Superhelden. Grant Morrison
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Название: Superhelden

Автор: Grant Morrison

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783854454199

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СКАЧАТЬ besondere Links-nach-rechts-Dynamik. Es war beinahe wie ein Zeichentrickfilm, bei dem die einzelnen Frames sichtbar gemacht wurden und der Leser sich die Lücken mithilfe seiner Fantasie auffüllen musste.

      Shusters Artwork war einfach. Die kräftigen Schwarzweißlinien der frühen Comics waren noch erkennbar, um sicherzustellen, dass im rohen Reproduktionsprozess auch nichts verloren gehen konnte. Jegliche feine Linienführung, Schattierung oder Nuance wäre einfach verloren gegangen auf dem Weg zur gedruckten Ausgabe. Außerdem musste aufgrund von Abgabefristen schnell gearbeitet werden.

      Trotzdem ist es noch möglich, Tiefe in den Zeichnungen zu entdecken. Ich kann gar nicht anders, als in diesen handgefertigten Arbeiten die rührenden Produkte der Fantasie dieser jungen Männer, die von einer besseren Zukunft träumten, zu sehen. Die Tiefe und die Schärfe, die in die Geschichten und Bilder der noch so roh wirkenden Comics floss, sind auch noch in den unsichersten Strichen sichtbar. Die Seiten sind das Resultat stundenlanger Arbeit, und der Triumph und die Verwirrung, die diese Arbeit mit sich bringt – von Pillen und Kaffee angetrieben, damit man nach einer durchgearbeiteten Nacht eine Story einreichen konnte – flackern durch die Striche jeder noch so bescheidenen oder kurzen Geschichte.

      Nach all diesen Jahren der zahllosen Fehlstarts und frustrierenden Ablehnungen, hatten es Siegel und Shuster geschafft. Natürlich war es nur logisch, dass sie nun die Rechte für 130 $ an National Comics (später DC Comics) abtraten. Genau. Halten wir inne und stellen uns diese beträchtliche Geldsumme im Angesicht dessen vor, was die Marke Superman bis heute eingebracht hat.

      Wer auf die richtigen Stimmen hört, wird hören und glauben, was ich hörte und glaubte, als ich in diesem Business heranwuchs – und es wird nicht lange dauern, bis man folgendes Düstere und üble Märchen zugeflüstert bekommt: Es ist die triste Geschichte zweier unschuldiger Siebzehnjähriger, die von schlangenzüngigen und durch-und-durch kapitalistischen Blutsaugern verführt wurden. In dieser Tragödie nach dem Geschmack Hollywoods werden Jerry Siegel und Joe Shuster als großäugige Naivlinge in einer Welt voller gefährlicher Raubtiere dargestellt.

      Die Wahrheit ist wie immer nicht so dramatisch. Der Deal wurde 1938 abgeschlossen, also bevor Superman boomte. Siegel und Shuster waren beide 23, als sie die Rechte an Superman verkauften. Sie hatten bereits einige Jahre in der halsabschneiderischen Welt der Schundzeitschriften gearbeitet und, wie so viele andere Künstler, Musiker, Entertainer, wollten sie ihr Produkt verkaufen. Mit Superman bekamen sie den Fuß in die Tür, ein möglicher Durchbruch, der sie nur einen Schritt weiter bringen sollte. Superman wurde den Göttern des kommerziellen Erfolgs als Opfer dargebracht. Ich vermute, dass die kreativen Köpfe Shuster und Siegel überzeugt waren, bald neue, bessere Figuren zu erschaffen.

      Aber spätestens ab 1946 wurde ihnen klar, wie viel Geld ihre Schöpfung mittlerweile abwarf. Sie reichten Klage gegen National Comics ein, womit sie kein Glück hatten. Dann versuchten sie Supermans Erfolg mit anderen Charakteren zu wiederholen – und zwar mit dem charmebefreiten, aber dafür umso kurzlebigeren Funnyman (einem Verbrecher bekämpfenden Clown). Siegel war auch verantwortlich für das gnadenlose Rachegespenst Spectre und den heldenhaften Cyborg Robotman. Er schrieb sogar den quintessenziellen britischen Superhelden-Strip The Spider, aber die Obskurität dieser relativ gut durchdachten Figuren ist wieder eine andere Geschichte. Jerry Siegel misslang es, einen zweiten Charakter mit der unnachahmlichen Wirkung von Superman zu konzipieren, aber er und Shuster hatten immerhin etwas Spektakuläres zu Stande gebracht – sie hatten die Regeln, wie man neue Universen erschaffen konnte, festgelegt.

      (1975, angesichts schlechter Publicity, gestand Warner Brothers, der Mutterkonzern von DC, Siegel und Shuster schließlich 20 000 $ jährlich als Abfindung zu und versicherte den beiden, ihnen für jegliche zukünftigen Superman-Comics, -Fernsehserien, -Filme oder -Spiele eine Namensnennung als Erfinder der Figur zukommen zu lassen. Ich bin mir sicher, dass das guttat, aber um aufzuzeigen, wie sehr sich das Geschäft weiterentwickelt hat, muss ich erwähnen, dass ein produktiver und erfolgreicher Comic-Schreiber den gleichen Betrag in einer Woche verdienen kann. Jedenfalls dauern die Rechtsstreitigkeiten zwischen den Erben Jerry Siegels und DC bis heute an.)

      Und natürlich waren Shuster und Siegel, nachdem sie die Rechte verkauft hatten, auch nicht mehr für das weitere Schicksal ihrer Figur und ihrer Entwicklung verantwortlich. Die Schreiber der Radiosendung fügten neue entscheidende Elemente hinzu, wie etwa das außerirdische Killer-Mineral Kryptonit. Bei den Comics war ein ganzes Team damit befasst, den Ofen am Brennen zu halten. Befreit von seinen Schöpfern, sollte er sich im Laufe der nächsten sieben Dekaden radikal und kontinuierlich weiterentwickeln, um mit den Veränderungen in Mode, Politik und Zielgruppen-Demographie mithalten zu können – oder sie mitunter auch richtig vorherzusagen. Superman hatte nun eine – im übertragenen Sinne – neue Superkraft, nämlich sich flexibel anpassen zu können, was ihm das Überleben sichern sollte. 40 Jahre später, im Jahr 1978, als ein neuer, groß angekündigter Superman-Film kurz vor seinem Kinostart stand, arbeitete Siegel als Angestellter und Shuster war, halb erblindet, in einem kalifornischen Pflegeheim untergekommen. Er hatte seit dem unsäglichen Funnyman keine Comics mehr gezeichnet. Superman hingegen war in der Zwischenzeit kein bisschen gealtert. Egal, was ihm verschiedene kreative Mitarbeiter hinzufügten, es machte ihn jedes Mal nachhaltig stärker, schneller, fitter und ausdauernder als jedes menschliche Wesen.

      Eigentlich ist er sogar realer, als wir es sind. Wir Schreiber kommen und gehen, Generationen von Künstlern liefern ihre Interpretationen ab, und doch überdauert etwas; etwas, das immer Superman ist. Wir müssen uns an die Regeln halten, wenn wir seine Welt betreten wollen, denn wenn wir ihn zu sehr abändern, verlieren wir seine Essenz. Es gibt einige beständige Charakteristika, die Superman über die Dekaden zu dem haben werden lassen, was er ist, definiert durch die unerschütterlichen Eigenschaften, die Superman in jeder Inkarnation besitzen muss, was ihm wohl auch seine Göttlichkeit verleiht.

      Aber all dies beiseite. Es gibt wohl nur eine Frage, die wirklich jeder beantwortet haben will, wenn das Thema Superman aufkommt: Wenn er tatsächlich so gottverdammt super ist, warum trägt er dann seine Unterhosen über seinen Strumpfhosen?

      Als ich mit Superman aufwuchs, akzeptierte ich seinen „Action-Anzug“ einfach als Teil des Ganzen. Es war normal für die fortgeschrittenen Typen aus den Schundromanen, sportliche Umhänge, Strumpfhosen und drüber noch einen Schlüpfer zu tragen. Ebenso schien es nach Jahrtausende andauerndem Frieden und Fortschritt unter einer progressiven Weltregierung für Herren en vogue zu sein, sich in kniehohen Stiefeln zu präsentieren. Die wahre Erkenntnis zu Supermans apartem Look kam mir erst später, als mir einige Fotografien von Zirkus-Kraftprotzen aus den Dreißigern unterkamen. Unter dem Trapez tummelten sich stramme Kerle mit imposanten Schnauzbärten, wie sie mit ihren fleischigen Fäusten Gewichte stemmten und stiernackig in die Kamera glotzten. Und gewandet waren sie in jene leicht verstörende Kombination, die wir heute mit Superman assoziieren. Endlich ergab alles einen Sinn. Die Lösung zu diesem uralten Rätsel war die ganze Zeit greifbar gewesen, in der Vergangenheit versteckt, dort, wo niemand nachgesehen hatte. 1938 waren Unterhosen über Strumpfhosen das ultimative Attribut extramaskuliner Stärke und Ausdauer. Das Cape, die Stiefel, der Gürtel und das hautenge Spandexkostüm leiteten sich von Zirkuskostümen ab und halfen dabei, den schaustellerischen, sogar Freakshow-mäßigen Aspekt der Abenteuer Supermans zu betonen.

      Brücken stemmen, Züge mit bloßen Händen aufhalten, mit Elefanten ringen: Dies waren die Tricks eines Supermuskelprotzes, der vom karnevalesken Flair profitierte, das von seinen knallengen Strumpfhosen ausging. Shuster hatte den ersten Superhelden wie den größten Vertreter des Ideals eines Muskelmannes angezogen – und ihn damit unwissentlich zum Ziel von Spott und Häme und tausender Witze gemacht.

      Abgesehen von den offensichtlichen Bestandteilen, kann das Superman-Kostüm aber noch mehr über seinen Träger und seine Wirkung verraten. Seit seiner Erfindung hatte Superman einen ebenso großen Wiedererkennungswert wie Mickey Mouse, Charlie Chaplin oder Santa Claus. Er erregte sofort Aufmerksamkeit und war somit leicht zu vermarkten. Vorher hatte noch nie jemand seinem Protagonisten aggressiv dessen Initiale СКАЧАТЬ