Traumatische Verluste. Roland Kachler
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Название: Traumatische Verluste

Автор: Roland Kachler

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Hypnose und Hypnotherapie

isbn: 9783849782658

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СКАЧАТЬ auch die unmittelbaren psychophysiologischen Reaktionen einer Traumatisierung (vgl. Kapitel 2) mit.

      •etwa sechs Monate nach dem Verlusttrauma: Häufig kommen die Hinterbliebenen etwa ein halbes Jahr nach dem traumatisierenden Verlust, weil nun die konkreten Pflichten, die mit dem Tod des nahen Menschen verbunden waren, weitgehend abgeschlossen sind. Nun wird meist der Verlustschmerz intensiver. Viele Hinterbliebene leiden aber auch daran, dass das Erleben der Dissoziation wie emotionale Taubheit nicht nachlässt. Dazu kommt, dass sich Angehörige und Freunde mit zunehmender Dauer überfordert fühlen und die Hinterbliebenen zur Inanspruchnahme von professioneller Hilfe drängen oder sich auch zurückziehen. Die Hinterbliebenen befinden sich nach den ersten sechs Monaten noch immer in der unmittelbaren Traumareaktion, insbesondere im dissoziativen Erleben, zugleich werden der Verlustschmerz und offene Fragen beispielsweise nach der ungeklärten Schuld oder Mitschuld stärker.

      •kurz vor oder nach dem ersten Todestag: Der erste Todestag ist aus vielen Gründen ein belastender, schmerzlicher Einschnitt im Verarbeitungsprozess nach einem traumatischen Verlust, bei dem die Hinterbliebenen oft spüren, dass sie mit den ersten Folgen des traumatisierenden Verlustes (vgl. Kapitel 2 und 3) nicht selbst zurechtkommen. Insbesondere die Erfahrung der bleibenden Dissoziation, der Erstarrung und der Flashbacks sowie die intensiven, oft noch zunehmenden Verlustschmerz-Attacken sind für die Hinterbliebenen sehr verstörend. Auch die Erfahrung, dass nach (!) dem ersten Todestag, also erst im zweiten Trauerjahr, entgegen der eigenen Erwartungen der Verlustschmerz intensiver (!) wird, bewegt Hinterbliebene, professionelle Hilfe aufzusuchen.

      •nach etwa 18 bis 24 Monaten mit einer Komplizierten Trauma-Trauer-Folge-Störung: Wenn es nach etwa 18 Monaten keine erste Linderung der Verlusttrauma-Folgen, sondern wie häufig vorkommend, eher eine Intensivierung gibt, dann liegt in aller Regel eine Komplizierte Trauma-Trauer-Folge-Störung (im Weiteren abgekürzt als KTTS, vgl. Kapitel 4) vor, bei der sich die Traumareaktionen und die Verlustreaktionen gegenseitig verstärken, sodass sich nun fixierte Traumafolgen einstellen. Die Hinterbliebenen leiden dann z. B. daran, dass die Attacken des Verlustschmerzes intensiver werden und diese die Traumareaktion triggern, sodass sie keinen Zugang zu ihrem verstorbenen nahen Menschen finden oder keinen Lebenssinn mehr sehen. Die KTTS kann oft noch im Rahmen einer Beratungsinstitution als Verlusttrauma-Beratung behandelt werden, meist aber braucht es die Behandlung im Rahmen einer Psychotherapie.

      •nach etwa 24 Monaten mit chronifizierten psychischen Folgesymptomen wie einer Depression oder psychosomatischen Symptomatik: Hier ist nun die KTTS in eine psychische Folgesymptomatik, oft mit deutlichem Krankheitswert umgeschlagen oder hat sich entsprechend dorthin entwickelt. Nun steht bei den Patienten zunächst die konkrete Symptomatik wie eine Depression (ICD F32) oder eine psychosomatische Erkrankung wie etwa eine anhaltende Schmerzstörung (ICD F45.4) oder massive Herzbeschwerden im Sinne einer Herzneurose (ICD F45.30) im Mittelpunkt des Erlebens und veranlasst die Hinterbliebenen, professionelle Hilfe aufzusuchen, wobei meist der Zusammenhang zum Verlusttrauma gesehen oder geahnt wird.

      Für die ersten drei beschriebenen Situationen, oft auch bei einer leichteren KTTS, eignet sich eine

      • Verlusttrauma-Beratung: Sie setzt in aller Regel unmittelbar nach dem Verlust, oft auch nach sechs Monaten oder in der Zeit um den ersten Todestag ein. Das unmittelbare Ziel der Verlusttrauma-Beratung liegt darin, die Hinterbliebenen bei einer heilsamen Transformation des Verlusttraumas zu unterstützen und damit die Entwicklung in Richtung einer KTTS zu verhindern. Anders gesagt geht es hier darum, die Traumatisierung zu lösen, den Realisierungs- und Beziehungsprozess in Fluss zu bringen und über verschiedene Schwierigkeiten hinweg im Fluss zu halten, sodass ein wieder glückendes Leben mit der Integration des Verlusttraumas und der inneren Beziehung zum Verstorbenen möglich wird (Kachler 2019).

      Dieser Beratungsprozess kann an einer Beratungsinstitution oder im Rahmen einer Psychotherapie stattfinden. Beratungsinstitutionen müssen allerdings klären, ob sie für eine Verlusttrauma-Beratung die genügende Anzahl von etwa 30 bis 40 Sitzungen und einen Zeitraum von meist anderthalb bis zwei Jahren zur Verfügung stellen können.

      Viele von einem Verlusttrauma Betroffene suchen zunächst auch eine Trauerbegleitung bei Ehrenamtlichen oder eine Trauergruppe auf. Das kann für Betroffene eine wichtige erste Anlaufstelle sein. In aller Regel ist dann aber eine Weiterverweisung an eine professionelle Beratungsinstitution oder Psychotherapie notwendig.

      Hat sich nach einem Verlusttrauma über längere Zeit eine schwere KTTS oder eine psychische Folgesymptomatik wie eine Depression oder ein Schmerzsyndrom entwickelt, braucht es eine

      •Verlusttrauma-Psychotherapie: Betroffene kommen meist nach etwa 24 Monaten mit einem konkreten Symptom wie einer Depression oder psychosomatischen Symptomatik, unter der sie dauerhaft und intensiv leiden. Meist führen sie selbst oder andere Verweisende wie Ärzte oder Familienangehörige die Symptomatik auf das Verlusttrauma zurück. Diese Verlusttrauma-Psychotherapie muss im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung mit wöchentlichen Sitzungen in einer Anzahl von 60 bis 80 Stunden über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren durchgeführt werden. Ist dazu die Stabilität der Patienten gefährdet, bietet sich als Einleitung und Vorbereitung einer Verlusttrauma-Psychotherapie auch der Aufenthalt in einer psychotherapeutischen Klinik an.

      Wir wenden uns zunächst dem Erstgespräch für die Verlusttrauma-Beratung zu, wobei die meisten Elemente auch für die Verlusttrauma-Psychotherapie wichtig sind.

      Vor dem Erstgespräch kennen wir aus der Anmeldung per Telefon oder Mail die wichtigsten Informationen über den Tod und die Todesumstände des verstorbenen nahen Menschen, sodass wir meist schon absehen können, ob die oben beschriebenen Kriterien eines traumatischen Verlustes vorliegen. Das Erstgespräch dient neben der Kontaktaufnahme und ersten Beziehungsanbahnung auch dazu, die Schwere der Traumatisierung und der Trauerreaktion einzuschätzen. Dazu möchte ich folgende Prozessschritte vorschlagen:

      •Begrüßung und Beileid: Wir sprechen bei der Begrüßung unser Beileid für die Betroffenen aus: »Mein Beileid zum Tod Ihres Mannes« oder »Der Tod Ihres Kindes tut mir sehr leid.«

      Wir benutzen hier die bekannten traditionellen Formeln, da diese zunächst kommunikative Sicherheit bieten. Dabei geben wir einen festen Händedruck und schauen den Betroffenen – sofern sie nicht die Augen niederschlagen – in die Augen, um von Beginn an zu signalisieren, dass wir ihr Leid und ihren Schmerz aushalten und mit ihm umgehen können.

      •Mitgefühl für den Verstorbenen und die Hinterbliebenen: Wir sprechen unser Mitgefühl für den Verstorbenen (!) und die Hinterbliebenen aus: »Es ist schlimm, was Ihrem lieben Menschen geschehen ist. Es tut mir leid, dass er nicht mehr leben darf und Sie den schweren Trauerweg gehen müssen.«

       Beachte!

       Unser Mitgefühl bezieht sich zuerst auf den Verstorbenen, dann auf die vom Verlust betroffenen Hinterbliebenen.

      •Äußere Stabilität und Versorgung sichern: Wir laden die Hinterbliebenen ein, sich sicher in den Stuhl zu setzen, und fragen nach, ob sie sich dabei gut gehalten fühlen. Wir sollten in jedem Fall ein Glas Wasser zur Verfügung stellen und fragen, ob die Hinterbliebenen jetzt für dieses schwere Gespräch noch etwas Weiteres brauchen.

      •Fragen zur Person des Verstorbenen: Wir stellen zu Beginn einige objektivierende Fragen zum Verstorbenen, nach seinem Alter, seiner Situation in Ausbildung oder Beruf und seinem Beziehungsstatus. Häufig zeigen uns die Hinterbliebenen auch Fotos von dem Verstorbenen, СКАЧАТЬ