Das Bildnis des Dorian Gray. Oscar Wilde
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Название: Das Bildnis des Dorian Gray

Автор: Oscar Wilde

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788726619256

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СКАЧАТЬ das wird mir das Antlitz Dorian Grays einmal bedeuten. Es ist nicht das allein, dass ich ihn male, zeichne, skizziere. Das habe ich natürlich alles getan. Aber er ist mir mehr als ein Modell. Nicht, dass ich unzufrieden wäre mit den Darstellungen, die ich von ihm gemacht habe, oder dass seine Schönheit solcher Art ist, dass die Kunst sie nicht auszudrücken vermag. Es gibt nichts, was die Kunst nicht auszudrücken vermöchte, und ich weiss, dass die Arbeiten, die ich seit meiner Begegnung mit Dorian Gray gemacht habe, gute Arbeiten sind, die besten Arbeiten meines Lebens. Aber auf irgendeine unerklärliche Weise — ich frage mich, ob du das verstehen wirst — hat mir seine Persönlichkeit eine ganz neue Kunstweise vermittelt, eine vollständig neue Art des Stils. Ich sehe die Dinge anders, ich denke anders über sie. Ich kann jetzt das Leben in einer Weise neu schaffen, die mir früher verschlossen war. ,A dream of form in days of thought‘, wer hat das gesagt? Ich habe es vergessen; aber es ist genau das, was Dorian Gray mir gewesen ist. Die blosse sichtbare Gegenwart dieses Knaben — denn er scheint mir kaum mehr als ein Knabe, obwohl er in Wirklichkeit über zwanzig ist — seine blosse sichtbare Gegenwart — ah! ist es möglich, dass du ganz begreifft, was das bedeutet? Unbewusst offenbart er mir die Linien einer neuen Schule, einer Schule, die in sich alle Leidenschaft des romantischen Geistes und alle Vollkommenheit des Griechischen fassen und vereinigen soll. Harmonie von Seele und Leib — wie viel ist das! Wir in unserem Wahnsinn haben die beiden getrennt, wir haben einen Realismus erfunden, der gemein, und eine Idealität, die leer ist. Harry! wenn du nur wüsstest, was Dorian Gray mir bedeutet! Erinnerst du dich an die Landschaft, für die Agnew mir einen so hohen Preis bot, und die ich trotzdem nicht hergeben wollte? Sie ist eine meiner besten Arbeiten. Und warum? Weil Dorian Gray neben mir gesessen hat, während ich sie malte. Irgendeine ungreifbare Kraft ist von ihm zu mir übergegangen, und zum erstenmal in meinem Leben sah ich in dem einfachen Waldstück das Wunder, das ich immer gesucht und nie gefunden habe.“

      „Basil, das ist ausserordentlich! Ich muss Dorian Gray sehen!“

      Hallward stand auf und ging im Garten auf und ab. Nach einiger Zeit kam er zurück. „Harry,“ sagte er, „Dorian Gray ist für mich einfach ein Kunstmotiv. Du würdest vielleicht nichts in ihm sehen. Ich sehe in ihm alles. Er ist in meinem Werk nie gegenwärtiger, als wenn kein Bild von ihm da ist. Er ist, wie ich schon sagte, der Vermittler einer neuen Kunstweise. Ich finde ihn in den Kurven gewisser Linien, in dem Zauber und den Feinheiten gewisser Farben. Das ist alles.“

      „Warum willst du dann sein Bild nicht ausstellen?“ fragte Lord Henry.

      „Weil ich, ohne es zu wollen, etwas von dieser künstlerischen Idolatrie hineingelegt habe, von der ich ihm natürlich nie habe sprechen mögen. Er weiss nichts davon, soll nie etwas davon erfahren. Aber die Welt könnte es erraten; und ich will meine Seele nicht vor ihren oberflächlichen, gierigen Blicken entblössen. Mein Herz soll nie unter ihr Mikroskop kommen. Es ist zu viel von mir selbst in dem Bild, Harry — zu viel von mir selbst!“

      „Dichter sind nicht so bedenklich wie du. Sie wissen, dass Leidenschaft beim Publikum zieht. Heutzutage bringt ein gebrochenes Herz eine ganze Reihe von Auflagen ein.“

      „Ich hasse sie dafür,“ rief Hallward. „Ein Künstler solte schöne Dinge schaffen, aber nichts von seinem eigenen Leben hineinlegen. Wir leben in einer Zeit, wo die Menschen Kunst behandeln, als wäre sie eine Art Selbstbiographie. Wir haben das Gefühl für Schönheit an sich verloren. Ich hoffe, noch einmal der Welt zu zeigen, was das ist; und darum soll die Welt niemals mein Bildnis Dorian Grays sehen.“

      „Ich glaube, dass du unrecht hast, Basil, aber ich will nicht mit dir streiten. Nur die geistig Verlorenen streiten immer. Sag’ mir, hat dich Dorian Gray sehr gern?“

      Der Maler dachte ein paar Augenblicke lang nach. „Er mag mich,“ antwortete er nach einer Pause; „ich weiss, dass er mich mag. Natürlich schmeichle ich ihm entsetzlich. Ich finde ein sonderbares Vergnügen darin, ihm Dinge zu sagen, von denen ich weiss, dass ich sie später bedauern werde. Gewöhnlich ist er reizend zu mir, und wir sitzen im Atelier und reden über tausend Dinge. Mandmal aber ist er schrecklich gedankenlos, und es scheint ihm eine Wonne zu sein, mir Schmerz zu bereiten. Dann fühle ich, dass ich meine ganze Seele an einen Knaben verschenkt habe, der sie behandelt, als wäre sie eine Blume für sein Knopfloch, ein buntes Bändchen für seine Eitelkeit, ein Schmuck für einen Sommertag.“

      „Sommertage, Basil, vergehen nicht so schnell“, murmelte Lord Henry. „Vielleicht wirst du seiner eher überdrüssig werden. Es ist traurig, daran zu denken, aber es ist kein Zweifel, dass Genie länger dauert als Schönheit. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum wir uns alle solche Mühe geben, uns zu überbilden. In dem wilden Kampf ums Dasein wollen wir etwas haben, das dauert, und so füllen wir unseren Geist mit Nichtigkeiten und Tatsachen in der törichten Hoffnung, unseren Platz zu behaupten. Der allseits unterrichtete Mann — das ist das moderne Ideal. Und der Geist des allseits unterrichteten Mannes ist etwas Furchtbares. Er ist wie ein Krämerladen, mit lauter verstaubten Ladenhütern, wo jede Ware über ihrem Wert im Preise steht. Aber ich glaube trotzdem, du wirst zuerst seiner überbrüssig werden. Eines Tages wirst du deinen Freund anschauen, und es wird dir vorkommen, als ob in die Harmonie seiner Züge ein Misston gekommen sei, oder seine Haarfarbe wird dir nicht gefallen oder sonst etwas. Du wirst ihm in deinem Herzen bittere Vorwürfe machen und ernstlich denken, dass er sich sehr schlecht gegen dich benommen hat. Wenn er dich das nächstemal besucht, wirst du völlig kalt und gleichgültig sein. Und das wird sehr schade sein, denn es wird dich verwandeln. Was du mir gesagt hast, ist richtige Romantik, Kunstromantik könnte man sagen, und das Schlimmste an Romantik jeder Art ist, dass sie einen so unromantisch zurücklässt.“

      „Harry, sprich nicht so. Solang’ ich lebe, wird die Persönlichkeit Dorian Grays mich beherrschen. Du kannst nicht fühlen, was ich fühle. Du änderst dich zu oft.“

      „Ach, mein lieber Basil, gerade darum kann ich es fühlen. Wer treu ist, kennt nur die triviale Seite der Liebe; nur der Untreue kennt ihre Tragödien.“ Und Lord Henry zündete an einer zierlichen Silberbüchse eine Zigarette an und begann sie mit so selbstbewusstem und zufriedenem Ausdruck zu rauchen, als ob er die Welt in einem Satz zusammengefasst hätte. Man hörte das Schwirren von zwitschernden Spatzen in den lackgrünen Efeublättern, indes die blauen Wolkenschatten einander wie Schwalben über das Gras jagten. Wie hübsch war es im Garten! Und wie angenehm waren anderer Leute Gefühle! — viel angenehmer als ihre Gedanken, schien es ihm. Die eigene Seele und die Leidenschaften von Freunden — das waren die wirklich anregenden Dinge im Leben. Er malte sich mit stillem Vergnügen das langweilige Mittagessen aus, das er versäumt hatte, weil er so lange bei Basil Hallward geblieben war. Wenn er zu seiner Tante gegangen wäre, so hätte er dort sicher Lord Goodbody getroffen, und das ganze Gespräch hätte sich um Armenpflege und um die Notwendigkeit mustergültiger Arbeiterhäuser gedreht. Jede anwesende Klasse hätte die Bedeutung jener Tugenden gepredigt, die auszuüben in ihrem eigenen Leben kein Anlass bestand. Die Reichen wurden von dem Wert der Sparsamkeit gesprochen haben, und die Müssigen waren beredt geworden über die Würde der Arbeit. Es war herrlich, all dem entgangen zu sein! Als er sich an seine Tante erinnerte, kam ihm plötzlich ein Gedanke. Er wandte sich Hallward zu und sagte:

      „Mein lieber Junge, eben fällt mir ein“ —

      „Was, Harry?“

      „Wo ich den Namen Dorian Gray gehört habe.“

      „Wo war es?“ fragte Hallward mit leichtem Stirnrunzeln.

      „Schau nicht so böse drein, Basil. Es war bei meiner Tante Lady Agatha. Sie erzählte mir, dass sie einen prächtigen jungen Mann entdeckt habe, der ihr bei ihrer Arbeit im Gast End helfen wolle, und dass er Dorian Gray heisse: Ich bin verpflichtet festzustellen, dass sie nie erwähnte, er sei schön. Frauen haben kein Verständnis für Schönheit, wenigstens gute Frauen haben es nicht. Sie sagte, er sei sehr ernst und habe einen vortrefflichen Charakter. Ich stellte mir sogleich ein bebrilltes Wesen vor mit strähnigem Haar und Sommersprossen СКАЧАТЬ