altmodisch denkenden Eltern verbringen würde.“
„Das klingt bitter“, stellte Aaron leise fest.
„Ich weiß, bitter soll man nicht werden. Aber, offen gesagt: Ich fürchte, innerlich haben wir unseren Sohn verloren, auch wenn er natürlich unser Sohn bleibt. Und wenn unsre Liebe ihm weiter gilt.“
Ich sagte: „Wohl wissend, dass es kein Trost ist, sage ich es trotzdem: Wenn ihr auch euren Sohn innerlich verloren habt, mit uns habt ihr Freunde gewonnen. Freunde, die euch allerdings nichts nützen, eher belasten. Und wenn es stimmt, was Ludwig neulich sagte, dass Gott irgendwann einmal fragen wird, wo ihr Bedürftigen geholfen habt, dann zeigt auf uns.“
Aaron tadelte mich: „Ach, Rebekka! Es stimmt zwar, dass wir dankbare Freunde sein wollen, aber du kannst uns doch nicht mit ihrem Sohn vergleichen!“
Ehe ich antworten konnte, meinte Elisabeth: „Lass nur, Aaron! Ich weiß, wie Rebekka es meint. Und ich danke ihr dafür. So – jetzt muss ich mich aber um die Hühner kümmern. Und um die Schweine. Und ich meine nicht die Nazis.“
Sie lächelte uns an, während sie rückwärts die Leiter hinunterstieg.
6
Ein schmutziger kleiner LKW fuhr auf den Hof, und ein Mann in ölverschmiertem blauem Arbeitsanzug stieg aus. Zielstrebig ging er auf die Tenne zu, in der Harald Born seinen Oldtimer stehen hatte.
Stefanie sah ihn durchs Fenster und kam auf den Hof. „Guten Morgen. Kann ich Ihnen helfen?“
„Ich bin angemeldet“, sagte der Fremde. „Ich soll den Wagen von Herrn Born ... “
„Ist schon in Ordnung!“, rief Harald vom Fachwerkhaus aus und kam herüber. „Ich habe Herrn Wehmeier hergebeten, wieder mal“, erklärte er der Frau seines Enkels. „So ein Oldtimer muss immer mal bewegt werden. Und kontrolliert.“
Der Mechaniker nickte. „Und es gibt Teile, die lösen sich auf, auch wenn man gar nichts damit macht. Dichtungen zum Beispiel.“
Harald Born öffnete die beiden hölzernen Flügel. Da stand das Prachtstück, beigefarben und leicht verstaubt.
„Da geht einem das Herz auf!“, behauptete Herr Wehmeier mit einem Blick auf den alten Wagen. „Eine echte Borgward Isabella! Ein Schatz aus einer anderen Zeit!“
Stefanie konnte die Begeisterung der beiden Männer für das alte Auto nicht nachvollziehen. Sie wollte sich wieder zurück an ihre Hausarbeit begeben, entschloss sich dann aber doch, noch eine Weile zuzusehen.
Wehmeier setzte sich in das Auto und wollte es offenbar starten, was aber nicht ging. Lag das an der Batterie? Stefanie hatte keine Ahnung von so etwas. Sie musste aber wohl mit ihrer Vermutung recht gehabt haben, denn der Mechaniker fuhr nun sein eignes Auto dichter heran, klappte beide Motorhauben hoch und stellte eine Kabelverbindung her. Tatsächlich lief bald der Motor des alten Borgward.
Wehmeier fuhr seinen eigenen Wagen etwas zur Seite, um für den Oldtimer den Weg frei zu machen, stieg in diesen ein und fuhr ihn auf den Hof.
„Hier ist mehr Licht und mehr Platz“, sagte er zu dem stolzen Besitzer. „Ich sehe mir erst mal alles an, und dann fahre ich in meine Werkstatt. Heute Abend, spätestens morgen, bringe ich ihn wieder her. Mein Auto lasse ich solange hier stehen. Da stört es doch niemanden, oder?“
„Ist recht, Herr Wehmeier“, nickte Harald.
„Setzen СКАЧАТЬ