Die Faxen Dicke. Reiner Hänsch
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Название: Die Faxen Dicke

Автор: Reiner Hänsch

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги о Путешествиях

Серия:

isbn: 9783862870943

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СКАЧАТЬ und auch wir flehen darum, weiter im herrlich kühlen Toyota schockgefroren zu werden.

      Nein. Der Name „Nipsi“ fällt nicht. Wir dürfen also weiter auf eine angemessene Unterkunft hoffen. Die Bayern und die Lotzes-oder-so sind auch noch da. Sollte das Schicksal Leichenhalle, Lotze und Nipsi füreinander bestimmt haben?

      „Papa, wie lange noch?“, stöhnt Max und Steffis schöne Augen blicken mich aus leeren Höhlen an. Mein Gott.

      Der Bus rattert weiter und weiter, herrliche, braune Spritzwasserfontänen nach beiden Seiten steigen lassend, und wir haben fast eine ganze Inselumrundung hinter uns, als der Toyota in eine enge Gasse abbiegt, die an der hinteren Seite mehrerer Restaurants, zwielichtiger Bars und dunkler Kaschemmen vorbeiführt. Der Fahrer bahnt sich hupend und fluchend einen Weg durch Menschen, Müll und Ruinen.

      Es gießt noch immer in Strömen, ein paar unfreundliche Hunde bellen uns an, ich blicke in finstere Hinterhöfe, sehe Steffi leicht irritiert an, versuche zwar genügend Gleichgültigkeit zu verbreiten, aber ich weiß, dass auch sie sich gerade fragt, ob das Ganze vielleicht eine Falle ist, in die man uns hinterhältig gelockt hat – und ob Frau Gantenbrink vielleicht hinter all dem steckt.

      Dann wird der Urwald wieder dichter, wir haben die Gasse verlassen und es wird dunkel. Richtig dunkel. Nicht nur wegen der dichten Urwaldbeblätterung, sondern auch, weil die Sonne, die wir den ganzen Tag noch nicht gesehen haben, jetzt auch schon hinter den dichten nassen Wolken langsam untergeht. Es ist inzwischen siebzehn Uhr hier in Thailand, da verabschiedet sich die Sonne eben. So ist das im Paradies!

      Wir sind jetzt fast neunundzwanzig Stunden unterwegs, fast ganz ohne Schlaf …

      „Laaast Christmas, I gave you my heart … „ knödelt es aus dem Toyota-Radio und ich weiß schlagartig auch wieder warum.

      Heute ist Heiligabend!

      Jaaaa, heute ist ja der Tag der Tage oder der Abend der Abende. Heiligabend. Ach du Scheiße!

      Millionen, nein Milliarden, ach was, ALLE Menschen sitzen jetzt mit ihren Lieben unter den festlich geschmückten, glitzernden, nadeligen Grüngewächsen im Warmen, haben Tränen der Rührung in den Augen und sie trinken Glühwein oder wenigstens Tee mit Rum.

      Ja, heute ist Heiligabend, und wir haben es alle vergessen – außer mir natürlich wieder mal. Wann und wie sollen wir denn jetzt die unausweichliche Bescherung machen? Heiligabend ohne Bescherung geht doch gar nicht. Na, vielleicht gleich nach unserer Ankunft im „Paradise Rock Resort“. Da müsste es doch gehen, da werden wir es uns dann noch so richtig feierlich gestalten. Ganz sicher. Max hat zum Glück noch gar nicht bemerkt, welchen besonderen Tag wir da gerade in einem eisgekühlten Toyota Kleinbus am Ende der Welt vertrödeln.

      Und dann bleibt der Wagen einfach stehen. Nein, jetzt noch nicht. Nein. Bitte weiterfahren. Nur noch eine Stunde vielleicht, oder so. Nicht hier!

      Doch es gibt kein Weiter, hier muss es sein. Wir sind da.

      „Pelledei Lock Lissoh“ sagt der Fahrer, und das muss es also sein. Eindeutig.

      „Paradise Rock Resort“, er hat es ja gesagt. Dann sagt er auch noch „Nipsi“, „Lotze“ und „Leichenhalle“, und damit ist unser aller Schicksal besiegelt. Wir haben es geschafft, wir sind am Ziel unserer Träume und am Ende unserer Kräfte. Dankbar, aber einer unsicheren Zukunft entgegensehend, steigen wir also aus.

      Ich drücke dem Fahrer kraftlos einen Schein des neuen Geldes in die Hand, von dem ich nicht genau weiß, wie viel er eigentlich wert ist, und er bedankt sich überschwänglich. Naja, die Thais sind eben sehr höfliche und dankbare Menschen. Sie freuen sich auch über Kleinigkeiten, das habe ich schon gemerkt.

      Wir sehen uns an. Glücklich? Vielleicht. Auf jeden Fall erschöpft und ergeben in unser ungewisses Schicksal. Unser Leiden soll also vorerst ein Ende haben.

      Der Bayer sagt „Pfüeti!“ zu unserem Fahrer, der auch die tonnenschweren bayerischen Koffer aus dem Toyota gewuchtet hat, und gibt ihm nichts von dem neuen Geld. Er will es lieber für sich behalten. Frau Leichenhalle nickt uns noch mal gehässig zu und dann verschwinden beide eilig mit ihren zwei rollenden Riesenkoffern in Richtung einer schwachen Lampe, die wohl den Eingang unserer Endstation Sehnsucht beleuchtet. Jedenfalls ist es das einzige Licht, das uns in dieser tropischen Dunkelheit etwas Hoffnung gibt. Das Ehepaar Lotze-oder-so folgt den beiden, nachdem der große Herr Lotze dem Fahrer nach langer Prüfung seines neuen ausländischen Geldbestandes einen eher rötlichen Schein heruntergereicht hat. Soso.

      „Ja, dann woll’n we ma!“, sagt Herr Lotze und nickt uns noch mal freundlich zu. „Schön’ Urlaub, woll?“

      Woll? Wo kommt der denn her?

      Tja, da stehen wir also nun inmitten unserer Kofferberge triefend nass im warmen Regen und heulen fast.

      „Sah in dem Prospekt aber ganz anders aus“, sagt Steffi schlecht gelaunt, schwer enttäuscht und am Ende ihrer Kräfte.

      „Naja, man sieht ja fast nichts“, versuche ich den ersten Eindruck etwas aufzubessern.

      Man sieht aber auch wirklich kaum etwas. Ich kann neben den Mülltonnen, aus denen eine magere Katze gerade etwas schleimig Gelbliches zieht und damit verschwindet, den Eingang zu einer Küche entdecken, in der offensichtlich irgendeine Art von menschlichem Leben auszumachen ist. Man hört Stimmen und das Klappern von Geschirr. Ich verschweige Steffi aber, dass ich auch sehe, wie da gerade ein haariges Tier, größer als eine Maus, kleiner als eine Katze aus der offenen Küchentür in die schwarze Dschungelnacht hinausflüchtet. Vielleicht habe ich gerade eine neue Tierart entdeckt.

      Hinter uns lässt sich die Einfahrt zu einer Art Autowerkstatt oder auch Autofriedhof erkennen. Ein leichter Öl- und Dieselgeruch mischt sich mit dem schweren Aroma des Urwalds. Ein Hund bellt, aber sonst sieht man keine Menschenseele. Es scheint das wahre Ende der Welt zu sein, und so weit sind wir ja schließlich auch gefahren. Nur dass es dann da wirklich auch so aussieht, wie man sich das Ende der Welt immer vorstellt, das hätten wir nicht gedacht.

      Der Urwald um uns herum fabriziert eine Menge exotischer und unheimlicher, nie gehörter Geräusche, und ein tropischer Vogel sitzt irgendwo über uns und macht: „Ts, ts, ts“, als wolle er uns einen Vorwurf machen.

      Ja, wem soll man jetzt einen Vorwurf machen? Uns selbst, weil wir unbedingt und sofort Urlaub haben wollten und alles genommen hätten? Oder vielleicht Frau Gantenbrink vom Reisebüro Töffte, weil sie sicher wusste, wie gruselig es hier am Ende der Welt aussieht, und uns trotzdem hingeschickt hat?

      Es hilft ja nichts, unsere Sachen werden nass, und da sich kein Schatten aus dem Dunkel schält, um uns irgendwas abzunehmen, ergreife ich voller Verzweiflung die Initiative und den ersten Koffer und schleppe ihn Richtung Glühbirne der Hoffnung. Steffi nimmt mutlos den zweiten und auch Max kann zwei der Taschen tragen, obwohl er vor Müdigkeit fast umkippt.

      In der offenen, hölzernen Urwald-Empfangshalle des „Paradise Rock Resorts“ sehen wir die Bayern schon wässerige, gelbe Getränke schlürfen. Die Lotzes sitzen erschöpft auf ihren Koffern und das Ehepaar Leichenhalle redet auf einen einzelnen verunsicherten Eingeborenen hinter der Rezeptionstheke ein. Offensichtlich sind die beiden mit ihrem Zimmer nicht zufrieden, das sie noch gar nicht gesehen haben. Superior Double Deluxe Beachview Senator Suite, also SupDoubDelBeSeSui, hätten sie schließlich bestellt und keinen einfachen popeligen SupHiBung, also Superior Hillside Bungalow, ohne Senator und Deluxe und Suite und so weiter. Frau Leichenhalle macht einen Riesenaufstand deswegen. Ihr Mann wäre vielleicht sogar mit SupHiBung einverstanden. СКАЧАТЬ