Stein mit Hörnern. Liselotte Welskopf-Henrich
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Название: Stein mit Hörnern

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Исторические приключения

Серия:

isbn: 9783938305645

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СКАЧАТЬ Inspektionstage.

      Blieb noch die Frage, wie und wo sich Sidney am zuverlässigsten über das Befinden von Joe King unterrichten konnte. Die Bemerkungen des Vaters Bighorn und Mr Browns erschienen ihm unsicher, vielleicht übertrieben.

      Es war für Sidney aber notwendig, die Aktionsfähigkeit oder -unfähigkeit seines bisher gefährlichsten Gegners richtig zu beurteilen, wenn er nicht überraschende Rückschläge erleben wollte. Er beschloss daher, sich ohne Scheu an die kompetente Stelle zu wenden, an den Chefarzt des Hospitals.

      Als Angehöriger der Distriktverwaltung wurde er bei Roger Sligh, M. D., nach der Wartezeit von einer Stunde vorgelassen.

      Sligh saß in seinem hellen großen Sprechzimmer und musterte den jungen Indianer und Beamten mit jenem Sarkasmus, dessen der Unabhängige und doch irgendwie Abhängige am ehesten fähig ist. Sligh war nach seinem gegenwärtigen Status dem Gesundheitsdienst unterstellt, aber nicht der Verwaltung.

      Sidney grüßte respektvoll, wurde jedoch nicht aufgefordert, Platz zu nehmen.

      »Bitte, was wollen Sie wissen? Ich kann Ihnen nur Auskünfte geben, sofern sie meine ärztliche Schweigepflicht nicht verletzen.«

      Das klang nicht sehr ermutigend.

      Sidney riss sich zusammen. Er hatte das Gefühl, dass der Chefarzt in irgendeiner, wenn auch noch nicht genau definierbaren Weise sein eigner Typ sei, und eben das beunruhigte ihn, denn mit solchen Menschen war es schwer, aufrichtig zu sprechen.

      »Mr Sligh, es geht um Folgendes. Ich bin zur Inspektion der ökonomischen Verhältnisse dieser Reservation und zur Kontrolle der Entwicklung der Kriminalität hierher gesandt. Das letzte spielt für unser Gespräch keine Rolle …«

      Sligh lächelte mit wachsender Bosheit; auch er hatte sofort sein jüngeres Spiegelbild erkannt, was Ehrgeiz und eine gewisse Skrupellosigkeit betraf, die bei dem jungen Beamten bedeutend weniger Zäune und Hindernisse finden mochte, als es im Rahmen der strengen Berufspflichten eines Arztes der Fall war.

      »Sie kommen also weder als Kriminalist noch als Privatdetektiv zu mir, mein Lieber. Das ist beruhigend. Kriminalität spielt tatsächlich weder bei mir noch bei Ihnen eine Rolle. So lange jedenfalls nicht, wie unsere Gesetzbücher nicht grundlegend umgestellt werden.«

      »Ich verstehe nicht ganz.«

      »Gut, gut, dann träumen Sie auch nicht schlecht. Ich meine, wenn diejenigen, die Gesetze machen, eines Tages beschließen würden, Intrigen und Bürokratie mit Zuchthaus und Todesstrafe zu bedenken, einen einfachen, ehrlichen Totschlag aber mit Bewährungsfrist abzutun – ja, was dann? Was meinen Sie von Ihrem Ressort aus?«

      Sidney versuchte, gewollt zu lachen, da er darin aber nicht geübt war, geriet der Versuch nicht und es kam nur ein hilfloses Meckern zustande.

      »Ich sehe, Sie haben sich zu diesem Punkt noch keine Gedanken gemacht. Sie sind unschuldig, Sie sind jung. Also kommen Sie mit Ihrem Anliegen heraus, Mr Bighorn.«

      Sidney wurde wieder einmal rot. Es ärgerte ihn, dass er rot wurde. Er musste über Mittel nachdenken, mit denen er solche Unzulänglichkeiten eines Anfängers endlich überwinden konnte. Er musste sich auch eingestehen, dass er irgendwie verwirrt war und nicht eben geschickt angeknüpft hatte.

      »Also, worauf soll es denn nun eigentlich hinaus, Mr Bighorn?«

      »Auf die Entscheidung darüber, Doktor, wie wir die Schulranch weiterführen können. Miss Booth ist überlastet. Ranch – Rat – Kind. Mr King fällt vorläufig ebenfalls aus. Hauptamtliche Kräfte einzustellen ist im Vergleich zu den vorhandenen Mitteln zu teuer. Besteht nach Ihrem Urteil Aussicht, dass Mr King in absehbarer Zeit wieder für die Schulranch tätig sein kann?«

      Sligh lächelte vor sich hin, dann griff er an.

      »Mr Bighorn, die Schulranch ist Sache des Stammesrates, nicht der Verwaltung. Soviel habe ich in der kurzen Zeit meines Aufenthaltes hier auf dieser Reservation schon gelernt, obgleich mich das dienstlich nichts angeht. Wenn die Herren des Stammesrates etwas von mir zu erfahren wünschen, so stehe ich in meiner Sprechstunde zur Verfügung. Ich denke, dass Ihnen mit dieser Auskunft gedient ist.«

      Sidney Bighorn zog sich zurück.

      In der Aus- und Eingangshalle des Krankenhauses begegnete er dem Verwaltungsdirektor Walker, der Sidney beim Kommen zu dem richtigen Zimmer gewiesen hatte.

      »Nun? Alles erledigt?«

      Sidney kämpfte um eine Antwort, in der sich Zurückhaltung, Missvergnügen und Anspruch mischen sollten. Er kämpfte etwas lang.

      »Hat Sligh Sie rausgeworfen? Dazu ist er imstande. Nicht nur Ihnen gegenüber.«

      Sidney fühlte sich erleichtert. Walkers burschikoser Ton gab neue Möglichkeiten.

      »So ungefähr. Ich hatte nur wissen wollen, ob Mr King in absehbarer Zeit wieder auf der Schulranch tätig sein kann. Wir brauchen Lehrkräfte.«

      »Die nichts kosten! So ist es doch? Aber mit dem Namen King können Sie Dr. Sligh nicht kommen, das ist ein neuralgischer Punkt bei ihm. Besuchen Sie doch einfach selbst diesen Mr King.«

      »Wann ist Besuchszeit?«

      »Das weiß ich nicht. Er liegt ja nicht hier, sondern in der Privatklinik Dr. Miller. Mit Ihrem Dienstwagen ist das kein Problem, und in einer Privatklinik wird es mit der Sprechzeit für Patienten nicht so genau genommen. Dann fragen Sie Mr King auch gleich, warum er den Zettel mit der Adresse von Mr Sligh verschluckt hat. Mr Sligh möchte das gern wissen.«

      Sidney sank der Unterkiefer vor Erstaunen und Eifer herunter. Er musste ihn rasch wieder hochklappen, ehe Speichel herauslief.

      »Ja, danke. Ich werde gern versuchen, Dr. Sligh in dieser Sache behilflich zu sein.«

      »Sonst noch etwas?«

      »Nein. Aber vielleicht ist es für Dr. Sligh nicht uninteressant zu erfahren, dass King zweimal mit Leonard Lee zusammen auf der Anklagebank gesessen hat. Leonard Lee soll sich Pressemeldungen zufolge nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus der Polizeiaufsicht sofort wieder entzogen und nach dem Westen gewandt haben.«

      Walker schob das Kinn vor. »Ja. Das habe ich, wenn ich mich recht entsinne, auch gelesen. Welche Verbrechen hat Lee zuletzt begangen?«

      »Rauschgiftschmuggel und Mordanschläge. Auch eine gewisse Rauschgifthändlerin Esmeralda O’Connor wird schon wieder gesucht. Lilian Horwood hat die beiden beobachtet, ehe sie abermals verschwunden sind.«

      Walker schaute Bighorn lange an. »So, so.«

      Der Verwaltungsdirektor wurde von anderer Seite in Anspruch genommen. Sidney Bighorn verließ das Krankenhaus, schon entschlossen, an einem Wochenende zu der Privatklinik Dr. Miller zu fahren. Jedoch nicht mit dem Dienstwagen.

      Es war ein Donnerstag, an dem Mr Sidney Bighorn und Mrs Hamilton wieder in den Büros der Distriktverwaltung auftauchten. Am Freitag machte Sidney seinen Bericht fertig. In der Nacht zum Sonnabend startete er bereits mit seinem Privatwagen und erreichte am frühen Nachmittag die Klinik, in der er den Patienten Joe King besuchen wollte. Während der Fahrt hatte er Fangfragen, die er stellen, und ausweichende Antworten, die er erhalten konnte, in ihrer Wirkung und ihrem Ergebnis gegeneinander abgewogen.

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