Höllen-Lärm. Ian Christe
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Название: Höllen-Lärm

Автор: Ian Christe

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783854454137

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СКАЧАТЬ am Rand der Musikindustrie verharrt hatten, bekamen Judas Priest für Screaming For Vengeance im April 1983 ihre erste Platin-Schallplatte in den Ver­einigten Staaten. Number Of The Beast und Piece Of Mind von Iron Maiden wurden im selben Jahr vergoldet, und die Anzeichen mehrten sich, dass Pyro­mania von Def Leppard bald nachziehen würde. Die besten britischen Heavy-Metal-Bands hatten in Amerika, dem größten und lukrativsten Markt der Welt, endlich Erfolg – und zwar unter ihren eigenen Bedingungen.

      Für amerikanische Teenager wurde Heavy Metal zum Soundtrack einer Kulturrevolution, zu der auch Kabelfernsehen und die ersten Heimcomputer und Videospiele gehörten. Während Judas Priest in „Electric Eye“ von hoch technisierten Satelliten sangen, stöpselten sich die Fans ihre Kopfhörer in ein neues tragbares Cassettenabspielgerät, den Sony-Walkman, ein und knallten dann bei elektronischen Spielereien wie Vanguard, Robotron, Asteroids, Battle­zone und Defender reihenweise Aliens ab. Eine Nation von Adrenalinabhängi­gen, die ständig das Universum rettete und im Hintergrund hoch energetische Musik laufen ließ, fand erneut Hoffnung in der Zukunft. Die Spiele wurden immer schneller und raffinierter – der Heavy Metal schließlich auch.

      Das Land hungerte nach Abenteuerszenarien und alternativen Wirklich­keiten. Das beliebte Rollenspiel Dungeons & Dragons orientierte sich an einem klassischen Thema der Fantasy-Literatur, der Abenteuerfahrt zur Lösung einer großen Aufgabe, wie sie sich beispielsweise in J. R. R. Tolkiens Romantrilogie Der Herr der Ringe fand – Tolkien stammte übrigens auch aus dem englischen Birmingham. In dem vielschichtigen eskapistischen Universum von D & D übernahmen die Spieler die Rollen von Wesen aus verschiedenen sozialen und ethnischen Gruppen, wie Elfen, Krieger, Zauberer und Barden. Die Handlung dieser Spiele basierte hauptsächlich darauf, auf dem Weg zur Erfüllung eines großen heroischen Ziels eine Reihe von Monstern aus dem Weg zu räumen und Schätze zu sammeln. Ein Großteil des Heavy Metal bewegte sich in demselben Fahrwasser, einem Reich der dunklen Türme und der undurchdringlichen Wildnis, voller Schlachten und Elend. „Man muss über harte Themen schrei­ben, darauf fahren die Metaller ab“, sagte Dan Beehler von Exciter in der kana­dischen Fernsehshow The New Music. „Nicht so ein Zeug wie ‚Neulich kam ich die Straße runter, da da da‘, verstehst du? Die Zeiten im Mittelalter waren hart, die meisten Menschen fanden früh den sicheren Tod. Darum geht’s im Metal

      – es ist ein Kampf.“

      Black Sabbath stießen mit einem neuen Frontmann, Ronnie James Dio, wieder zum Heavy-Metal-Feldzug, und Dio veränderte und erneuerte ehr­furchtsvoll die majestätisch verhängnisvolle Aura der Band durch grandiose Konzepte. Auf den beiden Sabbath-Studioalben Heaven And Hell und Mob Rules, auf denen er mitwirkte, fand Dio einen fruchtbaren Fantasy-Rahmen für die großen Sabbath-Themen Wahnsinn und Trostlosigkeit – sein „Children Of The Sea“ beklagte die Zerstörung der Umwelt aus der Sicht eines sterbenden Ozeanplaneten.

      Dio hatte bereits mit seiner Band Elf in den frühen Siebzigern im Wesent­lichen Fantasy-Texte geschrieben. Bei Rainbow gehörten dazu auch „Man On The Silver Mountain“ und die Parabel „Stargazer“ – über einen Zauberer, der die Zivilisation durch den Versuch zerstört, einen Turm aus Stein bis zu den Sternen zu bauen. „Ich bin mit Sir Walter Scott und der Sage von König Artus aufgewachsen“, sagt Dio. „Dann bin ich echt auf Sciencefiction abgefahren, wo viele Figuren mit mittelalterlicher Redeweise und mittelalterlichen Kostümen ausgestattet werden. Mir ging auf, dass das Leute waren, die mir was über die Zukunft erzählten. Wenn man ein Buch von Arthur Clarke oder von Isaac Asimov las und die einem sagten, irgendetwas würde in zehn Jahren passieren, dann behielten sie Recht. Sie waren einfach genial, und sie ließen mir die Frei­heit, meine Fantasie zu benutzen. Als ich anfing, Songs zu schreiben, was hätte da besser sein können, als das zu tun, was sonst niemand tut, nämlich Fantasy-Märchen zu erzählen? Das Klügste, was ich je gemacht habe.“

      Nachdem er Sabbath verlassen und seine Solokarriere gestartet hatte, ver­einfachte Dio seine Geschichten für ein jüngeres Heavy-Metal-Publikum. Das Debüt seiner Band Dio, Holy Diver von 1983, reduzierte gehaltvolle moralische Geschichten auf einfache Gut-gegen-Böse-Konflikte, bei denen die lyrischen Gegensätze von „Rainbow In The Dark“ und „Holy Diver“ benutzt wurden, um Fragen über Betrug und Heuchelei in der Liebe und in der Religion aufzuwer­fen. In den scharfen Gegensätzen von Dios Bildlichkeit gab es immer einen ein­gebauten Widerspruch, der jugendliche Rebellion schürte: Jedes helle Licht hatte eine dunkle Seite, und jede lautstarke Verkündigung von Wahrheit enthielt ein verborgenes Geheimnis. Auf ganz ähnliche Weise brachte auch Dios Musik Aus­brüche von Raserei durch kurze akustische Passagen ins Gleichgewicht.

      Selbst als Judas Priest und Iron Maiden zu ihrem Pionierzug in den ame­rikanischen Westen ansetzten, blieben ihre Botschaften noch immer sehr viel bissiger als der Durchschnittsfraß, den man im kommerziellen Radio vorgesetzt bekam. Iron Maidens „Run To The Hills“ von Number Of The Beast verurteilte in kreischendem Sound die Eroberung eines wilden und freien Amerika durch die Europäer: „White man came across the sea / Brought us pain and misery – Der weiße Mann kam übers Meer / Brachte uns Schmerz und Elend.“ Das exakt gleiche Thema behandelten Judas Priest auf Stained Class 1978, wo sie mit „Savage“ die europäischen Kolonialisten abstraften: „You poisoned my tribe with civilized progress / Baptizing our blood with disease / You christened our bodies with sadness and suffering / Saying then that your god is well pleased – Ihr vergiftetet meinen Stamm mit zivilisiertem Fortschritt / Brachtet Seuchen in unser Blut / Ihr tauftet unsere Körper mit Trauer und Leid / Und sagtet dann, euer Gott sei zufrieden.“

      Diese anklagenden Geschichtslektionen waren keine typischen Rock­themen, aber das Publikum schien die beeindruckenden Erzählungen dank­bar aufzunehmen.„Ich war noch nie ein Titten-und-Ärsche-Texter“,meint Rob Halford. „ Ich habe noch nie so etwas wie ‚The Thong Song‘ schreiben können

      – ‚Breakin’ The Law‘ dagegen schon. Letztlich geht es bei Musik natürlich darum, verdammt viel Spaß zu haben, aber wenn man da noch ein bisschen mehr rausholen kann, dann ist das einfach befriedigender. Ich bin auf keinen Fall ein Typ mit einer Botschaft, aber ich hätte gern das Gefühl, dass das, wor­über ich schreibe, wichtige Themen sind, die nicht nur mich was angehen, son­dern alle anderen auch.“

      KLASSISCHER HEAVY METAL

      Dies ist die Definition von Heavy Metal im eigentlichen Sinn – die Crème der NWOBHM plus Bands, die in der Lage waren, Melodien von der Größe eines Bergmassivs rüberzubringen. Riesige wogende Wellen schwappten in Form von Tourbussen über Amerika, brachten gewagte Aussagen mit und bestimmten von nun an das Leben unzähliger Teenager. Sie hatten Computer, sie hatten Videospiele, und sie hatten stapelweise explosive Audiocassetten in ihren Walkmen, die futuristische Sounds in Warp-Geschwindigkeit wiedergaben. Während AC/DC und Black Sabbath urwüchsig, dunkel und brillant blieben, verwandelten Def Leppard, Iron Maiden und Judas Priest doppelte Gitarrenharmonien in eine echte Wissenschaft und schufen so das gigantische neue Vokabular des Heavy Metal. Die Songs handelten von den erschreckenden Tatsachen des wahren Lebens, und die Musiker machten richtig Ernst, warfen ihre fransigen Lederjacken in die Ecke und trugen nun elegante, maßgeschneiderte, synthetische Kostüme mit Nieten. Irgendwo unter der Oberfläche lauerten noch ein paar Rockriffs, aber spätestens ab 1984 war Heavy Metal nicht mehr aufzuhalten.

      Wer noch nicht headbangt, hat verpennt:

      AC/DC, Back In Black (1981)

      AC/DC, For Those About To Rock, We Salute You (1981)

      Black Sabbath, Heaven And Hell (1980)

      Black Sabbath, Mob Rules (1981)

      Def Leppard, High ’n’ Dry (1982)

      Dio, Holy Diver (1983)

      Iron Maiden, Number Of The Beast (1982)

      Iron Maiden, Piece Of Mind (1983)

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