Spielregeln für Game Changer. Kerstin Friedrich
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Название: Spielregeln für Game Changer

Автор: Kerstin Friedrich

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная деловая литература

Серия: Dein Business

isbn: 9783956239120

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СКАЧАТЬ führen Fehler meist unweigerlich zu schlechten Noten. Das Kooperieren darf man ab und an im Projektunterricht üben. Typischerweise lernt man da, dass es immer einen hoch motivierten, fähigen Idioten gibt, der die Arbeit für den Rest der Gruppe erledigt. Ansonsten wird jede Form intelligenter Kooperation – etwa das Abschreiben – streng geahndet. Nicht gerade die perfekten Voraussetzungen, um später im Berufsleben gemeinsam mit einer Gruppe von Menschen zu experimentieren und (zu Lernzwecken) zu scheitern.

      Fazit: Wir brauchen neue Formen der Arbeitsorganisation, weil sich komplexe Aufgaben und schnelles Reagieren schlecht mit hierarchischen Strukturen vertragen.

      Das wahre Elend der Managementlehre liegt indes an der Wurzel einer jeden sozialwissenschaftlichen Theorie und Weltanschauung: dem Menschenbild. Im Theoriegebäude der Ökonomie agiert der Mensch (der Homo oeconomicus) als gefühlsamputierte, egozentrische Witzfigur. Der wichtigste Protagonist (der Unternehmer / das Unternehmen) hat zum obersten Daseinszweck das Schaufeln von Gewinnen. Der Antagonist kennt nur einen einzigen Lebenszweck: das Konsumieren von Gütern und Dienstleistungen bis zur Sättigungsgrenze. Diese ist bei einzelnen Gütern schnell erreicht (der Grenznutzen des fünften Biers in Folge ist in aller Regel negativ), in Gänze jedoch sind die Bedürfnisse unendlich. Ob irgendjemand durch das eigene Streben nach Befriedigung zu Schaden kommt, interessiert den Modell-Konsumenten nicht. Auch hat er keinerlei relevante Bedürfnisse nach Dingen, die nicht von Knappheit regiert werden. Luft und Liebe, die Nahrung der Verliebten, kommen im Marktmodell nicht vor.

      Das Menschenbild, das der Managementlehre – und auch unserem Bildungssystem (!) – zugrunde liegt, stammt aus der psychologischen Forschung des 19. Jahrhunderts und basiert auf den Theorien der Evolutionspsychologie und der Soziobiologie. Diesen zufolge ist der Mensch so wie jedes andere tierische Wesen in erster Linie auf Selbst- und Arterhalt programmiert. Grob vereinfacht ausgedrückt dienen alle Anstrengungen dazu, möglichst attraktiv für potenzielle Sexualpartner zu werden und dann ordentlich für die Nachkommen zu sorgen. Demnach strengen wir uns nur um der eigenen Vermehrung und des eigenen Vorteils willen an und gehen darüber hinaus den Weg des geringsten Widerstands.

      Auf den ersten Blick ein Modell von bestechender Logik. Man braucht sich nur anzuschauen, welchen Aufwand wir betreiben, um in den Unternehmenshierarchien nach oben zu steigen, und wie viel Geld wir für demonstrativen Konsum ausgeben: Guccitasche, Manolo Blahniks, Rolex und Porsche sind demnach nichts anderes als Rangabzeichen im Kampf um die passenden Vermehrungspartner.

      Wenn wir glauben, der Mensch sei nur von Eigennutz getrieben, müssen wir zwangsläufig mit Vorgaben und Anreizen arbeiten, um ein gewünschtes Verhalten zu erzeugen. Schauen wir ins Bildungssystem: Wenn wir meinen, dass Kinder nicht von Natur aus Lust auf Lernen und Entwicklung haben, müssen wir die deprimierenden Dressursysteme installieren, die wir an praktisch jeder Schule vorfinden. Die Kinder werden in einen festen Lernplan gepresst, müssen dort den Lernstoff abarbeiten wie Fabrikarbeiter und werden durch ein perfides Angstsystem von Schulnoten und »Sitzenbleiben« dazu »motiviert«, das zu tun, was man von ihnen erwartet. So oder ähnlich geht es dann in den Unternehmen weiter: Stellenbeschreibungen, Zielvorgaben, Kontroll- und Beurteilungssysteme sollen dafür sorgen, dass Menschen das tun, was wir von ihnen erwarten.

      Deprimierenderweise erzeugen wir aber gerade damit die Haltung, die wir eigentlich bekämpfen wollen. Denn wenn wir Menschen behandeln wie bequeme Egoisten, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn sie sich genau so verhalten. Dass es in vielen Unternehmen eine Dienst-nach-Vorschrift-Mentalität gibt, ist eine logische Folge der vielen Vorschriften und Misstrauenssysteme. Der Autor Reinhard K. Sprenger hat schon vor 30 Jahren in seinem wegweisenden Buch Mythos Motivation offengelegt, dass variable, von der Leistung abhängige Gehälter (wie Umsatzprämien im Verkauf) eine unausgesprochene Misstrauenserklärung sind. Sie sagen schließlich nichts anderes aus als: »Wenn ich dir ein angemessenes Fixgehalt gebe, machst du weniger, als du zu leisten imstande bist.«

      Es ist klar, dass wir mit einem negativen, reduktionistischen Menschenbild keine Unternehmensstruktur (und daraus resultierend eine Unternehmenskultur) aufbauen können, die auf gegenseitigem Vertrauen, Transparenz und Selbstorganisation aufbaut.

       Wie Menschen wirklich ticken

      Mittlerweile wissen wir – insbesondere durch neuere Forschung der Positiven Psychologie und der Neurobiologie – dass wir das Menschenbild der Soziobiologie gehörig erweitern müssen. Natürlich ist der Wunsch, uns fortzupflanzen und für unsere Liebsten zu sorgen, ein riesiger Motivator. Und, ja, für Männer ist es nach wie vor vorteilhaft, auf der sozialen Leiter möglichst weit oben zu stehen, denn das verspricht den Frauen, denen so etwas wichtig ist, ein hohes Maß an Sicherheit und Status. Umgekehrt dreht sich das Leben von vielen Frauen um gutes Aussehen, da auch dies von den männlichen Alphatieren belohnt wird – im Amerikanischen spricht man sehr schön von den sogenannten Trophy Wifes. Aber das ist natürlich nicht alles! Über Fortpflanzung und Sozialstatus hinaus schlummert in jedem Menschen der Wunsch, Teil von etwas Größerem zu sein und das eigene Talent zum Nutzen anderer zu entfalten. Wir wollen Dinge tun, die Sinn ergeben und auf die wir stolz sind. Und wir alle haben den großen Wunsch, Anerkennung und Wertschätzung für gute Leistung zu bekommen. Der Mensch ist ein Sozialwesen durch und durch, das dringend auf positive soziale Resonanz angewiesen ist. Wir brauchen weder Druck noch Kontrollen, um gute Arbeit zu leisten; wir wollen von Natur aus erfolgreich sein und als Team gewinnen. Das tradierte Menschenbild des habgierigen Egoisten gehört auf den Müll der Geschichte, und damit die Systeme von Kommando und Kontrolle, die wir jahrhundertelang gepflegt haben. Alles, was wir tun müssen, ist, das neue Menschenbild annehmen und uns fragen, wie wir Arbeit organisieren müssen, damit dort menschliche Grundbedürfnisse nach Entfaltung, Wirkung, Erfolg, Anerkennung und Wertschätzung erfüllt werden.

      Das Unternehmen von gestern wurde um die Frage herum konstruiert, wie wir ein Maximum an Kapitalproduktivität erzeugen. Die Unternehmen von morgen werden um die Frage herum konstruiert, wie Menschen ihr Potenzial bestmöglich im Dienste des Nutzens für andere6 entfalten können.

       Negative Glaubenssätze aufgeben

      Dieser Wandel wird umso besser gelingen, je erfolgreicher wir unsere alten, negativen Programmierungen und Erfahrungen durch Überzeugungen ersetzen wie »Alle Menschen im Unternehmen geben ihr Bestes, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gibt und die Voraussetzungen dafür schafft«. Auch wenn du im Moment noch in einer Kultur lebst, in der Misstrauen und Kontrolle an der Tagesordnung sind, halte es zumindest für möglich, dass es auch anders gehen kann. Frage dich einmal, woher diese Programmierungen stammen: Meist haben wir sie kritiklos aus Büchern, von Lehrern, Eltern oder Vorgesetzten übernommen. Um es mit Niels Pfläging auszudrücken: Transformationsarbeit bedeutet Arbeit an Glaubenssätzen. Wir werden im weiteren Verlauf dieses Buches immer wieder darauf zurückkommen.

      Befreie dich am besten auch gleich von der Vorstellung, dass Erfolg etwas mit Kampf und Krieg zu tun hat. Die gesamte Managersprache wimmelt von Kriegsmetaphorik: »Kampf um Marktanteile«, »Kundenfront«, »Rekrutierung« und Ähnliches. Bewaffnet und trainiert wird der Verkäufer mit Psychomethoden, Einwandbehandlung und Abschlusstechniken. Dahinter steckt der falsch verstandene Darwinismus des »survival of the fittest« und des »struggle for survival«: Im Überlebenskampf siegt der Stärkste und der am besten Bewaffnete. Begleitet wird dieses Missverständnis vom linear-statischen »Kuchendenken«: Der Markt ist wie eine große Torte, von der sich viele Mitbewerber ein möglichst großes Stück abschneiden wollen. Wer sich jetzt am schnellsten und mit den besten Messern bewaffnet in den Kampf stürzt, ergattert das größte Stück. Dass man sich ganz ohne Kampf mit ein bisschen Kreativität und Tatkraft einen eigenen Kuchen backen kann, hat sich noch nicht überall herumgesprochen. So ist es denn kein Wunder, dass normale Menschen »die Wirtschaft« nicht als einen Ort der Erfüllung und der Selbstentfaltung verstehen, СКАЧАТЬ