Название: Die Faxen Dicke
Автор: Reiner Hänsch
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги о Путешествиях
isbn: 9783862870943
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Wir sind dann in das Taxi gestiegen, das uns zum Flughafen bringen sollte und konnten immer noch nicht recht glauben, dass wir wirklich in den Urlaub fuhren. Noch waren wir ja auch in Düsseldorf. Und als wir dann noch mal unser Gepäck ansahen, das wir da soeben hinten im Kofferraum des beigen Mercedesbusses verstaut hatten, konnten wir auch nicht glauben, dass das wirklich alles war. Es kann eigentlich nicht sein, dass man mit vier Schrankkoffern und sechs großen Taschen und Beuteln als Handgepäck vierzehn Tage im Paradies überleben kann. Wir mussten was vergessen haben.
„Abgeschlossen?“, eröffnete meine liebe Steffi dann im Taxi ein spannendes Match, und ich konterte gelassen per Rückhand mit „Jou!“
Die nächste Ballangabe hieß dann „Gas aus?“
Ich parierte wieder locker mit „Jou!“
„Heizung runter?“
„Jou!“
„Pässe?“
„Jou!“
„Kreditkarten?“
„Jou?“
„Sonnenbrille?“
„Jou!“
„Badehose?“
„Jou!“
Dann ging es immer weiter ins Detail und verlor sich irgendwann im Unwichtigen wie zum Beispiel „Schwarze Socken?“. Darauf antwortete ich dann gar nicht mehr, während der Taxifahrer schon seit einigen Minuten auf den Befehl „Umdrehen!“ zu warten schien und mich unsicher von der Seite anschielte.
Dafür dachte ich mir dann aber selbst eine Frage aus dem „Checked-Roger-Over-Peep-Pilotenspiel“ aus, die heute Morgen (oder eben gestern) „BÜGELEISEN?“ lautete.
Damit hatte ich sie. Ha! Spiel, Satz und Sieg.
Meine liebe Steffi hatte nämlich am Morgen, also eigentlich ja mitten in der Nacht – sie ist dafür schon um halb vier aufgestanden, weil sie sowieso nicht schlafen konnte – noch ihr kleines Schwarzes gebügelt, weil sie angeblich davon geträumt hat, mit mir auf einer besonders schicken Party im Paradies zu sein mit lauter berühmten und bekannten Leuten. Und als Sky Dumont sie dann fragte, ob er ihr einen scharfen Sex-on-the-Beach anbieten oder auch nur einen gewöhnlichen Banana-Cocktail von der Bar mitbringen dürfe, da bemerkte sie, dass sie nichts anhatte. Nichts. Sie war nackt. SIE HATTE EBEN NICHTS AN-ZU-ZIE-HEN!, wie sie ja auch selbst immer sagte. Auch wenn ich immer sagte: „Wozu willst du das denn mitnehmen, das brauchst du doch nie!“. Aber da haben wir den Beweis: Für diese schicke Party mit Sky Dumont hatte sie eben nichts. Gar nichts.
Also bügelte sie mitten in der Nacht.
Ich hatte sie! Mit „Bügeleisen?“ hatte sie nicht gerechnet. Ohrenbetäubende minutenlange Stille aus dem Halbdunkel des dem Flughafen entgegenrasenden Mercedes-Rücksitzes. Entsetztes, endloses Schweigen, schockgeweitete Augen. Der Taxifahrer verminderte dann auch schon mal prophylaktisch die Geschwindigkeit, wir fuhren plötzlich fast nur noch Schritttempo, und immer wieder schaute er lauernd und abwartend zu mir herüber.
„Bü-gel-ei-sen“, quälte meine arme Steffi sich hinter mir. „Bü-gel-ei-sen … verdammt.“
Natürlich war das Bügeleisen aus. Ich hatte es extra noch mal überprüft, weil es ihr schon einmal, ein einziges, dummes Mal passiert war, es nicht auszuschalten. Zum Glück fuhren wir da nicht gerade ans andere Ende der Welt in den Urlaub, sondern nur zu Tante Hedi ins Bergische, und konnten also locker umdrehen und die Katastrophe verhindern.
Ich ließ meine Steffi aber boshafterweise noch ein wenig zappeln. Das war fies. Ja. Vielleicht lag es an der allgemeinen Erregung, am so genannten Reisefieber … ich will es auch nie wieder tun.
Der Taxifahrer wurde noch langsamer und einige Fahrzeuge rasten böse hupend an uns vorbei … nein, ich konnte nicht riskieren, dass wir deswegen zu spät zum Flughafen kamen, also sagte ich schließlich: „Bügeleisen ist aus, mein Schatz. Ich hab selbst nachgesehn.“
„Oh, du mieser Kerl, und es WAR auch aus. Ich HATTE es ausgeschaltet. Das WEIß ich doch!“ Steffi war echt sauer.
„Nein, du weißt es eben NICHT, sonst hättest du jetzt ja nicht so lange überlegt, OB es aus ist. Du warst dir nicht sicher.“
Das hätte ich wohl besser nicht sagen sollen, ich alter Klugscheißer, denn jetzt war sie auch noch beleidigt, aber ich kann es ja auch nicht lassen. Sie drehte sich demonstrativ zur Seite und kümmerte sich dann intensivst um Max, der seit gestern Abend etwas Temperatur hatte. Ausgerechnet. Um mich kümmerte die liebe Steffi sich erst mal gar nicht mehr. So, das hatte ich davon.
„Weiter!“, sagte ich kurz ab zum Taxifahrer, und der gab achselzuckend wieder richtig Gas Richtung Flughafen. Ich meine auch, ein leichtes Kopfschütteln bemerkt zu haben. Unverschämter Kerl.
Und da fiel es mir ein.
Ich hatte gestern noch lange danach gesucht, aber dann hatte ich es aufgegeben und irgendwie auch vergessen. ICH habe etwas vergessen. Ich habe kein Ladegerät für mein Handy! Verdammt. Das ist schlimm! Zwei Wochen ohne Verbindung mit der richtigen Welt? Zwei Wochen, ohne mit der Redaktion zu telefonieren? Das geht ja gar nicht. Naja, die werden sicher im Hotel ein passendes Ladekabel für mich haben. Sicher. Ist ja schließlich ’n Traumhotel!
„Wott jo nehm?“, fragt mich jetzt die kleine, rote, rettende Boje auf dem Ko-Samui-Flughafen und sieht uns sehr freundlich lächelnd dabei an.
Wott jo nehm? Man muss sich erst mal an diese extravagante und selbstbewusste Art gewöhnen, so locker mit der englischen Sprache umzugehen. „Wott jo nehm?“ kann eigentlich nur heißen „What’s your name?“, kombiniere ich messerscharf, während wir uns zum wiederholten Male den Schweiß abwischen und die am Leib klebenden Kleider lösen, um wenigstens etwas von der zwar heißen, aber immerhin ventilatorisch gequirlten Luft an die nach Kühlung schreiende, schwitzende, schon Blasen werfende Haut kommen zu lassen.
„Our name is Knippschild“, sage ich freundlich, sehr deutlich und überaus bestimmt zu der netten Boje und denke, dass damit endlich Fahrt in die verfahrene Angelegenheit kommen müsste, wir erkannt und gescannt werden vom allmächtigen Urlaubsmoloch und wieder wie richtige Urlauber überhaupt existieren.
Doch damit liege ich leider falsch. Die kleine freundliche Boje findet unseren Namen leider nicht auf ihrer zerknitterten Liste, sieht uns aber trotzdem weiter freundlich an. Wahrscheinlich wird sie uns gleich mit demselben freundlichen Gesicht wieder zurück nach Deutschland schicken.
„Missa and Missi Lotze?“, fragt die kleine freundliche Frau stattdessen und blickt geduldig abwartend in die Runde. Lotze? Wenn ich die bis jetzt gelernten thailändischen Eigenarten bei der Aussprache auf diesen Namen anwende, dann ist ein deutsches ’R’ so was wie ein thailändisches ’L’, und das gesuchte Ehepaar hieße dann also … Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht hießen sie ja doch Lotze. Hoffentlich.
„Missa and Missi Lotze?“ wiederholt sie, und der ganz sympathisch wirkende baumlange Mann von Reihe vierzehn nähert sich jetzt etwas unsicher und zögerlich СКАЧАТЬ