Mord auf Antrag - Roland Benito-Krimi 2. Inger Gammelgaard Madsen
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Название: Mord auf Antrag - Roland Benito-Krimi 2

Автор: Inger Gammelgaard Madsen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Roland Benito

isbn: 9788711572955

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СКАЧАТЬ einfach eine Antwort geben? Mehr als je zuvor wollte sie wissen, was die Familie gespalten hatte. Was war schiefgelaufen? War es nur, weil Gustav Carola zu bald nach Mamas Tod geheiratet hatte? Sie stand mit verschränkten Armen am Fenster. Die warme Luft roch so anders als die in Mailand, an die sie sich das letzte Jahr zu gewöhnen versucht hatte.

      Gustav stellte sich hinter sie und legte vorsichtig die Hände auf ihre Schultern mit einer Bewegung, als ob er glaubte, dies sei eine unwillkommene Geste. »Es ist schön, dich wieder zu Hause zu haben, Sabrina. Selbst wenn die Umstände nicht ...«

      Er zog schnell die Hände zurück, als die Tür zum Wohnzimmer aufging und eine schlanke, geschminkte Frau, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, sich suchend umsah, bis sie die beiden am Fenster entdeckte. Die unnatürlich weißen Zähne blitzten in dem sonnengebräunten Gesicht auf. Selbstsicher stöckelte sie mit hohen Absätzen auf sie zu.

      »Ich habe dich in der Kirche gar nicht entdeckt, Sabrina. Schön, dich zu sehen. Das mit deiner Oma tut mir natürlich schrecklich leid«, sagte sie mit ihrer leicht rauchigen Stimme, die Männer sicher sexy fanden, und ergriff den Arm ihres Mannes. Zärtlich lehnte sie sich an ihn und musterte sie, als ob es etwas gäbe, das sie gerne ändern wollte. Aber diesen Blick nahm sie ihr nicht länger ab. Sie war daran gewöhnt. Es hatte immer etwas gegeben, das Carola an ihr missfallen hatte. Ihre Kleidung, ihre Haare, ihre Gesichtsfarbe, ihre mollige Figur. Als sie ein Kind war, hatte ihre Stiefmutter versucht, sie in unbequeme, kleine Prinzessinnenkleidchen zu stecken und ihr Schleifen in die Haare zu binden, um ihre Vorstellung eines hübschen Kindes an dem hässlichen Anhängsel von Tochter zu verwirklichen, aber es dauerte nicht lange, bis die Schleifen hingen und das Seidenkleid schmutzig war. Schließlich gab Carola auf und bekam stattdessen jedes Mal, wenn sie sie ansah, diesen Ausdruck in den Augen. Carola und Gustav hatten selbst keine Kinder bekommen. Warum, wusste sie nicht. Über so etwas sprach sie mit ihnen nicht. Ihr Privatleben war für die Umwelt ein verschlossenes Buch. Carola hatte einen Sohn aus einer früheren Ehe mit einem englischen Marineoffizier, aber er war drei Jahre älter als Sabrina und wohnte bei seinem Vater in England, sodass sie ihn nur ein paar Mal getroffen hatte, als sie noch ziemlich klein war. Er war selbst irgendetwas innerhalb der Marine geworden und segelte – soviel sie wusste – mit einer Korvette auf dem Persischen Golf herum.

      »Das war wirklich eine schöne Beerdigung«, sagte Carola, als das Schweigen drückend wurde. Gustav legte den Arm um ihre schlanke Taille und Sabrina musste widerwillig einräumen, dass sie ein schönes Paar abgaben, auch wenn beide schon in die Jahre gekommen waren. Sie nickte und spürte wieder die Tränen, die erneut die Oberhand zu gewinnen versuchten, aber sie schluckte und hielt sie zurück. Carola hatte sie noch nie weinen sehen.

      »Kommst du mit und isst mit uns?«, fragte Gustav. »Ich bin gespannt darauf zu hören, wie es dir mit dem Italienischen geht.«

      »Hast du dich eingelebt?«, unterbrach Carola. »Du hast doch schnell Heimweh bekommen, wenn ich Peter richtig verstanden habe.«

      Es ärgerte sie, dass Peter mit Carola über so eine private Sache, dass er überhaupt mit ihr gesprochen hatte, aber sie nickte bloß und strich ihre Haare hinter die Ohren. »Ja, ist schon besser. Die Sprache lerne ich nie, aber ich komm zurecht.«

      »Du musst dem Ganzen ein bisschen Zeit geben. Wegen Peter, meine ich. Dieser Job als Produktionsingenieur bei Grundfos ist doch seine große Chance.« Carola lächelte gezwungen und sah schnell zu Gustav. Es war Sabrina klar, dass sie das vorher diskutiert hatten. Ja, das war Peters große Chance. Aber was war mit ihr? Sie vermisste ihren Job im Hospiz Skovdal, von dem sie einen Jahresurlaub genommen hatte, um ihrem Mann zu folgen. Ohne die Sprache zu können war ihre Ausbildung als klinische Ernährungswissenschaftlerin in Italien nicht viel wert, obwohl es in Mailand einige Krankenhäuser gab. Aber jetzt dauerte es glücklicherweise nur noch ein halbes Jahr, bis sie nach Hause nach Dänemark zurückkehrten, wenn Peters Auslandsaufenthalt, Teil eines langfristigen Karriereplans, vorbei sein würde. Sie hätte auch zu Hause bleiben können, aber Peter hatte sich gewünscht, dass sie mitkam. Und eine kleine Pause vom Alltag mit kranken und sterbenden Menschen war zu dem Zeitpunkt nötig. Aber jetzt wünschte sie sich nur, nach Dänemark und zu ihrem Job zurückzukehren, und es hatte keinen Zweifel daran gegeben, dass sie nach Hause reisen würde, um an Elinas Beerdigung teilzunehmen, obwohl Peter nicht mitkommen konnte.

      »Ich bin mir sicher, dass Johanne etwas Leckeres für uns gekocht hat. Willst du wirklich nicht, Sabrina? Dann können wir miteinander reden«, versuchte Gustav es erneut und hielt ihren Arm fest, als ob er beabsichtigte, sie gegen ihren Willen mit sich zu ziehen, aber sie schüttelte den Kopf.

      »Danke, Papa, aber nein, ich bleib noch ein bisschen hier. Ich habe Emma versprochen, ihr morgen früh zu helfen, die Wohnung auszuräumen. Vielleicht schlafe ich heute Nacht hier.«

      »Du musst doch irgendwas essen.« Gustav sah sie bittend an.

      Sie hatte schon Lust, mit ihrem Vater zusammen zu sein, aber Carolas Kritik und Vorwürfe wollte sie nicht hören. Nicht heute. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und atmete den Duft seines exklusiven Aftershaves ein, das zweifelsohne von Carola ausgesucht worden war.

      »Fahrt ruhig, Papa. Ich bestell mir eine Pizza.«

      Carola verzog das Gesicht, sagte aber nichts, als sie sichtlich erleichtert mit ihrem Mann abzog. Im Weggehen warf er ihr einen langen Blick zu, bevor sie die Tür schloss.

      8

      Er legte den Kopf zurück und genoss die Nachmittagssonnenstrahlen auf seinem Gesicht. Anfang Oktober hatten sie natürlich nicht mehr die intensive Wärme des Sommers, aber es war unglaublich, er konnte hier draußen nur mit einem warmen Pullover sitzen. Die anderen Gäste des Cafés waren auch mehr oder weniger sommerlich gekleidet. Wenn das wirklich die globale Erwärmung war, passte sie ihm ganz ausgezeichnet. Einige der Mädchen saßen und trugen ihre nackten Beine zur Schau, sodass er weit an den sonnengebräunten Oberschenkeln hinaufsehen konnte. Vor ihm floss plätschernd das Aarhuser Flüsschen und reflektierte das Licht. Das Summen der Stimmen machte ihn schläfrig. Oder war es vielleicht das zweite Fassbier? Er schloss die Augen, aber wusste, dass sie noch da waren. Er hörte ihre Stimmen. Nicht worüber sie sprachen, aber das war auch egal. Hauptsache er wusste, dass sie nicht gegangen waren. Die Sonnenwärme im Gesicht trug seine Gedanken in der Zeit zurück. Die Gedanken fingen an, sich nur noch um eine Sache zu drehen. Seine Kindheit.

      Es war dieselbe Sonne, die sein Gesicht damals gewärmt hatte. Er war spät von der Schule heimgekommen. Die Haustür stand in der Sommerwärme offen. Er liebte ihre Stimme und freute sich, wenn sie sang. Sie stand mit dem Rücken zu ihm am Herd und kochte. Er brachte es nicht übers Herz, reinzugehen und sie zu stören. Sie sang ›What’s Another Year‹, das in dem Jahr den internationalen Grand Prix gewonnen hatte. Als sie ihm das Profil zuwandte, um etwas aus dem Kühlschrank zu holen, sah er, dass eine Zigarette zwischen ihren roten Lippen hing, während sie sang. Sie rauchte nur, wenn sie wusste, dass niemand es sah. Noch ein guter Grund, sie nicht zu stören. Sie wurde sehr wütend, wenn man sie erwischte. Mit geschlossenen Augen setzte er sich auf die Treppe und lauschte, während die Sonnenstrahlen Schweiß auf seine Stirn trieben und das Blut unter der Nase trocknete. Es würde ihre gute Laune ruinieren, dass er in der Schule wieder verprügelt worden war. Er hatte Löcher in beide Knie bekommen, als ihn die großen Jungs auf den Asphalt des Schulhofs geworfen hatten. Unter dem einen Arm war das Hemd aufgerissen, und er hatte Nasenbluten. Er schlug sich immer ihretwegen, aber das wusste sie nicht. Die Jungs aus der Neunten nannten sie eine Nutte und sagten, sie zöge sich in dem Nachtclub aus, in dem sie nachts kellnerte, aber er wusste, dass es eine Lüge war. Das würde seine Mutter nie tun. Der Rektor hatte ihn mit in sein zigarrettenverseuchtes Büro mit braunen Möbeln genommen und ihm gedroht, seiner Mutter von den vielen Prügeleien zu erzählen, aber das sollte sie nicht wissen, damit sie nicht wieder traurig wurde. Er hatte ihn angefleht, nichts zu sagen und versprochen, sich nie mehr zu prügeln. СКАЧАТЬ