Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021. Alfred Bekker
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СКАЧАТЬ Talent, das ihr gegeben war, ihr Auskommen finden und war dabei freier als sie es je zuvor in ihrem Leben gewesen war. Allerdings blieb es ihr immer Anlass zu höchster Wachsamkeit, was ihrem Vater einst in Bian, der glorreichen Hauptstadt des Himmelssohnes widerfahren war. Das Glück, das auf dem Wohlwollen mächtiger Männer ruhte, konnte sich im Handumdrehen in sein Gegenteil verkehren, wenn der Stern dieser Männer plötzlich fiel. Doch an diese Möglichkeit mochte Li im Augenblick lieber nicht denken.

      Eher dachte sie daran, dass es in ihrem Leben trotz der überaus glücklichen Wendung, die ihr Schicksal genommen hatte, seit sie den Boden des Neuen Romas betreten hatte, ihr Glück noch einen entscheidenden Mangel hatte. Einen Mangel, dessen sie sich aufs Neue und stärker als je zuvor bewusst geworden war, als Arnulf von Ellingen plötzlich vor der Tür ihrer Werkstatt gestanden hatte.

      ––––––––

      Als sie den Palast verlassen hatten, gingen sie durch die erleuchteten Hauptstraßen am Hippodrom vorbei. Der gewaltige langgezogene Bau wirkte wie eine kleine Stadt für sich. In den Gängen unter den Rundbögen an seiner Peripherie waren tagsüber fliegende Händler zu finden. Jetzt verkrochen sich dort die Bettler und bereiteten sich ein Nachtlager. Eigentlich war das verboten. Aber all diese dunklen Ecken hätte selbst eine doppelt so starke Waräger-Garde nicht so genau bewachen können.

      „Ich würde auf die Versprechungen von diesem Logotheten nicht allzu viel geben“, sagte Christos, als sie die Nordwestseite des Hippodroms erreicht hatten und sich bereits auf das Konstantin-Forum zu bewegten.

      „Wie kommst du darauf?“, fragte Li.

      „Evangelia! Hört Ihr nicht hin, wenn jemand redet?“

      „Natürlich höre ich hin, wenn Petros Makarios spricht. Und mein Griechisch ist inzwischen gut genug, dass ich wirklich nicht nur jedes Wort, sondern auch die feinen Unterschiede in der Betonung und im Tonfall zu erkennen vermag! Außerdem – wie sprichst du eigentlich mit mit?“

      „Entschuldigt, Evangelia. Ich wollte Euch nicht zu nahe treten und schon gar nicht maßregeln.“

      „Nein, was dann?“

      „Ich wollte Euch nur warnen. Die Stimme dieses Petros Makarios war voller Falschheit. Er meint nicht das, was er sagt und ich würde mich auf seine Hilfe nicht verlassen.“

      Li sah den blinden Tagelöhner erstaunt an und runzelte die Stirn. „Und so etwas hörst du an der Stimme?“

      „Ich vertue mich selten.“

      Der Blinde blieb plötzlich stehen. „Es riecht eigenartig!“, stellte er fest.

      „Der Gestank der Straße – aber ich sage dir, es gibt Orte, in denen der schlimmer ist als hier in Konstantinopel!“

      Christos schüttelte den Kopf. „Nein, das meine ich nicht... Evangelia! Es brennt hier irgendwo!“

      ––––––––

      Wenig später erreichten sie eine Nebenstraße. Lautes Stimmengewirr schlug ihnen entgegen. Um ein kuppelförmiges Gebäude stand eine Traube von Menschen herum. Flammen schlugen aus einem Fenster und Rauch stieg auf. „Wasser! Holt Wasser!“, rief jemand.

      „Ist es eine Kirche, die da brennt?“, fragte Christos.

      „Woher hast du das gewusst?“, fragte Li.

      Christos atmete tief durch. „Es betrifft meistens Kirchen, wenn Brände gelegt werden.“

      „Aber... Konstantinopel ist das Neue Rom! Die Hauptstadt der Christenheit! Wieso werden hier Kirchen angezündet?“

      „Das waren radikale Ikonoklasten“, antwortete Christos. „Bilderstürmer, die die Ikonen in den Kirchen für Götzenverehrung halten.“

      Siebzehntes Kapitel: Belagert

      Zum Nachmittag des nächsten Tages erschien Arnulf an der Tür ihrer Werkstatt. „Ich hoffe nicht, Euch zu stören, Li – oder ist Euch lieber, wenn ich Euch bei Eurem griechischen Namen nenne?“

      „Arnulf!“, entfuhr es ihr und für einen Augenblick spiegelte sich ihre Freude auf eine Weise in ihrem Gesicht wider, die sie selten nach außen dringen ließ, denn sie war es gewohnt, ihr Innerstes für sich zu behalten und dem anderen nichts weiter als eine Maske der Freundlichkeit zu zeigen. Eine Maske, die keinerlei Ecken und Kante aufwies und vor allem dem Gegenüber ein angenehmer, so wenig wie möglich irritierender Anblick sein sollte. „Nein, nennt mich ruhig Li, denn er wird immer mein wahrer Name sein. Evangelia ist wie eine Verkleidung, die man trägt, um gefälliger zu wirken.“

      „Dann werde ich Euch weiterhin Li nennen...“ Er sah sie an und es konnte ihm nicht entgangen sein, dass sie ihren Umhang angelegt hatte und am Gürtel eine Geldbörse trug. Es war also nicht zu übersehen, dass sie gerade im Begriff war aufzubrechen. „Ich scheine ungelegen zu kommen...“

      „Nein, ganz und gar nicht“, widersprach sie. „Ich glaube nicht, dass ich es je als ungelegen empfinden könnte, wenn Ihr vor meiner Tür steht...“

      „Aber von wichtigen Pflichten abhalten möchte ich Euch auch nicht!“

      „Ihr könntet mich zum Markt auf dem Forum Tauri begleiten. Und anschließend muss ich mit einem Schmied sprechen, ob er mir einen Draht ziehen kann, der noch um die Hälfte dünner ist, als der, den ich bisher von ihm bekommen habe!“

      „Ich begleite Euch gerne“, sagte Arnulf.

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