Название: Ein Kommissar läuft Amok: Ein Kubinke Krimi
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Автор
Жанр: Ужасы и Мистика
isbn: 9783956179297
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„Ich nehme an, manche Dinge werden wir wohl nur vor Ort herausbekommen”, meinte ich.
4
Jörg Rustow streckte die Arme aus und gähnte. Der breitschultrige, fünfzigjährige Mann bewohnte ein Penthouse hoch über den Dächern von Essen. Er ging durch die Glastür hinaus in den dazugehörigen Dachgarten - einen der größten seiner Art.
Ein wolkenloser Himmel wölbte sich über Essen. Man hatte eine hervorragende Sicht, die bis in das Umland reichte. In der Ferne flimmerte die Luft.
„Sieh dir das an, Bella!”, rief Jörg. „Meine Stadt! Sie liegt mir zu Füßen.”
Rustow trug einen weißen Morgenmantel und war barfuß. Ein Teil des Dachgartens wurde von einem Swimmingpool eingenommen. Rustow streckte den Fuß ins Wasser und zog ihn wieder zurück. „Irgendwas stimmt mit der Wassertemperatur nicht. War der Typ noch nicht da, der das reparieren wollte? Bella? Vielleicht muss man dem Arschloch mal ein bisschen Feuer unter dem Hintern machen.” Rustow drehte sich um. Durch die offene Tür konnte er in das weitläufige Wohnzimmer sehen. „Isabella? Warum gibst du keine Antwort? Scheiße noch mal, bist du taub geworden?”
Er ging zurück, trat durch die Tür, und dann entdeckte er sie. Sie war nackt. Das dunkle Haar fiel ihr weit über den Rücken. Sie kniete vor einem niedrigen Glastisch. Mit einem Röhrchen sog sie eine Linie aus pulverförmigen Kokain in ihr rechtes Nasenloch. Ein schnaufendes Geräusch entstand dabei.
„Nimm nicht so viel von dem Scheißzeug”, sagte Rustow. „Das macht die Nasenschleimhäute kaputt. Außerdem ist es teuer.”
Sie beachtete ihn gar nicht weiter. Ihre Augen waren geweitet. Die blanke Gier sprach aus ihrem Gesicht. Sie brauchte jetzt ihren Stoff und eigentlich wusste Jörg Rustow auch, dass sie dann mehr oder weniger nicht ansprechbar war. Es hatte keinen Sinn, ihr dann etwas zu sagen. Sie hörte in diesen Momenten sowieso nicht zu.
„Nimm die Pillen, die ich dir gegeben habe. Die machen auch gute Laune - und sind billiger. Und außerdem nicht so schädlich.”
Sie war schließlich fertig. Einen Moment schloss sie die Augen. Und es dauerte einige Augenblicke, bis sie wieder einigermaßen bei Sinnen war.
„Ich mag deine Pillen nicht”, sagte sie dann.
„Wieso nicht?”
„Weil Sie nicht immer gute Laune machen.”
„Ach, nein?”
„Manchmal auch das Gegenteil davon.“
„Nur, wenn du zuviel nimmst.”
„Das hier ist besser”, war sie überzeugt. „Übrigens ist die Zeitung vorhin gekommen. Es steht was drin, was dich interessieren wird.”
„So?”
„Über den irren Polizisten. Der, der in dem Einkaufszentrum herumgeballert hat.”
„Marenberg ...”, murmelte Rustow.
„Ist das nicht der Typ, der dir immer im Nacken gesessen hat?”, fragte Bella, die sich jetzt inzwischen erhoben und auf dem Boden verstreute Kleidungsstücke aufzusammeln begann. „Im Moment wird ja überall davon berichtet. Aber der Name kam mir irgendwie bekannt vor.”
„Du hast recht, das ist der Typ, der mir was anhängen wollte”, gab Jörg Rustow zu. „Scheiße, wer hätte gedacht, dass er auf diese Weise aus dem Spiel genommen wurde ...”
Die Zeitung lag auf einem Ledersofa, das zu einer anderen Sitzecke in dem weitläufigen Wohnzimmer gehörte, die um einen riesenhaften Flachbildschirm gruppiert war. Auf dem Flachbildschirm war im Moment der Blick auf ein virtuelles Aquarium mit großen, exotischen Fische zu sehen. Aber Fernsehen konnte man dort natürlich auch. Und abgesehen davon war Jörg Rustow ein Fan von Western-Filmen, die er sich dort ansah. Mit Dolby Surround Sound hörte man dann die Kugeln fliegen.
Die Zeitung war auseinandergefleddert. Das gehörte zu den Dingen, die er an Bella hasste. Sie zerfledderte die Zeitung, ehe er sie gelesen hatte.
Der Artikel über den Amoklauf des örtlichen Kripo-Chefs war allerdings schnell zu finden. Die Überschrift war groß genug. Jeden Tag stand jetzt etwas darüber drin.
‘Was machte Kripo-Chef Marenberg verrückt?’, lautete diesmal die Überschrift.
Die wissen nichts, diese Lohnschreiber!, dachte Rustow.
Inzwischen hatte Bella sich halbwegs angezogen. Und vor allem schien sie ihre Gedanken wieder beieinander zu haben.
„Hast du eigentlich irgendwas damit zu tun, Jörg?”
„Womit?”
„Na, damit, dass dieser Bulle plötzlich durchdreht.”
Rustow drehte sich zu ihr um.
„Red nicht so einen Scheiß!”, sagte er.
„Ist doch schon komisch”, meinte sie und kringelte eine Strähne ihres langen Haares um den Finger. Sie spielte damit herum. „Ausgerechnet der Bulle, der sich wie ein Terrier in deine Waden verbissen hatte, macht einen so spektakulären Abgang.”
„Hör zu! Wenn du weiter regelmäßig deinen Schnee haben willst und außerdem noch etwas Geld, um dir diese bekloppten Schuhe zu kaufen, von denen du schon mehr als genug hast und in denen du sowieso nicht laufen kannst, wenn du vollgedröhnt bist, dann fragst du mich so was nie wieder, klar?”
„Ich meine ja nur ... Wenn ich auf diesen Gedanken komme, dann kommt doch vielleicht auch jemand anderes darauf. Hast du darüber mal nachgedacht, Jörg?”
„Überlass mir das Denken! Bei dir kommt da ohnehin nur Mist raus!”
Sie lachte. Ein überdrehtes, hysterisches Lachen, das vielleicht daher kam, dass sie nicht nur Kokain genommen, sondern vorher auch noch etwas zu viel von dem Whiskey getrunken hatte, den Jörg Rustow immer in großzügigen Mengen vorrätig hatte. „Du redest immer noch wie ein Lastwagenfahrer”, sagte sie. „Kann ja sein, dass du dich hier oben wie der Herr von Essen fühlst, und es kann auch sein, dass du nur schnipp machen musst und irgendein Typ kommt mit einer Maschinenpistole und räumt ein paar Leute für dich aus dem Weg, nur weil ihre Nasen dir nicht passen ...”
„Hör auf! Es ist ekelig, wenn du betrunken bist!”
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