Das Bildnis des Dorian Gray. Oscar Wilde
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Название: Das Bildnis des Dorian Gray

Автор: Oscar Wilde

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726619256

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СКАЧАТЬ Ihnen nicht.“

      „Was läge daran?“ rief Dorian Gray lachend, indem er sich auf die Bank am Gartenende niederliess.

      „Es sollte Ihnen alles daran liegen, Herr Gray.

      „Warum?“

      „Weil Sie die wundervollste Jugend haben, und Jugend das einzige ist, was zu haben sich lohnt.“

      „Ich empfinde das nicht, Lord Henry.“

      „Nein, heute empfinden Sie es noch nicht. Später einmal, wenn Sie alt und runzlig und hässlich sein werden, wenn das Denken Ihre Stirn gefurcht und die Leidenschaft mit ihrer höllischen Glut Ihre Lippen gebrandmarkt hat, werden Sie es furchtbar empfinden. Heute bezaubern Sie die Welt, wohin immer Sie gehen. Wird es stets so sein? . . . Sie haben ein wunderbar schönes Gesicht, Herr Gray. Runzeln Sie nicht die Stirne. Es ist wahr. Und Schönheit ist eine Form von Genie — ja etwas Höheres als Genie, da sie keiner Erklärung bedarf. Sie ist eine der grössten Tatsachen dieser Welt, wie das Sonnenlicht oder der Frühling oder im dunklen Wasser das Spiegelbild jener Silberschale, die wir Mund nennen. Sie kann nicht in Frage gestellt werden. Sie hat das göttliche Recht der Herrschaft. Sie macht Fürsten aus allen, die sie besitzen. Sie lächeln? Ah, wenn Sie sie erst verloren haben, werden Sie nicht mehr lächeln. . . . Es heisst manchmal, Schönheit sei nur oberflächlich wie das Denken. Für mich ist Schönheit das Wunder der Wunder. Nur seichte Leute urteilen nicht nach dem Schein. Das wahre Mysterium des Lebens ist das Sichtbare, nicht das Unsichtbare . . . Ja, Herr Gray, die Götter sind gnädig gegen Sie gewesen. Aber was die Götter geben, nehmen sie rasch zurück. Sie haben nur ein paar Jahre, in denen Sie wirklich, voll und vollkommen, leben können. Wenn Ihre Jugend dahingeht, wird Ihre Schönheit mit vergehen, und dann werden Sie plötzlich entdecken, dass keine Triumphe mehr für Sie da sind, oder Sie werden sich mit jenen niedrigen Triumphen begnügen müssen, welche die Erinnerung an Ihre Vergangenheit bitterer machen wird, als Niederlagen. Jeder Monat bringt, indem er hinschwindet, Sie etwas Furchtbarem näher. Die Zeit ist eifersüchtig auf Sie und führt Krieg gegen Ihre Lilien und Rosen. Sie werden gelb werden, hohlwangig und stumpfäugig. Sie werden grauenvoll leiden . . . Ah! Werden Sie sich Ihrer Jugend bewusst, solang’ sie Ihnen gehört. Verschwenden Sie nicht das Gold Ihrer Tage, indem Sie den Langweiligen zuhören, hoffnungslos Missgeborene zu bessern suchen oder Ihr Leben an Unwissende, Gewöhnliche und Gemeine wegschenken. Das sind die krankhaften Ziele, die verkehrten Ideen unserer Zeit. Leben Sie! Leben Sie das wundervolle Leben, das in Ihnen ist! Lassen Sie sich nichts entgehen! Seien Sie immer auf der Suche nach neuen Sensationen. Fürchten Sie sich vor nichts . . . Ein neuer Hedonismus, das ist es, was unser Jahrhundert braucht. Sie könnten sein sichtbares Symbol sein. Mit einer Persönlichkeit wie der Ihren darf man alles. Die Welt gehört Ihnen für einen Lenz . . . Den Augenblick, als ich Sie traf, sah ich, dass es Ihnen noch nicht zum Bewusstsein gekommen ist, was Sie wirklich sind, was Sie sein könnten. Aber es war so viel in Ihnen, was mich entzückte, dass ich fühlte, ich müsse Ihnen etwas über Ihr wirkliches Selbst sagen. Ich dachte, wie ewig schade es wäre, wenn Sie verschwendet würden. Denn Ihre Jugend wird ja nur so kurz dauern — so schrecklich kurz. Die gewöhnlichen Wiesenblumen verwelken, aber sie blühen wieder. Der Goldregen wird nächsten Juni gerade so gelb sein wie heute. In einem Monat wird die Clematis mit purpurnen Sternen besät sein, und Jahr um Jahr wird die grüne Nacht ihrer Blätter die Purpursterne umgeben. Aber wir erhalten nie unsere Jugend zurück. Der Pulsschlag der Freude, der mit zwanzig in uns klopft, wird träge. Unsere Glieder versagen, unsere Sinne sterben ab. Wir degenerieren zu abscheulichen Puppen, gespenstich heimgesucht von der Erinnerung an die Leidenschaften, die wir zu sehr gefürchtet hatten, und die erlesenen Versuchungen, denen wir nicht den Mut hatten zu unterliegen. Jugend! Jugend! Es gibt tatsächlich nichts in der Welt als Jugend!“

      Dorian Gray hörte zu, mit offenen Augen und staunender Seele. Der Fliederzweig glitt aus seiner Hand auf den Kies. Eine bepelzte Biene kam und umsurrte ihn einen Augenblick. Dann begann sie rings über den besternten. ovalen Ball mit den winzigen Blüten zu klettern. Er beobachtete sie mit jenem sonderbaren Interesse an den alltäglichsten Dingen, das, wir zu entwickeln suchen, wenn Dinge von hoher Bedeutung uns erschrecken, oder wenn wir durch ein neues Gefühl erregt werden, für das wir keinen Ausdruck finden können, oder wenn ein Gedanke, der uns erstarren macht, plötzlich unser Hirn bestürmt und Eintritt verlangt. Nach einiger Zeit flog die Biene fort. Er sah sie in den gefleckten Becher einer erotischen Winde kriechen. Die Blume schien zu erzittern und schwankte dann leise hin und her.

      Plötzlich erschien der Maler in der Ateliertür und winkte ihnen lebhaft, hineinzukommen. Sie sahen einander an und lächelten.

      „Ich warte“, rief er. „Kommt doch schnell. Das Licht ist fabelhaft, und Ihr könnt Eure Getränke mitbringen.“

      Sie standen auf und schlenderten zusammen den Gartenweg hinunter. Zwei grünweisse Schmetterlinge flatterten an ihnen vorüber, und im Birnbaum an der Ecke des Gartens begann eine Amsel zu singen.

      „Sie freuen sich, mich getroffen zu haben, Herr Gray“, sagte Lord Henry und blickte ihm voll ins Gesicht.

      „Ja, ich freue mich jetzt! Wer weiss, ob ich mich immer freuen werde?“

      „Immer! Das ist ein schreckliches Wort. Es macht mich schaudern, wenn ich es nur höre. Die Frauen gebrauchen es so gern. Sie verderben jedes Erlebnis durch den Versuch, es ewig dauern zu machen. Ausserdem ist es ein Wort, das nichts bedeutet. Zwischen einer Laune und einer lebenslänglichen Leidenschaft besteht nur der Unterschied, dass die Laune ein bisschen länger dauert.“

      Als sie ins Atelier traten, legte Dorian Gray seine Hand auf Lord Henrys Arm. „Dann lassen Sie unsere Freundschaft eine Laune sein“, sagte er leise und errötete über seine eigene Kühnheit. Darauf schritt er rasch zur Estrade und nahm seine Stellung wieder ein.

      Lord Henry warf sich in einen bequemen Rohrsessel und beobachtete ihn. Das Aufsetzen und Hinwischen des Pinsels auf der Leinwand bildete das einzige Geräusch, das die Stille unterbrach, ausser wenn von Zeit zu Zeit Hallward zurücktrat, um sein Werk aus der Entfernung zu betrachten. In den schrägen Strahlen, die durch die offene Glastür hereinströmten, tanzten goldene Sonnenstäubchen. Der schwere Duft der Rosen schien über allem zu brüten.

      Nach einer Viertelstunde etwa hörte Hallward zu malen auf und schaute erst Dorian Gray, dann das Bild lange an, während er stirnrunzelnd am Stiel seines riesigen Pinsels kaute. „Es ist ganz fertig“, rief er endlich, beugte sich nieder und schrieb mit grossen roten Buchstaben seinen Namen in die linke Ecke der Leinwand.

      Lord Henry kam herüber und betrachtete das Bild. Es war zweifellos ein wunderbares Kunstwerk, und wunderbar ähnlich dazu.

      „Mein lieber Junge, ich beglückwünsche dich von ganzem Herzen“, sagte er. „Es ist das schönste Bildnis unserer Zeit. Herr Gray, kommen Sie her und sehen Sie selbst.“

      Der Jüngling fuhr auf wie aus einem Traum. „Ist es wirklich fertig?“ fragte er leise und stieg von dem Podium herunter.

      „Ganz fertig“, sagte der Maler. „Und du hast heute prachtvoll gestanden. Ich bin dir wirklich ungemein dankbar.“

      „Das hast du ausschliesslich mir zu verdanken“, fiel Lord Henry ein. „Nicht wahr, Herr Gray?“

      Dorian gab keine Antwort, sondern schritt versunken vor das Bild und hob den Blick. Als er es sah, erschrak er, und seine Wangen färbten sich augenblickslang mit der Röte der Freude. Ein entzückter Ausdruck kam in seine Augen, als habe er sich zum erstenmal erkannt. Er stand regungslos und verwundert, dunkel fühlend, dass Basil zu ihm sprach, aber unfähig, den Sinn seiner Worte zu fassen. Das Bewusstsein seiner Schönheit kam wie eine Offenbarung über ihn. Er hatte es nie zuvor empfunden. Basil Hallwards schwärmerisches Lob war ihm nur als reizende freundschaftliche Übertreibung erschienen. СКАЧАТЬ