Название: Das Digital Transformer's Dilemma
Автор: Hannah M. Mayer
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Жанр: Маркетинг, PR, реклама
isbn: 9783527835355
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Wenn man nach Wegen zur Verbesserung des Kerngeschäfts sucht, kann Digitalisierung als Wegbereiter oder als Werkzeug für die Lösung von Problemen angesehen werden, die schon lange existieren. Mit anderen Worten, die Probleme, die gelöst werden, sind nicht neu, aber sie lassen sich mithilfe digitaler Werkzeuge leichter und günstiger lösen. Und einige Unternehmen haben die Voraussicht und wissen, dass sie ihr Kerngeschäftsmodell revolutionieren müssen, einfach weil die Art und Weise, wie sie ihre Wertschöpfungskette aufgesetzt haben, auf lange Sicht nicht überlebensfähig sein wird.
“Wir haben uns unsere Baustellenabfall-Entsorgungslogistik angeschaut und sahen niedrige Gewinnspannen, undurchsichtige Prozesse und zweifelhafte Kundenzufriedenheit aufgrund eines schlecht gestalteten Geschäftsprozesses. Hier sahen wir eine Chance, unser eigenes Angebot zu verbessern, indem wir ein radikal neues Geschäftsmodell aufstellten, bevor irgendjemand anderes das tun würde.”
Andreas Opelt, Chief Market Officer, Saubermacher (das österreichische Müllentsorgungsunternehmen, das Ihnen bereits in der Einleitung begegnet ist)7
Neben Argumenten rund um die Verbesserung des bestehenden Geschäfts stellt die Digitalisierung auch eine große Chance dar, bestehende Kernprodukte und -dienstleistungen digital zu erweitern, den Wert für den Kunden zu steigern. Zweifellos ist die digitale Expansion von Kernprodukten und -dienstleistungen der zweitwichtigste Grund für etablierte Unternehmen, nach unseren Interviews zu urteilen. Wenn die Digitalisierung mit gesteigertem Engagement für Self-Service einhergeht, kann sie helfen, eine bessere Kundenerfahrung zu schaffen, während gleichzeitig Kosten reduziert werden – dies ist eine Win-win-Situation für alle. Angetrieben von sich verändernden Kundenerwartungen, empfinden etablierte Unternehmen einen Druck, Kunden dasselbe nahtlose Erlebnis zu bieten, das die Kunden bereits von anderen Produkten kennen.
Aber einfach analoge Prozesse zu digitalisieren erschöpft nicht das ganze Potenzial, das im Kerngeschäft steckt – viel mehr ist möglich. »Über den Kern hinausgehen« oder »Dienstleistung über den Kern hinaus« sind Ausdrücke, die wir recht häufig gehört haben, wenn wir unsere Interviewpartner befragt haben, wie die Digitalisierung ihnen beim Ausbau des Kerngeschäfts helfen konnte. Etablierte Unternehmen können ihre Kernprodukte anreichern (während sie die Kernfunktionalität unverändert lassen), indem sie digitale Produkt- oder Dienstleistungs-Komponenten aufsatteln und so einen Mehrwert für die Kunden schaffen.
Ein weniger herausragender Nebeneffekt der Digitalisierung, zusammenhängend mit der effizienteren Nutzung von Ressourcen, besteht darin, dass sie das Umschalten zu einer anderen Nutzung von Assets erlaubt, weil Unternehmen viel mehr über ihr Equipment wissen als je zuvor. Patrick Koller, CEO des französischen Autozulieferers Faurecia, führt aus, dass Unternehmen Aufgaben wie die Instandhaltung des Equipments viel leichter outsourcen können, weil solche Aufgaben zu einem vorhersehbaren Kostenfaktor werden. Ein weiteres Beispiel für die unterschiedliche Nutzung von Assets wäre es, nur für die effektive Nutzung des Equipments zu zahlen, was den Investitionsaufwand reduziert und zu einem Geschäftsmodell führt, das ohne den Besitz großer Vermögenswerte auskommt.8 Wenn dieselbe Idee bei Produkten angewandt wird, die an Kunden verkauft werden, eröffnet dies vollständig neue Wertschöpfungspotenziale und Arten von Kundenservice. Das hört sich für uns sehr nach einer 2. S-Kurve an.
Chancen, ein neues (digitales) Geschäft und neue Wachstumschancen aufzubauen (2. S-Kurve)
Neben den Chancen, das Kerngeschäft zu verbessern und zu expandieren, sind digitale Technologien ein großartiges Sprungbrett für Unternehmen, von dem aus sie neue Wertschöpfungspotenziale erschließen können. Initiativen aus dieser Kategorie zielen größtenteils darauf ab, innerhalb eines existierenden Geschäftsfeldes neue Geschäftsmodelle zu etablieren, oder insgesamt auf die Revolutionierung der Industrie. Versuche, diese neuen Wachstumsmotoren zu etablieren, erfordern häufig eine Menge Zeit und Ressourcen, während das Ergebnis äußerst unsicher ist. Trotzdem, diese Initiativen können eine gewaltige Auswirkung haben, wenn sie sich als erfolgreich erweisen. Zappos, Alibaba und Netflix sind Beispiele neuer Geschäftsmodelle, die erfolgreich etablierte Industrien revolutioniert haben.9
Der Wunsch von Unternehmen nach neuen Wachstumschancen liegt häufig in einem schrumpfenden Kerngeschäft begründet. Einige etablierte Unternehmen sind zu dem Schluss gekommen, dass eine weitere Innovation ihres Kernproduktes weder möglich noch ökonomisch sinnvoll ist. Aesculap, ein in Deutschland ansässiger Marktführer bei Medizinprodukten, hatte ein Kernprodukt, das vollständig optimiert war, und größere Innovationen waren nicht zu erwarten. Digitalisierung war daher ein Wegbereiter, der vollständig neue Innovationen möglich machte und neues Wachstumspotenzial außerhalb der Kernprodukte entfesselte.10
Ähnlich wie bei erfolgreichen Start-ups gründen die meisten dieser neuen Wachstumsmotoren auf einer Kombination aus Geschäftsmodell-Innovation und neuen Technologien. Es überrascht nicht, dass mehr und mehr Unternehmen mit disruptiven Geschäftsmodellen experimentieren, die neue Technologie-Komponenten, Pay-per-Use-Modelle oder flexibilisierte Massenproduktion, basierend auf fortschrittlichen Analytik-Werkzeugen, beinhalten. Unabhängig davon, welches Geschäftsmodell die Basis Ihrer 2. S-Kurve sein wird, es erfordert kühne Investitionen und eine entschiedene Strategie, um dorthin zu gelangen. Wir werden im 2. Kapitel WAS näher auf dieses Thema eingehen.
Zielsetzung der Innovation und Blick auf Nachhaltigkeit und soziale Innovation
Zusätzlich zu den Gründen, die bislang erörtert wurden, sollten Unternehmen auch an die breitere gesellschaftliche Auswirkung einer digitalen Transformation denken. Folgende Punkte sollten in die Überlegungen einfließen, wenn auch nicht darauf beschränkt bleiben: die Auswirkung auf das Personal eines Unternehmens (wie kann das Unternehmen die rechtzeitige Weiterbildung der Mitarbeiter sicherstellen, um sie auf das digitale Zeitalter vorzubereiten, wie wird der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen?), die Auswirkung auf die Nachhaltigkeit der Initiativen (wie kann das Unternehmen Technologie nutzen, um Verschwendung zu reduzieren, wie können zirkulare Geschäftsmodelle eingeführt und skaliert werden?) und Vertrauen in digitale Arbeitspraktiken (wie geht das Unternehmen mit Privatsphäre, Sicherheit und dem ethischen Gebrauch von Daten um?).11 Klare Antworten sind nicht nur aus Sicht der unternehmerischen Sozialverantwortung wichtig. Sie sind auch wesentlich, um Antworten geben zu können auf Fragen, die von der jüngeren Generation zu diesen Themen gestellt werden, und um attraktiv für neue Talente zu bleiben. Die Zielsetzung von (digitalen) Innovationen und Antworten auf die Frage, was diese für die Gesellschaft bedeuten, werden für Unternehmen, welche weiterhin attraktive Arbeitgeber bleiben wollen, immer mehr an Bedeutung zunehmen.
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