Название: 1177 v. Chr.
Автор: Eric H. Cline
Издательство: Автор
Жанр: История
isbn: 9783534746606
isbn:
Binnen eines Jahrhunderts, bis in die Zeit von Pharao Amenophis III. Mitte des 14. Jahrhunderts v. Chr., herrschten so gute Beziehungen zwischen Ägypten und Mitanni, dass Amenophis gleich zwei mitannische Prinzessinnen heiratete.
Mitanni, Assyrien, Ägypten. Die Welt wuchs immer mehr zusammen, wenn auch manchmal nur als Ergebnis blutiger Kriege.
Der Aufstand von Aššuwa in Anatolien
Es ist eine faszinierende Vorstellung, dass Thutmosis III. mit weit entfernten Gebieten nördlich und westlich von Ägypten in regem Kontakt stand und vielleicht sogar aktiv mit ihnen Waren austauschte. Es kann durchaus sein, dass der Kontakt Ägyptens mit Aššuwa (vorausgesetzt, dass es tatsächlich mit Isy identisch war) von Aššuwa ausging. Um 1430 v. Chr. kam es in Aššuwa zu einem Aufstand gegen die zentralanatolischen Hethiter, und es ist durchaus möglich, dass Aššuwa im Jahrzehnt vor diesem Aufstand aktiv nach diplomatischen Kontakten zu anderen Großmächten suchte.49 Bis 1991 interessierten sich nur wenige Forscher für den Aufstand von Aššuwa; doch dann stieß der Fahrer eines Bulldozers beim Straßenbau in der Nähe der antiken Stätte Hattuša (208 Kilometer östlich von Ankara) auf etwas Metallisches. Er sprang aus dem Fahrerhaus und fand im gelockerten Erdreich einen langen, dünnen und dunkelgrün gefärbten Gegenstand. Das Objekt sah aus wie ein antikes Schwert, und als die Archäologen des örtlichen Museums es reinigten, bestätigte sich ihre Annahme.
Es handelte sich jedoch nicht um eines der typischen Hethiter-Schwerter, sondern um eine Waffe, die man in dieser Region noch nie zuvor gesehen hatte. In die Klinge waren Schriftzeichen eingeritzt, und es schien zunächst erfolgversprechender, die Schrift zu entziffern, als die Herkunft des Schwertes auf andere Weise zu bestimmen. Der Text war in Akkadisch verfasst, der üblichen Diplomatensprache des bronzezeitlichen alten Orients, und zwar in Keilschrift: Er lautete wie folgt: »i-nu-ma mDu-ut-ha-li-ya LUGAL.GAL KUR URUA-as-su-wa u-hal-liq GIR HI.A an-nu-tim a-na DIskur be-li-su u-se-li.« Falls es tatsächlich Leser geben sollte, die kein Akkadisch können, hier die Übersetzung: »Als Duthalija, der Großkönig, das Land Aššuwa zerschlug, weihte er diese Schwerter dem Gott des Sturmes, seinem Herrn.«50
Die Inschrift bezieht sich auf den sogenannten Aufstand von Aššuwa, den der Hethiterkönig Tudhalija I./II. ca. 1430 v. Chr. niederschlug (man bezeichnet ihn stets als »I./II.«, da man nicht genau weiß, ob er der erste oder der zweite König mit diesem Namen war). Forschern, die sich mit den Hethitern beschäftigten, war diese Revolte bereits wohlbekannt: Sie wird in diversen Keilschrifttexten auf Tontafeln erwähnt, die deutsche Archäologen Anfang des 20. Jahrhunderts bei Ausgrabungen in Hattuša entdeckten. Das Schwert jedoch war die erste Waffe und überhaupt das erste Artefakt, das man mit diesem Aufstand in Verbindung bringen konnte. Aus der Inschrift geht hervor, dass es wahrscheinlich noch mehr solche Schwerter gibt, die noch nicht gefunden wurden. Doch bevor wir hier fortfahren, sollten wir einen Moment innehalten und uns mit den Hethitern beschäftigen, Aššuwa verorten und den Aufstand ein wenig eingehender untersuchen. Dabei geht es darum, inwiefern diese Rebellion Zeugnis eines frühen »Internationalismus« ist und – möglicherweise – ein Beweis dafür, dass der Trojanische Krieg 200 Jahre früher stattfand und aus ganz anderen Gründen, als Homer sie anführt.
Exkurs: Entdeckung der Hethiter und Überblick
Was zunächst einmal erstaunlich ist: Obwohl die Hethiter den größten Teil des 2. Jahrtausends v. Chr. von ihrer Heimat in Zentralanatolien aus ein riesiges Reich regierten, gerieten sie (zumindest in geographischer Hinsicht) komplett in Vergessenheit, bis man sie vor gerade einmal 200 Jahren wiederentdeckte.51
Bibelkennern waren die Hethiter immerhin ein Begriff, da sie in der Bibel mehrmals auftauchen, als eines von zahlreichen Völkern, deren Namen auf »-iter« endete (Hethiter, Heviter, Amurriter, Jebusiter usw.) und die gegen Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. in Kanaan lebten, mit den Hebräern/Israeliten interagierten und ihnen am Ende unterlegen waren. Beispielsweise erfahren wir, dass Abraham von einem Hethiter namens Ephron eine Grabstätte für seine Frau Sarah kaufte (1. Mose 23: 3–20), dass König Davids Frau Bathseba in erster Ehe mit dem Hethiter Uria vermählt war (2. Samuel 11: 2–27) und dass König Salomo unter seinen Gattinnen »hethitische Frauen« hatte (1. Könige 11: 1). Dennoch waren die Bemühungen, die Hethiter in der biblischen Landschaft zu verorten, lange Zeit nicht von Erfolg gekrönt, und das, obwohl Moses in der Szene mit dem brennenden Dornbusch ziemlich genau ihren Standort erfährt: »Ich bin herabgestiegen, um sie [die Israeliten] der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter« (2 Mose 3:8).52
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts traten dann Entdecker wie Johann Ludwig Burckhardt auf den Plan, ein Schweizer, der sich seine Nachforschungen vor Ort dadurch erleichterte, dass er sich in orientalische Gewänder kleidete (und sich selbst »Scheich Ibrahim« nannte). Forscher wie er waren es, die im Inneren der Türkei die Überreste einer bisher unbekannten Zivilisation aus der Bronzezeit entdeckten. Und irgendwann zählte man endlich zwei und zwei zusammen: Im Jahr 1879 verkündete der angesehene Assyriologe Archibald H. Sayce auf einer Konferenz in London, die Hethiter hätten gar nicht in Kanaan gelebt, sondern in Anatolien, also in der Türkei und nicht im Raum Israel/Libanon/Syrien/Jordanien. Seine Ausführungen fanden allgemeine Zustimmung und besitzen noch heute Gültigkeit, auch wenn man sich fragen muss, wie die Bibel so falsch liegen konnte.
Des Rätsels Lösung ist so einfach wie logisch: So wie sich das britische Empire auf Gebiete erstreckte, die weit von den britischen Inseln entfernt lagen, gehörten auch zum Hethiterreich Regionen im Westen der Türkei und im Süden, in Syrien. Und genau so wie man in einigen Teilen des längst verschwundenen britischen Weltreiches noch heute Kricket spielt und seinen Nachmittagstee einnimmt, hielten sich auch in Teilen des ehemaligen Hethitischen Reiches im nördlichen Syrien Überreste der hethitischen Kultur, Sprache und Religion – und zwar so deutliche, dass wir jene Kultur, die im frühen 1. Jahrtausend v. Chr. blühte, als Neo-Hethiter bezeichnen. Dem heutigen Forschungsstand nach wurde das Alte Testament irgendwann zwischen dem 9. und 7. Jahrhundert v. Chr. verfasst; zu jener Zeit gab es die ursprünglichen Hethiter schon lange nicht mehr. Doch ihre Nachfolger, die Neo-Hethiter, lebten fest etabliert im Norden Kanaans. Und dort interagierten sie zweifellos mit den Israeliten und anderen Völkern der Levante. Das führte zu ihrer Erwähnung in der Bibel, was wiederum die späteren Entdecker der Suche nach den Original-Hethitern verwirrte.53
Was noch dazukam: Als die Archäologen schließlich begannen, die Stätten der Hethiter auszugraben und die zahlreichen Tontafeln, die sie dort fanden, zu übersetzen, wurde schnell klar, dass sich dieses Volk selbst gar nicht als »Hethiter« bezeichnet hatte. Der Name, den sie sich selbst gaben, war eher so etwas wie »Nēšiter« oder »Nēšier«, nach der Stadt Nēša (die heute als Kültepe Kaniš bekannte Ausgrabungsstätte in Kappadokien in der Türkei). Diese Stadt blühte etwa 200 Jahre lang, als Sitz einer lokalen indoeuropäischen Dynastie, bevor König Hattušili I. (das bedeutet »der Mann aus Hattuša«) irgendwann um 1650 v. Chr. seine Hauptstadt weiter nach Osten verlegte und ihr eben diesen Namen gab: Hattuša. Wir nennen dieses Volk nur heute noch »Hethiter«, weil dieser Name bereits seinen festen Platz in der wissenschaftlichen Literatur hatte, bevor man die Tafeln mit ihrem eigentlichen Namen entdeckte und übersetzte.54
Die Lage der neuen Hauptstadt Hattuša war sorgfältig ausgewählt. Sie war so gut befestigt und so günstig gelegen (der einzige Zugang zur Stadt war ein enges Tal), dass sie während ihrer ganzen 500-jährigen Geschichte nur zwei Mal erobert wurde, offenbar beide Male von einem benachbarten Stamm, den Kaška. Ab 1906 gruben dort deutsche Archäologen wie Hugo Winckler, Kurt Bittel, Peter Neve und Jürgen Seeher, und sie fanden Tausende von Tontafeln. Darunter СКАЧАТЬ