Название: Rob
Автор: Regina Mars
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Club der dichten Dichter
isbn: 9783969877937
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»Worüber sollen wir dann reden?«
2. Saufgelage
Sie sprachen über Valentin. Den Weg zur Bar über und auch, als sie längst drinnen standen, von wummernder Musik umgeben, männlichen Schweiß- und Deogeruch in der Nase und Bierflaschen in der Hand. Es war so laut, dass der Boden unter ihren Schuhsohlen vibrierte. Und ziemlich leer. Auf der Tanzfläche befanden sich nur drei magere Studenten und es gab sogar freie Tische. Trotzdem lehnten sie sich an die rotgestrichenen Wände und beobachteten, wie die Tänzer sich verrenkten.
»Er wirft es einfach weg«, murrte Zebulon. Nach dem dritten Bier nuschelte er bereits. Leichtgewicht. »Der Vollidiot. Wie oft verliebt man sich in jemanden, der einen auch liebt? Das ist so unwahrscheinlich, vor allem für jemanden wie Valentin …«
»Valentin ist okay«, murrte Rob. Er musste Zebulon ziemlich nah kommen, um ihn zu verstehen. War nicht so schlimm wie erwartet. Anscheinend hatte der heute keine Räucherstäbchen abgefackelt, nur irgendetwas, das nach Zartbitterschokolade roch. Etwas Dunkles, Herbes, das an Kaminfeuer erinnerte. »Valentin ist total okay, deshalb braucht er keinen Kerl, der ihm vorschreibt, was er zu tun hat.«
»Wer sagt, dass dieser Mitbewohner ihm etwas vorschreibt?« Zebulon sah ihn böse an. »Sag die Wahrheit: Wie oft warst du schon verliebt und wurdest zurückgeliebt? Ich wette, das war nicht so oft, oder? Das ist so ein Glücksfall, es ist eine Schande, dass er das wegwirft …«
»Und wie oft ist dir das passiert, bei deinen Backpacker-Schwanzvergleichen?« Rob nahm einen Schluck Bier, um den bitteren Geschmack in seiner Kehle zu betäuben. Immer, wenn er an Julius dachte, kroch der in seinen Mund.
»Öfter als dir.«
»Das ist nicht schwer.«
Zebulon zögerte sichtlich. Dann nahm er einen Schluck Bier und beobachtete die Tänzer. Die legten sich richtig ins Zeug. Einer von ihnen lächelte Rob zu. Der hätte zurückgelächelt, aber er war zu genervt.
»Was?« Er schubste Zebulon an. »Was ist los? Reißt du dich gerade zusammen?«
»Wovon laberst du, Schmonzetten-Weib?«, knurrte Zebulon. »Und jetzt sag endlich, wie oft.«
»Kein Mal«, gab Rob zu. Obwohl er es einmal gedacht hatte. So sehr daran geglaubt hatte, dass es ihn dumm und unvorsichtig gemacht hatte. »Und du?«
»Einmal.« Zebulon sah zu Boden. »Ich … schätze, dass es so war.«
Rob schwieg. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Tiefschürfende Gespräche über die Vergangenheit waren nicht seine Stärke. Oder Zebulons. Und schon gar nicht, wenn sie sie miteinander führten. »Noch ein Bier?«
»Ja, bitte.« Zebulon seufzte. Irgendetwas war anders. Valentin musste versehentlich etwas wachgerüttelt haben. Etwas Altes, Menschliches, das ab und zu hinter der arroganten Fassade hervorblitzte.
Rob beschloss, nicht darüber nachzudenken. Sie waren hier, um zu trinken und etwas Nettes für die Nacht zu finden. Der dunkelhaarige Student auf der Tanzfläche war ganz süß. Der breite ältere Kerl an dem Ecktisch allerdings auch. Rob hatte keinen festen Typ. Zebulon warf ihm sogar vor, alles mitzunehmen, was ging und vermutlich hatte er recht.
Als er mit den Bieren zurückkehrte, hatte Zebulon sich in den alten Sauertopf zurückverwandelt. »Das hat ja gedauert«, murrte er und nahm das Bier entgegen.
»Gern geschehen, Zebilein«, flötete Rob. »Die nächsten zahlst du, klar?«
»Geizkragen.«
»Pleitekragen«, korrigierte Rob und stieß mit ihm an.
»Oh, richtig.« Wieder sah Zebulon zu Boden.
Galle stieg in Robs Hals hoch. Der Mistkerl wusste Bescheid. Das hätte ihn nicht wundern sollen. Anscheinend wussten alle Bescheid, selbst die, die Julius nie kennengelernt hatten.
»Kein Mitleid«, zischte er und ärgerte sich über sich selbst. Das war vorbei. Lange vorbei. Es ging ihm wieder gut.
»Mit keinem Mitleid kann ich dienen.« Zebulon rang sich sogar ein halbes Lächeln ab und hob sein Bier. »Prost.«
»Prost.« Vielleicht war das der Grund, aus dem er Zebulon … mochte? Nein, das war das ganz und gar falsche Wort. Aber Zebulon behandelte ihn nicht wie ein rohes Ei. Nicht so mitleidig und verständnisvoll wie seine anderen Freunde. Na, außer Milan. Dem konnte man selten etwas vom Gesicht ablesen. Vermutlich waren dem schlimmere Dinge zugestoßen, als dass sein Ex ihn ausgenommen hatte.
Rob traf eine Entscheidung. »Zebi, ich habe beschlossen, heute zu saufen. Scheiß auf Erotik.«
»Scheiß auf Erotik«, sagte Zebulon aus vollem Herzen. Einen Moment lang herrschte sowas wie Einigkeit zwischen ihnen. Dann begann Zebulon wieder, sich über Valentin zu beschweren, und Rob hörte schicksalsergeben zu. Gut, dass er das Bier hatte. Und das nächste. Und das nächste.
Als Zebulon nur noch in unzusammenhängenden Tiraden schwafelte, hatte die Bar sich geleert. Die Studenten waren verschwunden und Rob hatte die Gelegenheit verpasst, einen von ihnen anzusprechen. Der Typ am Ecktisch war ebenfalls weg. Nur noch er und Zebulon hielten den Barkeeper von seinem Feierabend ab, was der ihnen mit grantigen Blicken verständlich machte.
Seufzend ergab Rob sich in sein Schicksal. Kein Sex heute Abend, nur die Ergüsse seines Backpackerkumpels und der angenehme Bierschwindel. Nicht ideal, aber ein Umstand, mit dem er leben konnte. Morgen war auch noch ein Tag.
»Und genau das ist das Problem unserer Gesellschaft: Niemand hört mehr zu! Niemand nimmt sich mehr die Zeit, auf andere zu achten, auf ihre Bedürfnisse einzugehen und …«
»Zebulon, ich glaube, der Barkeeper hat das Bedürfnis, zu schließen. Und ich habe das Bedürfnis, einen Liter Bier auszupissen und dann nach Hause zu gehen.«
»Ich auch«, grollte Zebulon. »Und dann will ich nur noch vergessen.«
»Was vergessen?«
»Alles.« Zebulon marschierte voraus zu den Herrentoiletten.
Einträchtig nebeneinander stehend füllten sie die Pissoirs, wuschen sich die Hände, trockneten sie an den Hosen ab und verließen die Bar. Kalte Frühlingsluft empfing sie und brachte ihre schweißbedeckten Arme zum Frösteln. In der Bar war es heiß gewesen. Die Straßen waren leer, nur vereinzelt stolperten Partygänger über den Asphalt. Ab und zu rauschte ein Auto vorbei. Abgase und Dönerdüfte schwängerten die Luft. Die Straßenlaternen schienen trüb auf Hundescheiße, Gestrüpp und besprühte Betonpoller. An einem der Poller lehnte eine Oma und sang ein Lied auf Fantasie-Englisch. Rob fühlte sich einsam. Furchtbar einsam. Das Gefühl war mit einem Schlag da, vielleicht, weil er zu viel an Julius gedacht hatte. Irgendetwas stimmte heute Abend nicht.
»Ich habe einen guten Whisky daheim«, sagte er, als wäre es egal.
»Schottischen Whisky?«, fragte Zebulon. »Diesen amerikanischen Fusel trinke ich nicht, wie du weißt.«
»Das weiß ich. Du bist ein offenes Buch, was das betrifft, alter Freund.« Rob seufzte. »Kommst du mit oder nicht?«
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