Hereinspaziert!. Johannes Reimer
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hereinspaziert! - Johannes Reimer страница 9

Название: Hereinspaziert!

Автор: Johannes Reimer

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Edition IGW

isbn: 9783862567614

isbn:

СКАЧАТЬ jedoch in einen Dialog einsteigt, der wird sich dem anderen auch persönlich offenbaren müssen. Loewen sieht sogar jedes Zeugnis als prinzipiell dialogisch festgelegt.67 Wer Menschen gewinnen will, wird sie zuerst für sich selbst gewinnen müssen. Oder wie Loewen es sagt: „Wer andere kennenlernen will, der sollte sich selbst ihnen zu erkennen geben.“68

      Für eine evangelisierende Gemeinde bedeutet das, sich bewusst in der Gemeinwesenarbeit und ihren Initiativen zu engagieren. Hier sind alle Akteure im sozialen Raum im Gespräch miteinander. Der Dialog über brennende Themen des Alltags läuft schon. Ist die Gemeinde kompetent und hat sie einen Beitrag zur Lösung konkreter Probleme im Gemeinwesen, so wird sie gehört, gefragt und herzlich eingeladen, bei der Umsetzung lebensrelevanter Fragen mitzumachen. Gelingt die Umsetzung, so öffnen sich bald schon Türen, um auch eigene und sogar spirituelle Akzente im Gemeinwesen zu setzen. Was sonst würde man von einer Kirche denn erwarten?

      2.8Transformation als Ziel der Evangelisation

      Evangelisation will Leben verändern. Es geht ihr um Menschen. Sie sind ihr eigentliches Ziel.69 Es geht um mehr als nur um eine bloße Vermittlung von Offenbarungsinhalten. Natürlich will Evangelisation, dass Menschen über Gott Bescheid wissen, aber das allein genügt nicht – sie sollen Gott kennenlernen und ihr Leben nach seinen Geboten ausrichten. Evangelisation will Konversion und Transformation im besten Sinne dieser Worte.70 Damit ist sie aber viel mehr als nur ein Beitrag zur Diskussion über Gott und die Welt; sie ist ein Aufruf zur Bekehrung und Lebensveränderung. Sie mutet ihren Zuhörern eine radikale Neuorientierung in allen Lebensbereichen zu, eine „ganzheitliche Umorientierung, in welcher ein einzelner Mensch oder eine Gruppe das vergangene Leben re-interpretiert, die Abwendung von diesem vollzieht und das Künftige in einem veränderten gesellschaftlichen Beziehungsnetz neu begründet und gestaltet.“71 Evangelisation will bekehren, und zwar zum Herrschaftswechsel im Leben des Menschen. Es ist ein Totalanspruch: hier ist der ganze Mensch gemeint, sein ganzes Leben, nichts wird ausgeschlossen, nichts ist belanglos, alles, absolut alles wird unter den Herrschaftsanspruch Gottes gestellt.72 Wenn Evangelisation nicht mehr bekehren will oder wenn sie nur noch Teilbereiche des menschlichen Daseins meint, wenn sie sich auf rein spirituelle Inhalte reduzieren lässt, wenn sie aufhört, ganzheitliche Umkehr und Buße zu predigen, dann hört sie auf, Evangelisation zu sein. Wo Evangelisation ganzheitlich bekehrt, da werden alle Lebensbereiche des Menschen betroffen sein und vom Evangelium verändert werden.73 Das Reich Gottes gewinnt dann nicht nur „in uns“ Gestalt, sondern „mitten unter uns“ (Lk 17,21)74 und durchzieht dann konsequenterweise auch die „sozialen Strukturen, die Kultur, die Politik und die Wirtschaft“, um diese „auf Gottes Willen hin zu verändern“.75

      Damit ist nicht der Weg zum Ziel, sondern das Ziel selbst beschrieben. Freilich geht es dabei um weises und nicht manipulatives Evangelisieren. Niemals darf sich Evangelisation zu einer manipulativen Propaganda hinreißen lassen, niemals seelischen und geistigen Druck ausüben. Menschen werden nicht ins Reich Gottes gedrängt. Wie fatal eine solche Haltung ist, hat die Geschichte der Christianisierung nur zu deutlich gezeigt. Menschen werden zu Christus immer durch Liebe gezogen. Und Liebe kennt keinen Zwang, auch keinen seelischen Zwang. Liebe will immer freiwillige Einsicht und Umkehr. Das Ziel aller Evangelisation – Umkehr und bewusste Nachfolge Christi – wird durch den „sanften Ruf“ nicht korrigiert, sondern eher bestätigt. Ohne Konversion keine Evangelisation. Evangelistische Verkündigung muss mit O. Weber verstanden werden als „Kundmachung der Entscheidung Gottes, die zur Entscheidung ruft“76. Wo das Evangelium gelebt und gepredigt wird, da werden Menschen mit der Frage konfrontiert, ob sie ihr Leben ohne Gott leben wollen, und sie werden eingeladen, sich mit Gott zu versöhnen. „Evangelistische Verkündigung ist also nichts anderes als solche Provokation zur Antwort, Einladung zum Einverständnis und dringende Bitte zur Versöhnung. Sie zielt darauf, dass ihre Hörer Gottes rettendes Handeln als die ihr Leben bestimmende Wirklichkeit annehmen.“77 Erst so kann eine umfassende Änderung ihrer Lebensverhältnisse einsetzen. Volker Kessler bringt es auf den Punkt wenn er schreibt: „erst eine Erneuerung des Sinnes, des „mind-sets“, bewirkt nachhaltige Änderungen.“78

      2.9Evangelisation und Leiden

      Evangelisation ist Zeugnis. Und Zeugnis, griechisch martyria (Apg 1,8), impliziert die Bereitschaft zu leiden, was nicht unbedingt populär ist. In der Tat ist Evangelisation der Gemeinde, wie wir oben in der evangelisationsgeschichtlichen Darstellung gesehen haben, immer wieder mit Verfolgung der Christen verbunden gewesen. Wer evangelisiert, der fordert Strukturen der Ungerechtigkeit heraus. Wer sagt, was in den Augen Gottes korrupt und falsch ist, handelt sich schnell den Vorwurf ein, systemkritisch, politisch unkorrekt und gesellschaftsfeindlich zu sein. Wer im Sinne Jesu evangelisiert, der findet sich bald auf der Seite der Benachteiligten und Armen wieder. Evangelisierende verschließen ihre Ohren nicht vor dem Bösen in dieser Welt, sondern stellen die Strukturen des Bösen bloß. Ein solches Einstehen für Gottes Gerechtigkeit passt selten mit den Plänen der Machthabenden zusammen. Deshalb wird Evangelisation geahndet und Evangelisten werden verfolgt.

      Denken wir da nur an die Beispiele aus der Bibel.

      Was sonst brachte denn die mächtigen Mitglieder des geistlichen Rates der Juden, des Sanhedrin, gegen Jesus auf?

      Was sonst löste die erste Verfolgungswelle gegen die junge Gemeinde der Jesus-Nachfolger in Jerusalem aus?

      Was sonst provozierte den Aufstand der Goldschmiede in Ephesus, wenn nicht das von Paulus verkündigte Evangelium, das Freiheit von der religiösen Versklavung brachte und damit all diejenigen arbeitslos machte, die am Kult der Aphrodite verdienten (Apg 19)?

      Was sonst brachte Paulus und Silas ins Gefängnis, als die Befreiung der von Geistern besessenen Wahrsagerin (Apg 16,16ff). Ihre Befreiung machte Schluss mit dem einträchtigen Geschäft der Leute, die die zweifelhaften Weissagungen dieser Frau effektiv vermarkteten.

      Was sonst brachte die menschenverachtenden Wellen der Verfolgung gegen die Christen im alten Rom, im römisch-katholischen Mittelalter oder im orthodoxen Russland, in islamischen oder atheistischen Ländern der neueren Geschichte in Gang? Immer waren es die Christen, die sich nicht dem herrschenden System mit seinen gottfeindlichen Vorstellungen unterordnen wollten und trotz aller Verbote das Evangelium von der Herrschaft Gottes lebten und predigten.

      Was sonst ruft die Mächtigen dieser Welt auf den Plan, ob nun in der Schattenwelt der Gesellschaft oder in den vordersten Reihen der Politik, als die Botschaft des Evangeliums, die schonungslos Ungerechtigkeit, Korruption und Sünde frei legt? Keine selbstherrliche Macht dieser Welt hat sich bis dato damit arrangieren können. Vielleicht ist die Verfolgung der Boten des Evangeliums in den sogenannten westlichen Demokratien subtiler geworden, aber Unruhe bewirkt die Predigt des Evangeliums immer noch. Und diejenigen, die eine solche Unruhe verursachen, werden dann isoliert und als die ewig Gestrigen beschimpft und degradiert. Man sollte sich nur einmal in unserem Land da umsehen und umhören, wo Christen es wagen und Lebensweisen ansprechen, die vom Evangelium als Sünde angeprangert werden. Augenblicklich gehen andere auf die Barrikaden und verteidigen ihre eigene hedonistische Freiheit, indem sie mit allen Mitteln die Christen mundtot machen wollen.

      Nein, Evangelisation ist noch nie leidensfrei gewesen, und Besserung ist nicht in Sicht. Gerade in der modernen Gesellschaft, die nur noch wenig mit Wahrheitsansprüchen anfangen kann, mehren sich die Stimmen derer, die den Absolutheitsanspruch Jesu und seines Evangeliums nicht nur infrage stellen, sondern auch als fundamentalistisch verschreien und für höchst gefährlich und deshalb verfolgungswürdig halten.

      Eine evangelisierende Gemeinde wird sich deshalb immer auch auf Verleumdung, Verfolgung und Leiden einstellen müssen. Es ist genau das, was Jesus seinen Nachfolgern versprach, als er ihnen sagte: „Haben СКАЧАТЬ