Rebekkas Tagebuch. Eckart zur Nieden
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Читать онлайн книгу Rebekkas Tagebuch - Eckart zur Nieden страница 10

Название: Rebekkas Tagebuch

Автор: Eckart zur Nieden

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783865067050

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СКАЧАТЬ da gerade in Pauls Werkstatt die Schleifmaschine anfing zu laufen und ein kreischendes Geräusch zu machen.

      Offenbar fiel die Kontrolle der Lichter befriedigend aus. Herr Wehmeier setzte sich nun wieder hinter das Steuer des Borgward und kurvte ein wenig auf dem Hof herum.

      Stefanie fragte: „Sag mal, Großvater, willst du dir nicht mal ein neues Auto kaufen? Ich meine, es kann ja ruhig gebraucht sein, aber nicht so uralt wie das. Bei dem weißt du ja nie, ob du auch da ankommst, wo du hinwillst.“

      „Ich fahre ja sowieso nicht damit. Wo sollte ich denn hinfahren?“

      „Na, da muss man doch erst recht fragen, warum du die alte Kiste noch behalten willst und pflegen lässt.“

      „Das verstehst du nicht. Es ist ein wertvoller Oldtimer. Der dient nicht zum Fahren, jedenfalls nicht hauptsächlich.“

      „Sondern? Als Geldanlage?“

      „Auch. Aber vor allem als Liebhaberstück.“

      Der Mechaniker hielt kurz an, öffnete die Tür und rief: „Alles klar. Ich fahre dann.“ Er legte den Gang ein und ließ behutsam die Kupplung gehen. Sanft fuhr das alte Auto vom Hof.

      „Dass man an so etwas Freude haben kann!“, staunte Stefanie und grinste Harald an. Sie sagte nicht, was ihr auch durch den Kopf ging: Besser, er beschäftigt sich mit einer alten Limousine als mit einem Panzer. Na ja, das ginge wohl schlecht. Aber mit Waffen und solchen Dingen.

      „Weißt du, Stefanie, wenn man so jung ist wie du, blickt man in die Zukunft. In meinem Alter blickt man in die Vergangenheit. Du musst dich nach vorn ausrichten, Pläne machen, von Dingen träumen, die du erreichen willst. Bei mir kommt nicht mehr viel. Ich beschäftige mich mehr mit dem, was war.“

      „Das verstehe ich“, nickte die junge Frau.

      „Und zu dem, was war, gehört auch meine alte Luxuslimousine. Übrigens – sie kann auch eine Bedeutung für die Zukunft bekommen. Wenn ich mal gestorben bin, könnt ihr sie verkaufen. Sie hat einen hohen Wert.“

      „Hast du sie schon mal schätzen lassen?“ Sie grinste, um nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, sie warte auf den Erbschaftsfall.

      „Du wirst überrascht sein, denke ich. Positiv überrascht.“

      „Dass du noch eine Weile am Leben bleibst, ist wichtiger als dein Erbe“, schob Stefanie sicherheitshalber nach.

      „Danke! Sehr freundlich.“

      „Zumal wir ja gerade reich beschenkt worden sind.“

      Harald nickte. „Ich habe es gehört. Erst von Leoni, dann von Paul und schließlich von Thea. Erstaunlich! 25.000 Mark!“

      „Du kannst dir nicht denken, wer der edle Spender ist?“

      „Ich kann es mir durchaus denken. Aber meine Tochter bestreitet es vehement.“

      „Pauls Vater?“

      „Natürlich. Wer sonst? Auch wenn Thea behauptet, der lebt nicht mehr.“

      Harald setzte sich auf eine alte, grobgezimmerte Bank, die vor dem Haupthaus stand und auf der wohl frühere Generationen von Bauern pfeiferauchend gesessen und den Feierabend nach der harten Feldarbeit genossen hatten.

      Stefanie setzte sich neben ihn, nachdem sie den Staub von der Sitzfläche geblasen hatte.

      „Warst du – hoffentlich nimmst du es mir nicht übel, wenn ich das frage –, warst du sehr böse, als deine Tochter ein Kind bekam, ohne verheiratet zu sein? Ich meine, damals waren die Moralvorstellungen ja noch nicht so locker wie heute.“

      „Natürlich war ich zunächst – nun, sagen wir: nicht besonders glücklich. Böse war ich ihr nicht. Das sage ich ganz ehrlich. Nur darüber war ich ihr böse, dass sie mir weder verraten wollte, von wem das Kind ist, noch etwas unternahm, um alles in ordentliche Bahnen zu lenken. Sprich: den Mann zu heiraten.“

      „Sie sagt, der lebt nicht mehr.“

      „Das habe ich immer für eine Ausrede gehalten.“

      Sie schwiegen eine Weile. Das Schleifen aus Pauls Werkstatt war inzwischen in ein Hämmern übergegangen.

      Dann ergriff der alte Mann noch einmal das Wort. „Du darfst aber nicht denken, dass ich gegenüber Paul voreingenommen bin, weil er nicht aus einer ordentlichen Ehe stammt. Wäre Thea verheiratet, wäre Paul kein besserer Enkel als jetzt. Ich habe ihn gern. Und besonders meine Urenkelin.“

      Dann fiel ihm noch etwas ein: „Und dich selbstverständlich auch!“

      Stefanie schmunzelte, wurde aber gleich wieder ernst. „Leoni liebt dich auch.“

      Er nickte. „Paul hat mit mir gesprochen, ich soll ihr nichts vom Krieg erzählen. Thea hat das auch schon gesagt. Ich bin zwar nicht überzeugt, dass ihr das schaden würde, aber ich akzeptiere euren Wunsch.“

      „Danke! Verstehst du, ich will verhindern ... “

      Harald hob die Hand und schnitt ihr damit das Wort ab. „Ist gut. Lass uns nicht darüber diskutieren. Ich halte mich an eure Erziehungsgrundsätze. Punkt.“

      Wieder schwiegen beide. Die Katze kam angeschlichen, blieb vor Stefanie sitzen, sah zu ihr auf und miaute. Dann sprang sie mit einem Satz auf ihren Schoß. Stefanie kraulte sie am Hals.

      „Ja, die Erziehungsgrundsätze ... “, murmelte Harald überlegend. „Manches ist so völlig anders als zu meiner Zeit, dass ich es überhaupt nicht verstehe. Was muss das früher für die Alten eine befriedigende Situation gewesen sein, zu beobachten, dass die Kinder und Enkel ihre Wertvorstellungen übernommen haben. Der Urenkel des Bäckers wollte genauso erfolgreich Brot backen wie der Urgroßvater, der Kaufmann das Geschäft des Gründers von vor vielen Generationen weiterführen, und der junge Ritter wollte genau so ein Kriegsheld werden wie sein Ahnherr, den irgendein König vor Jahrhunderten zum Ritter geschlagen hatte.“

      „Da hast du recht, so ist es heute nicht mehr. Sonst müsste Paul ein Bauer sein. Aber du warst ja auch schon keiner.“

      Darauf ging der Alte nicht ein. „Bei manchen Dingen habe ich den Eindruck, heute wird genau so gedacht wie vor meiner Jugend. Bei uns gab es so viel Neues, das uns begeistert hat. Es fiel uns wie Schuppen von den Augen, und auf einmal sahen es alle so. Zum Beispiel die Größe unseres Volkes. Oder die Fehlentwicklung der Weimarer Demokratie. Oder das Verderben, das durch die Juden kam. Aber alle diese Gedanken und Erkenntnisse sind verschwunden. Man darf noch nicht mal davon reden.“

      Stefanie erschrak. Und sie beschloss, auch nicht davon zu reden. Er hatte ja schon deutlich gemacht, dass es keinen Sinn hatte zu diskutieren. Klar: Der alte Mann hatte seltsame Ansichten. Aber sonst war er ein netter Großvater und Urgroßvater. Ändern würde sie ihn nicht.

      Leoni kam über den Hof gelaufen.

      „Da bist du, Mama! Ich habe dich gesucht!“

      „Setz dich zu Uropa, Leoni, und nimm Muschi auf den Schoß. Die ist anscheinend zurzeit besonders anlehnungsbedürftig. Ich muss bügeln.“

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