Todesluft. Thomas L. Viernau
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Название: Todesluft

Автор: Thomas L. Viernau

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783967525144

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СКАЧАТЬ der Kellermalereien, deren Original im »Hessischen Hof« unten in der Stadt gefunden wurde, an die Öffentlichkeit übergeben worden.

      Im Schlosshof, den man durch ein barock ausgeschmücktes Tor erreichte, war es still. Bänke standen herum, ein kleiner Brunnen plätscherte. Hainkel bat Linthdorf kurz zu warten und verschwand in einer der zahlreichen Türen.

      Erschöpft ließ sich Linthdorf auf einer Bank nieder. Ein paar Sonnenstrahlen verirrten sich durch den wolkenverhangenen Himmel und wärmten erstaunlich intensiv. Linthdorf legte sein Sakko ab, saß hemdsärmelig da und grübelte.

      Immer, wenn er allein war, kamen die Gedanken zurück, die ihm das Leben schwermachten. Zuallererst erschien das Bild einer großen Frau mit straff zurückgekämmten dunkelblonden Haar und dem ihm so vertrauten, feinen, leicht ironischen Lächeln. Ihre Stimme klang in ihm nach.

      Louise – seine Louise! Sie war tot.

      Bis jetzt konnte er sich mit der Tatsache nicht abfinden. In seinen Träumen sprach er mit ihr, als ob sie noch präsent sei und nicht dieses leblose Wesen zwischen den Drähten und Schläuchen in dem einsamen Krankenzimmer. Mit ihr wäre es sicherlich nicht zu dem Infarkt gekommen.

      Er hatte sich da einfach zu viel zugemutet. Aber irgendwie musste er ja weiterleben. Auch wenn es schwerfiel. Es gab ja noch …, ja, was? Natürlich, seine beiden Jungs, die kleine Katze, die Kollegen, Bernie Voßwinkel, Freddi … Halt! Den gab es auch nicht mehr, der hatte sich in der Neujahrsnacht vom Balkon gestürzt.

      Ja, und neuerdings geisterten noch ein paar andere Personen durch seinen Kopf. Verwirrend, die Kopie von Louise, nämlich ihre Schwester, Charlotte Rauchfuss und dieses quirlige Wesen aus dem Lindstedter Archiv, Frau Seidelbast, die ihn letztendlich gerettet und den Medizinischen Notdienst alarmiert hatte.

      Ach! Es war schon kompliziert. Weit weg von seiner vertrauten Umgebung begann sich langsam in seinem Kopf alles neu zu ordnen. Die vielen Leichen des vergangenen Jahres, die ihn in seinen schlaflosen Nächten heimsuchten, blieben endlich weg. Keine ertrunkenen Nixen, keine massakrierten Vögel, keine toten Arkadier. Auch die »Weiße Frau«, ein Spuk, der sich später als bösartiger Klamauk herausstellte, verschwand wieder im dunklen Nebel der Vergangenheit.

      Linthdorfs fotografisches Gedächtnis konnte lange Zeit die Bilder nicht verdrängen. Sie waren da, ob er wollte, oder nicht, sie begleiteten ihn ständig und sorgten für permanente innere Unruhe. Zuviel für sein Herz, das den Tod zweier ihm sehr nahestehender Menschen zu verkraften hatte. Es streikte.

      In den Wochen im Krankenhaus grübelte er oft darüber nach, was der Auslöser für den Infarkt war. Ein eindeutiges Ereignis konnte er nicht verantwortlich machen. Es war die permanente Abfolge extremer Vorgänge. Dazu der latente Unmut, hervorgerufen durch den unsensiblen Führungsstil seines Chefs, Dr. Nägelein. Die Summe aller Ereignisse fokussierte dann in dem Infarkt.

      Voßwinkel war betroffen, als er ihn am Krankenbett besuchte. Fast vorwurfsvoll blickte der ihn an. Auch seine Kollegen, Grell-Hansen und Petra Ladinski, waren total geschockt. Fast täglich kamen seine Jungs vorbei, brachten Zeitungen und Obst vorbei. Er brauchte lange, um sich von den Folgen des Infarkts zu regenerieren. Die Kur war wahrscheinlich das beste Mittel. Ortswechsel, Luftwechsel, ein geregelter Tagesablauf – er spürte, dass ihm die Kur bekam.

      Und dann gab es ja auch noch die rätselhaften Vorfälle hier im Thüringischen. Sein Spürsinn war geweckt, er fühlte sich wieder wie ein Ermittler, ein Gefühl, was er schon lange vermisste.

      Hainkel war zurück, neben ihm stand ein unscheinbarer Mann mit Nickelbrille und einer Haarfrisur, die irgendwie in die Siebziger des vergangenen Jahrhunderts passte. Dabei konnte der Mann gar nicht so alt sein. Linthdorf schätzte ihn auf Anfang dreißig. Aber heutzutage galt das ja als retrochic.

      Der langhaarige Brillenträger stellte sich ihm als Dr. Olaf Beutelspieß vor. Auch Beutelspieß sprach mit dem ausgeprägt rollenden R, was die Wichtigkeit seiner Äußerungen noch einmal deutlich unterstrich.

      Er bat Linthdorf ins Schloss, führte ihn und Hainkel zielstrebig durch prächtige Säle zu ein paar kleineren Räumen, in denen mehrere Vitrinen standen. Mit kummervollem Blick blieb er vor einer leeren Vitrine stehen. Da standen früher Meits Adam und Eva. Zwei Meisterarbeiten.

      Aus seiner Kladde holte er zwei Fotos hervor. Sie waren wirklich wunderschön, eigentlich ihrer Zeit weit entrückt. Bedachte man, dass Conrad Meit das Paar bereits 1516 anfertigte, also in einer Zeit, die von den Bauernkriegen, Hexenverfolgungen und der Inquisition geprägt war, konnte man ihre souveräne Haltung und spielerisch anmutende Körpersprache eigentlich nicht für diese wilde Epoche der deutschen Geschichte nachvollziehen. Sie waren ein humanistisches Vermächtnis dieser uns bis heute fremd gebliebenen Welt des untergehenden Mittelalters.

      Dr. Beutelspieß beendete sein flammendes Referat.

      Linthdorf fragte nach, wie hoch der Schaden zu veranschlagen sei und ob es Versicherungsschutz gebe.

      Beutelspieß sah angewidert zu dem Riesen auf. Als ob der Verlust mit Geld zu beziffern sei! Nein, es gäbe eben auch Dinge in der Welt, die man nicht quantifizieren könne. Wahre und große Kunst, die es geschafft habe, durch die Wirren der Zeitläufe zu kommen, einfach so von einem schnöden Dieb …

      Er musste schlucken, hatte den Faden verloren. Linthdorf beschwichtigte. Natürlich, der Verlust, wirklich unersetzlich, er verstehe ja, aber er sei hier, um die Figuren wieder zurückzuholen.

      Beutelspieß beruhigte sich, sah durch seine Brillengläser etwas friedlicher auf den fremden Mann aus dem fernen Berlin.

      Hainkel fragte noch nach den beiden Miniaturportraits und dem Ratssilber. Beutelspieß winkte ab. Peanuts, nicht wirklich nur halb so wertvoll wie Meits Figuren. Ja, natürlich, die Portraits, zwei Cranachschüler, nicht schlecht gemalt, und das Ratssilber, aus den berühmten Augsburger Silberschmieden. Aber davon gebe es noch viele andere Artefakte.

      Die ganzen Thüringer Schlösser und Burgen wären voll damit. Und der Taufkelch aus getriebenem Silber, Luther soll ihn schon benutzt haben …

      Aber es musste doch ein ungefährer Wert angegeben worden sein?

      Beutelspieß zuckte mit den Schultern. Dafür fühle er sich nicht zuständig. Wenn man einen ungefähren Marktwert für solche eigentlich unverkäuflichen Artefakte angeben wolle, müsste man auf illegale, also Schwarzmarktpreise zurückgreifen. Kein seriöser Antiquar würde Diebesgut aufkaufen. Die Zeiten wären glücklicherweise vorbei.

      Aber natürlich es gäbe da schon noch neureiche Sammler, verrückte Typen, die wirklich ein Vermögen für so etwas ausgaben. Man schätze, das in deren Privatsammlungen unglaubliche und einmalige Objekte gehortet seien. Nur wenn ein solcher Irrer einmal starb, gelangten die Artefakte, meist über Auktionen, ins Licht der Öffentlichkeit.

      Linthdorf hakte nach. Wieviel?

      Beutelspieß flüsterte, kaum verständlich für die beiden Männer, eine halbe Million, möglicherweise sogar noch mehr.

      Linthdorf pfiff. Hainkel nickte nur kurz.

      Ob es bei der polizeilichen Untersuchung Anhaltspunkte gegeben habe, wie die Täter hereingekommen waren?

      Beutelspieß nickte heftig mit dem Kopf. Wahrscheinlich hatte der Täter sich in der Nacht einschließen lassen und sei am Morgen nach Öffnung ganz ungeniert hinausspaziert.

      Würde denn bei Schließung nicht kontrolliert, ob noch Besucher in den Räumen seien?

      Doch, СКАЧАТЬ