Название: Ferienhaus für eine Leiche
Автор: Franziska Steinhauer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Mord und Nachschlag
isbn: 9783941895676
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Ein Leichenwagen parkte diskret in einer Ecke der Zufahrt. Die dazugehörigen Männer warteten auf ein Zeichen der Polizei, um die Tote wegbringen zu können. Sie saßen Karten spielend in der geöffneten Heckklappe, rauchten und tranken Kaffee aus einer silbern glänzenden Thermoskanne.
Endlich bog auch der Wagen der Göteborger Beamten in die Zufahrt ein.
Zwei junge Männer stiegen aus, sprachen kurz mit Knut, der ihnen entgegeneilte und kamen dann zu Gunnar herüber.
»Hauptkommissar Sven Lundquist und sein Kollege Kriminalinspektor Lars Knyst«, stellte Knut vor.
Gunnar schüttelte beiden die Hand und war schon wieder unzufrieden.
Hatten sie denn nicht genug Leute bei der Kriminalpolizei, so dass sie die Ermittlungen in seinem schwierigen Fall ausgerechnet an so einen jungen, unerfahrenen Spund vergeben mussten!
Sein Fall! Das klang fast so, als erhebe er einen Besitzanspruch auf die Leiche! Dieser Gedanke ließ ihn erschrocken zusammenfahren und er bemerkte, dass Sven Lundquist ihn freundlich und aufmunternd ansah.
»Können Sie mit ins Haus kommen, oder sollen wir uns lieber hier draußen unterhalten?«
Er stellte die Frage wohl schon zum zweiten Mal. Ihm entging der leicht ungeduldige Unterton nicht.
Und Gunnar wollte nicht ins Haus zurück – auf gar keinen Fall.
Der Göteborger Hauptkommissar und sein Kollege stiegen auf den Dachboden, um sich ein Bild vom Fundort zu machen und einen Blick auf das Opfer zu werfen, bevor es zur Obduktion abtransportiert werden würde.
Sven Lundquist starrte mit einer Art ungläubigem Entsetzen auf den Frauenkörper.
»Der Außenriegel war eingerastet. Es ist also klar, dass jemand die Frau mit Absicht in der Truhe abgelegt hat«, informierte ihn ein Kollege von der Spurensicherung.
»Sie war schon älter. Das ist offensichtlich«, murmelte der Hauptkommissar betroffen. »Du liebe Güte. Was hast du nur getan, dass Dir jemand den kleinen Rest deines Lebens nicht mehr gönnen wollte?«
Der Himmel war inzwischen beinahe nachtschwarz.
Es begann zu tröpfeln.
Einer der Polizisten versuchte vergeblich das Licht einzuschalten. Gunnar hörte das nervöse Klicken des Schalters. »Ich habe den Strom abgestellt, als ich fertig war«, erklärte der unglückliche Vermieter kläglich, »unten im Keller kann man ihn wieder einschalten.«
Der freundliche Mitarbeiter der Spurensicherung tastete sich vorsichtig die finstere Treppe hinunter und kurze Zeit später ging das Licht im Flur an. Das Radio begann unpassend laut einen fröhlichen Sommerhit zu dudeln.
Jemand schaltete es aus.
Gunnar hörte nur die Schritte, die eilig durch das Wohnzimmer polterten. Dann war es wieder still, bis auf das gleichmäßige Geräusch der Regentropfen und die Stimmen der Polizisten.
Viele fremde Menschen liefen geschäftig hin und her, warfen sich Satzfetzen zu, aus denen Hilmarström schloss, dass sie ein eingespieltes Team waren.
Der Arzt hatte nicht viel über den Todeszeitpunkt oder die Todesart sagen können. Gunnar wusste aus der Zeitung, dass man dazu erst eine Autopsie durchführen musste.
Ohne weitere Vorwarnung brach das Unwetter los!
Von einer Sekunde auf die andere hatte der Himmel alle Schleusen geöffnet und Bäche sintflutartigen Regens stürzten sich auf Rasen, Autos, Ferienhaus und den bibbernden Gunnar. Als er bis auf die Haut durchnässt war und nicht mehr schneller zittern konnte, um seinen Körper zu erwärmen, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich in den Schutz und die Wärme des plötzlich so unheimlichen Hauses zu flüchten.
Und dabei war er vor wenigen Minuten noch so sicher gewesen, das Haus nie mehr betreten zu können! Er hatte es im Geiste sogar bereits an eine dänische oder deutsche Familie verkauft, wie manche seiner Nachbarn es schon getan hatten.
Nun saß er in der Küche, und während der Regen in Sturzbächen an den Scheiben hinunter lief und immer wieder im großen Schwall über die Regenrinne schwappte, die diese Wassermassen nicht mehr fassen konnte, dachte er darüber nach, ob die Polizei ihn wohl einfach vergessen hatte. Er wollte nach Hause, sehnte sich nach trockener Kleidung, einer heißen Tasse Tee und einem vertrauten Mitmenschen, obwohl sein vertrauter Mitmensch zugegebenermaßen schwierig war. Vielleicht sollte ich einfach gehen, grübelte er. Doch bevor er sich zu einem endgültigen Entschluss durchringen konnte, betrat der Hauptkommissar die Küche und nahm auch an dem kleinen rohen Holztisch Platz, der ohne Tischdecke fast ebenso nackt wirkte, wie die Tote auf dem Dachboden.
»Können wir uns unterhalten?«, fragte Lundquist mitfühlend.
Er wusste, dass die meisten Menschen nach einer solch grausigen Entdeckung unter Schock standen. Er selbst hatte nach all den Dienstjahren noch immer große Probleme damit, den gewaltsamen Tod anderer zu akzeptieren. Einige der älteren Kollegen hatten ihm erzählt, dass es bei manchen mit zunehmenden Dienstjahren besser wurde. Andere aber litten bis zu ihrer Pensionierung bei jeder Leiche mit. Sven Lundquist wusste schon jetzt sicher, dass er zu der zweiten Gruppe gehörte.
»Es … es geht schon wieder. Ich … ich glaube, es war nur der Schreck.« Gunnar merkte selbst, dass er stammelte und seine Stimme viel zu hoch, ja direkt hysterisch klang. Wieder fuhr er sich mit der Hand durchs Haar, atmete tief durch, räusperte sich und begann noch einmal von vorn, wobei er sich angestrengt um wohlgesetzte Worte bemühte, als könne er Angst und Schrecken dahinter vor sich selbst verbergen.
»Natürlich habe ich vorhin einen gewaltigen Schreck bekommen, als ich so unvermutet auf die tote Frau stieß. Wer erwartet schließlich auch so was! Aber jetzt geht es mir schon wieder besser − ehrlich«, beteuerte er, als er dem skeptischen Blick Lundquists begegnete.
»Na gut. Kannten Sie denn die Tote? Vielleicht von einem Ihrer Besuche hier. Knut hat mir erzählt, dass Sie alle vierzehn Tage zum Mähen herkommen. Oder stammt sie hier aus dem Ort?«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Aber ich kann mich an keine Frau mit langem grauem Haar erinnern. Und ihr Gesicht …« Gunnar ließ den Satz unvollendet und schüttelte bedauernd den Kopf.
»Wir werden von Ihnen die Namen und Adressen Ihrer Feriengäste brauchen. Sie führen doch Buch darüber, oder haben Sie das an eine Vermittlungsfirma abgegeben?«
»Mein Häuschen wird über eine Firma vermittelt, aber ich führe auch Buch über meine Mieter. Schließlich muss ich ja nach der Abreise immer das Haus überprüfen. Schon wegen der Endreinigung und so. Die Liste liegt zu Hause auf meinem Schreibtisch.«
»Wie viele Familien waren in diesem Sommer hier?«
»Genau kann ich das nicht sagen. Fünf oder sechs? Ich kann mich im Moment nicht darauf besinnen.« Gunnar kam sich ziemlich dumm vor, doch Lundquist lächelte ihn freundlich an und meinte: »Das ist doch ganz normal nach so einem Schock. Einer meiner Leute wird mir die Liste holen, dann wissen wir es genau.« Er sprach leise und beruhigend. »Natürlich müssen wir mit Ihnen morgen noch ein ausführliches Protokoll erstellen, aber können Sie mir bitte jetzt schon mal erzählen, wie sie die Frau gefunden haben, was Sie davor und СКАЧАТЬ