Название: Paul
Автор: Juliane Baldy
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
Серия: Debütromane in der FVA
isbn: 9783627022822
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»Da kämpfen sich so viele Minileben einen ab. Und wir kriegen das gar nicht mit. Sind einfach nur da.«
Ich muss lachen. Ein bisschen. Minileben. Nice. Das Wort. Minileben. Sie rückt ein bisschen ran. Nicht auffällig und auch nicht von wegen Lass mal rumlecken oder so. Eher wie Huch, ich muss mal kurz rücken, damit ich dieses Glibberding nicht zerquetsche.
Marko schon wieder.
»Eieiei. Mach dich locker. Ida. Andere Söhne haben auch schöne Väter. Alex ist ein Arsch. Brauchst nicht traurig sein.«
»Als ob ich wegen dem hier bin.«
Ida hat voll die schöne Lache.
»Der hat echt ultra lange auf dich gewartet. Und wenn du ficken willst. Ich bin bereit.«
Marko meint das ernst.
»Komm schon. Ich zeig dir, wo der Mond seinen Hammer hat.«
Der spinnt doch. Ida rührt sich nicht. Dann check ich, dass das wohl mein Part ist. Jetzt.
»Mach du dich locker.«
»Willste auch mal einführen, oder was? Kommt schon jeder dran. Schön hinten anstellen, Digger.«
Der Spinner will Ärger. Ich kann so was eigentlich nicht. Ich musste das nie. Ich hab echt immer anti Konflikt geschoben, geschworen. Immer. Und jetzt das.
»Sag mal, checkst du es nicht?«
Ich packe Marko und stoße ihn weg. Es ist viel einfacher, als ich dachte. Er ist so dicht, dass er direkt hinfällt. Plumpst. Hinplumpst. Die anderen gucken gar nicht. Marko murmelt und macht sich davon.
»Siehst du. Es gibt Schlimmeres als WLAN-Sperre. Hirnsperre zum Beispiel.«
Ich glaube, sie meint Marko. Hoffe. Verdammt.
»Der kapiert einfach nicht, dass man auch mal nur so. Dahocken kann. Hier. Sorry.«
Ich stammel voll. Hoffentlich findet sie mich jetzt nicht minus.
»Danke.«
Das sagt sie nicht nur, weil sie denkt, das jetzt sagen zu müssen. Nein. Das sagt sie voll dankbar. Dieses Danke. Und dann hocken wir einfach nur da. Ich weiß nicht, wie lange. Das ist wie. Piece of cake. Hatten wir mal in Englisch. Das heißt wohl so was wie Himmel auf Erden. Wenn ich das richtig abgespeichert hab. Ich finde Kuchenstück aber viel geiler. Was weiß ich, wie der Himmel und ob der Himmel überhaupt. Aber Kuchen geht immer.
»Du hast ein Tier getötet.«
Fuck. Nein. Alter, das Glibberding ist Matsche.
»Was? Nein. Noch nie.«
»Eine Mücke. Eine Spinne. Eine Wespe. Fliege. Käfer. Wurm. Ameise.«
Ich muss lachen. Ich fand ewig nichts mehr so witzig.
»Okie. Klaro. Sorry.«
Sie lacht nicht. Ich habs vergeigt.
Und dann. Echt. Sie schaut mich an und grinst.
»Ich muss los.«
Sie ist wohl doch nicht so happy.
»Klaro.«
Ich hab keine Ahnung, was ich sonst sagen soll. Ist ja nicht so, dass ich das ständig tu. Mit der Megabraut auf ner Mauer. Kann sie ja schlecht fragen, einfach so, ob ich sie. Mann, ich komm mir wie der letzte Loser vor, und morgen sind Ferien. Sechs Wochen Sendepause. Noch nie war ich so anti Ferien.
»Kommst du ein Stück mit? S-Bahn-Lichter gucken?«
Sie ist aufgestanden, und ich Trottel denk an Ferien und nicht Ferien, und sie fragt mich, ob ich mitkomme. Echt jetzt.
»Klaro.«
Ich könnte ausrasten. Immer noch nasse Pfoten. Das klingt voll peinlich, aber steh du da mal mit der Wahnsinnsbraut. Und dann gehen wir tatsächlich. Wir gehen zusammen den Berg, Berg ist übertrieben, Hügel halt, den gehen wir runter. Als die anderen uns nicht mehr sehen, nimmt sie meine Hand. Einfach so. Sie sagt nichts. Wir gehen den Stuhü runter, und sie hat meine Hand. In ihrer. Ich sag auch nichts. Ich denke viel zu viel. Vor allem an die nassen Pfoten. Hoffentlich merkt sie das nicht. Ich trau mich gar nicht, sie anzugucken. Es ist ja nicht so, dass ich immer fürs Labern bin, aber gar nicht labern ist auch komisch. Es rattert nur in meinem Hirn. Ob ich sie fragen soll, ob ihr kalt ist, ob sie noch zu Macces will, ob sie ein Monatsticket hat, ob sie es weit hat nach Hause, nur ob ob ob. Und dann wie wie wie. Wie ich mich. Wie ich sie fragen soll, wann wir uns wiedersehen, wie ich versuchen soll, sie zu küssen, wie ich jemals wieder diese verdammte Pfote waschen soll.
»Schreibst du mir?«
Das sagt sie so gar nicht aufgeregt. Voll locker eher. Cool halt.
»Klaro.«
Mir fällt einfach nichts anderes ein. Sie lässt meine Hand los, schaut so, und, was, ihre Lippen da, auf meinen, ganz schnell, kurz, viel zu kurz, kann da gar nicht reagieren, Schockstarre. Dann geht sie hoch. Zur S-Bahn. Ich steh da. Wie ein Trottel. Glotz nur. Auf die Treppe. Stufe für Stufe. Sie dreht sich nicht um. Mann. Ich hör die S-Bahn, seh sie nicht mehr, logisch.
Lauf ich halt los. Ich bin echt nicht so für einfach rumlaufen. Kein Plan nur, was ich machen soll. Ich lauf die ganze scheiß Greifswalder hoch. An der Ecke gibt es den besten Döner. Die ganze Nacht. Mir ist nicht nach Döner. Mir ist schlecht. Nicht schlecht schlecht. Gut schlecht.
Keinen Schimmer, wo sie wohnt, und in welche Richtung ich müsste, damit die Chancen steigen, sie zufällig zu treffen. Und dann so Nein, du, hier, hey, was für ein Zufall, wusste gar nicht, dass du hier, egal. Weiß ich ja auch nicht. Also Richtung Homebase.
Vorm Supermarkt hockt dieser Penner. Der mit dem Einkaufswagen.
»Na du Pisser! Was glotzte?«
Ich halte die Klappe, logisch, anti Konflikt. Er zieht sich aus, eine Frau redet auf ihn ein. Jeden Tag eine gute Tat. So eine ist das. Oder sie ist einfach nur dicht. Mich kümmert das nicht. Ich find den nur eklig. Der hängt oft auch vor der Sparkasse ab und rotzt vor sich hin. Immer so ein Miniradio an. Er stinkt wahnsinnig. Nein. Stopp. Das ist gelogen. Ich kann gar nicht sagen, wie er riecht. Er sieht nur aus, als würde er mega stinken. EGAL.
2
Beste Lage, sich die Kugel zu geben. Spießiger geht kaum. Auf der einen Seite Platte, auf der anderen wir. Wir, das sind Mutter-Vater-Kind-Butzen oder Rentnerhütten. Wir sind die Einzigen in diesem kack Verein, die den Rasen nicht jede Woche mähen. Das ist ganz korrekt von Mutter.
Fuck. Noch Licht in der Küche. So was von null Bock jetzt. Wie war denn dein Abend. Erzähl doch mal. Immer dieses Erzähl doch mal was, nie erzählst du was. Zu spät.
»Bis morgen. Pass auf die Gabi auf.«
Und СКАЧАТЬ