Название: Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Автор: Lenelotte Möller
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843803809
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Nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler emigrierte Eichler zunächst nach Frankreich, wo er mit anderen Gegnern des NS-Regimes am Lutetia-Kreis teilnahm, und dann nach England. Er gab die »Reinhart-Briefe« und »Die Sozialistische Warte« heraus und arbeitete bei der BBC an deutschsprachigen Sendungen zur Aufklärung der Bevölkerung mit. Mit Gleichgesinnten deutschen Emigranten gründete er die »Union deutscher sozialistischer Organisationen in Großbritannien«. Gleich nach dem Kriegsende kehrte er nach Deutschland zurück und wurde wie auch die meisten anderen Mitglieder der Union Mitglied der SPD. Er gab 1946–1971 die Zeitschrift »Geist und Tat« heraus und war 1946–1951 Chefredakteur der »Rheinischen Zeitung« in Köln. Das Godesberger Programm der SPD entstand unter seiner Leitung. Auch war er 1947–1948 Mitglied des nordrhein-westfälischen Landtages und in der ersten Wahlperiode Bundestagsabgeordneter. Willi Eichler starb 1971 in Bonn.
Quellen und Literatur: Werner Link: Die Geschichte des Internationalen Jugend-Bundes (IJB) und des Internationalen Sozialistischen Kampf-Bundes (ISK). Ein Beitrag zur Geschichte der Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Meisenheim am Glan 1964; Sabine Lemke-Müller: Ethischer Sozialismus und soziale Demokratie. Der politische Weg Willi Eichlers vom ISK zur SPD. Bonn 1988
Wissenschaftler und Intellektuelle
Obwohl die NS-Ideologie im Gegensatz zu anderen Weltanschauungen mit einem wissenschaftlich-kritischen Weltbild nicht vereinbar war, stellten sich nach 1933 viele Wissenschaftler in ihren Dienst: Geisteswissenschaftler und Juristen nicht selten im Interesse ihrer Karriere, Mediziner, Physiker und Ingenieure, weil ihnen diese Ideologie zu tun gestattete, was eigentlich gegen die Prinzipien ihrer eigenen Wissenschaft verstieß. Andere versuchten, durch Stillhalten und Zugeständnisse ihre Arbeitsstelle zu erhalten, wenigstens solange, wie sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten.
Dabei wurde auf die politische Gefahr von rechten Bewegungen schon sehr früh hingewiesen, beispielsweise von dem Mathematiker Emil Julius Gumbel (1891–1966), der bereits 1922 in seinem Buch »Vier Jahre Politischer Mord« die Einseitigkeit der deutschen Justiz gerügt hatte.
Emil Julius Gumbel
Gumbel wurde am 18. Juli 1891 geboren. Er studierte Nationalökonomie und Mathematik in München und Berlin und promovierte 1913. Nach dem Kriegsdienst von 1914 bis 1916 arbeitete er als Ingenieur bei verschiedenen Firmen und war anschließend Lehrer an der Betriebsräteschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin. 1923 habilitierte er sich und war mit Unterbrechungen an der Universität Heidelberg als Dozent für Statistik tätig, gleichzeitig Pazifist und Publizist.
1931 erschien seine Flugschrift: Lasst Köpfe rollen. Faschistische Morde 1924–1931, in der er von den beobachteten Tatbeständen auf die vermutliche Art der Machtausübung der Nationalsozialisten schloss:
Die nationalsozialistische Bewegung, das Sammelbecken der Enttäuschten, der Verbitterten, der Desperados, der Illusionäre, die mit einem Schlag durch die nationale Revolution alle Probleme unserer Zeit lösen wollen, steht, wenn wir die neuen Erklärungen ihrer Führer mit der bisherigen Geschichte vergleichen, in einem tiefgründigen Umbildungsprozeß. Die zuchtlose Soldateska soll gebändigt werden, die echten Revolutionäre werden desavouiert, das »Dritte Reich« soll legal herbeigeführt werden. Nach diesem Gedanken modelt sich auch das Bild von der eigenen Geschichte, also das, was die Führer heute, als bisher geschehen, wahr haben wollen.
In dem gegen die Ulmer Reichswehroffiziere vor dem Reichsgericht wegen Hochverrat geführten Prozeß hat Herr Hitler am 25. September 1930 beschworen, die militärische Ausbildung der Sturmabteilungen von 1923 sei auf amtlichen Wunsch geschehen; bei seinem Putsch habe er unter Zwang gehandelt; heute sei die nationalsozialistische Bewegung streng legal; sobald sie gesiegt habe, werde er einen neuen Staatsgerichtshof einrichten und ganz legal »Köpfe rollen« lassen.
[…] Wer soll ihn, den großen Mann, zum Putsch genötigt haben? Seine ganze Vergangenheit beweist die Unglaubwürdigkeit solcher Schwüre. […] Der Terror ist keineswegs neu. [… Es folgt eine detaillierte Liste der seit 1919 begangenen Morde durch Rechtsradikale, geordnet nach Jahren; die Zahl der Toten steigt 1930 auf das Fünffache (20) gegenüber dem Vorjahr (4) und kommt auf die Gesamtsumme von 63 Morden.]
Diese Zahlen verlaufen ungefähr parallel dem Anwachsen der nationalsozialistischen Bewegung, von 1924 bis 1929 sehr langsam, dann sprunghaft rasch. In diesen Bluttaten offenbart der Faschismus sein wahres Gesicht. Er zeigt dem deutschen Volk die Methoden, deren er sich bedienen wird, wenn er zur Macht kommen sollte.
Republikaner! Vergleicht Hitlers Schwüre mit dem Wirken seiner Anhänger! Nieder mit den Faschisten, ihren offenen Anhängern und versteckten Freunden! Wer den Faschismus nicht will, der kämpfe mit uns gegen dieses Mordsystem, der komme zur Deutschen Liga für Menschenrechte!
Gumbel: Lasst Köpfe rollen, S. 3,4 und 23
Auch förderte er die Aussöhnung mit Frankreich, bis er 1932 nach Disziplinarverfahren und Entzug der Lehrerlaubnis nach Frankreich emigrierte, von dort 1940 in die USA.
In New York lehrte er bis 1955 an verschiedenen Universitäten; im Sommersemester 1955 übernahm er eine Gastprofessur an der FU Berlin. Gumbel starb am 10. September 1966 in New York.
Literatur: Emil Julius Gumbel: Vier Jahre Lüge. Berlin 1919; ders.: Zwei Jahre Mord. Berlin 1921; ders.: Verschwörer. Beiträge zur Geschichte und Soziologie der nationalistischen Geheimbünde seit 1918. Wien 1924 21979; ders.: Vier Jahre politischer Mord. Wien 1924 21980; Adolf Leisen: Die Ausbreitung des völkischen Gedankens in der Studentenschaft der Weimarer Republik. Heidelberg (Diss.) 1964; Christian Jansen: Der »Fall Gumbel« und die Heidelberger Universität 1924–1932. Heidelberg 1981; ders. (Hrsg.): Emil Julius Gumbel: Portrait eines Zivilisten. Heidelberg 1991; Wolfgang Benz: Emil J. Gumbel – Die Karriere eines deutschen Pazifisten. In: 10. Mai 1933 – Bücherverbrennung in Deutschland und die Folgen. Hrsg. von Ulrich Walberer, Frankfurt 1983, S. 160–198; Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), S. 173–176; Arthur David Brenner: Emil J. Gumbel – Weimar German pacifist and professor. [Studies in Central European Histories, Bd. XXII] Boston u.a. 2001
Theodor Lessing
Theodor Lessing wurde am 8. Februar 1872 in Marienbad geboren und habilitierte sich 1907 an der TU Hannover im Fach Philosophie. Lessing war von jüdischer Abstammung und Sozialdemokrat, was ihn ohnehin schon in Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten stellte und seine wissenschaftliche Karriere trotz seines Einsatzes als freiwilliger Lazarettarzt im Ersten Weltkrieg hemmte. Seine kritische Biographie des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg war Anlass feindlicher Angriffe und für die Umwandlung seines Lehrauftrages als außerordentlicher Professor in einen Forschungsauftrag durch die Universität. Dennoch fasste er seine Meinung noch einmal 1926 in einem Zeitungsartikel zusammen:
[…] Von dem Augenblick, wo dieser unpolitischste aller Menschen zu einer politischen Rolle mißbraucht wird, wird ein Anderes entscheidend: Dieser Mann ist durch und durch Mann des Dienstes. Hier sind noch nicht einmal die Ansätze СКАЧАТЬ