Die Romantik. Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Romantik - Ricarda Huch страница 13

Название: Die Romantik

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 4064066388836

isbn:

СКАЧАТЬ was freilich bestimmt war, von Vielen eingenommen und begriffen zu werden und seinen Zweck auch erfüllte. Aber inniger als dort fühlt man hier, wie eine aufkeimende Religion schon den Himmel des Zeitalters färbt als verheißungsvolle Morgenröthe. Hundertfach wird mit dem »Zauberstab des Buchstabens« an das Geheimniß der verkündigten Sonne gerührt, das Räthsel der Räthsel durch vermittelnde Gleichnisse dem Sinn nahe gebracht, wie wenn man den Glanz des feurigen Gestirns, der dem menschlichen Auge unerträglich ist, dämpft und verwandelt, indem man es durch farbige Gläser betrachtet.

      Eine tröstliche Gewißheit hat der Strebende: »Dein Ziel ist Kunst und Wissenschaft, dein Leben Liebe und Bildung. Du bist ohne es zu wissen auf dem Wege zur Religion. Erkenne es, und du bist sicher, dein Ziel zu erreichen.« Von diesem Standpunkte aus ist es begreiflich, daß Bildung als das höchste Gut und das allein Nützliche gepriesen wird.

      Diesen Begriff von Religion, die »den Geist des sittlichen Menschen überall umfließen soll wie sein Element«, müssen wir gegenwärtig haben, um die Aussprüche über Moral zu verstehen, die Allem, was man bisher darunter begriffen hatte, entgegengesetzt waren. Zum Beispiel: »Man hat nur so viel Moral als man Philosophie oder Poesie hat.« Oder: »Die erste Regung der Sittlichkeit ist Opposition gegen die positive Gesetzlichkeit und conventionelle Rechtlichkeit – eine grenzenlose Reizbarkeit des Gemüthes.«

      Es ist derselbe Kampf, den der Apostel Paulus gegen das Gesetz kämpfte im Namen der Liebe, welche er des Gesetzes Erfüllung nannte. Allerdings, sagte er, muß, wer das Gesetz umwirft, vom Geiste regiert sein, oder, wie es die Romantiker ausdrücken, er muß im Unsichtbaren leben, sein Leben muß Liebe und Bildung sein; jedenfalls kann man insofern den Romantikern wie jedem Idealisten und jedem Christen den Vorwurf machen, daß sie eine Herrschaft angriffen und zu erschüttern suchten, um dafür eines Reiches Bürger zu werden, das für den Menschen ewig ein Kommendes ist, wie wir ja auch beten: dein Reich komme.

      Im Athenäum liegt der Keim zu Allem, was die Romantik bringen sollte. Der Begriff der Ironie, der ein so wichtiger Grundsatz der romantischen Aesthetik war, ist vielfach zu bestimmen versucht. Die ganze Naturphilosophie liegt angedeutet in den Worten: »Willst du in's Innere der Physik dringen, so lasse dich einweihen in die Mysterien der Poesie.« Auch die Entdeckung der orientalischen Poesie mit ihrem gewaltigen Einfluß bereitet sich vor: »Im Orient müssen wir das höchste Romantische suchen.« »Welch eine Quelle an Poesie könnte uns aus Indien fließen.«

      Staunenswerth ist für die Leser unsrer Zeit, wie unveraltet diese Blätter sind. Unzähligen Gedanken begegnen wir, die sich in unsern Tagen, ihrer Neuheit und Vereinzelung bewußt, kaum so frei und muthig hervorwagen, wie sie dort ausgesprochen sind. Man kann sich nicht radikaler über die Emanzipation der Frauen aussprechen, als es Schleiermacher, ein Prediger, in seinem Katechismus der Vernunft für edle Frauen that, wo z. B. folgende Gebote gegeben sind:

      »Du sollst von den Heiligthümern der Liebe auch nicht das Kleinste mißbrauchen: denn die wird ihr zartes Gefühl verlieren, die ihre Gunst entweiht und sich hingiebt für Geschenke und Gaben, oder um nur in Ruhe und Frieden Mutter zu werden«

      »Du sollst nicht falsch Zeugniß ablegen für die Männer; du sollst ihre Barbarei nicht beschönigen mit Worten und Werken.«

      Eine noch deutlichere, schlagendere Sprache führt das Glaubensbekenntniß:

      1. Ich glaube an die unendliche Menschheit, die da war, ehe sie die Hülle der Männlichkeit und der Weiblichkeit annahm.

      2. Ich glaube, daß ich nicht lebe, um zu gehorchen oder um mich zu zerstreuen, sondern um zu sein und zu werden; und ich glaube an die Macht des Willens und der Bildung, mich dem Unendlichen wieder zu nähern, mich aus den Fesseln der Mißbildung zu erlösen und mich von den Schranken des Geschlechts unabhängig zu machen.

      Mit ebenso schneidender Rücksichtslosigkeit fällt Friedrich das Urtheil über die Ehe:

      »Fast alle Ehen sind nur Conkubinate, Ehen an der linken Hand, oder vielmehr provisorische Versuche und entfernte Annäherungen zu einer wirklichen Ehe, deren eigentliches Wesen, nicht nach den Paradoxen dieses oder jenes Systems, sondern nach allen geistlichen und weltlichen Rechten, darin besteht, daß mehrere Personen nur eine werden sollen. Wenn aber der Staat gar die mißglückten Eheversuche mit Gewalt zusammenhalten will, so hindert er dadurch die Möglichkeit der Ehe selbst, die durch neue, vielleicht glücklichere Versuche befördert werden könnte.«

      Als noch viel moderner berührt uns aber die Bemerkung, die eine mehr nützliche als erfreuliche Wahrheit genannt wird, daß sogar die beste Ehe, ja die Mütterlichkeit selbst, welches beides doch gewöhnlich als das einzige Ziel der Frau betrachtet zu werden pflegt, nur allzu leicht die Frau herabziehen könne, sodaß sie, mit den Bedürfnissen der Erde verstrickt, ihres göttlichen Ursprungs und Ebenbilds nicht mehr eingedenk bleibe. Woraus freilich keineswegs der Schluß gezogen wird, daß die Frau sich der Liebe, Ehe und Mutterschaft entziehen solle.

      Von der modernen Lehre vom Uebermenschen findet sich ein Vorklang in den Worten: »Es ist der Menschheit eigen, daß sie sich über die Menschheit erheben muß.« Ja, sogar die beinah tollkühn erscheinende Behauptung, die in neuester Zeit aufgetaucht ist, nicht die Kunst richte sich nach der Natur, sondern umgekehrt, wird in einigen flüchtigen Worten berührt, wo es heißt, daß der menschliche Geist der umgebenden Welt seine Gesetze vorschreibe und sie nach sich schaffe und modle.

      Auf Richard Wagner und die jetzige Programm- und Gedanken-Musik scheint folgendes Fragment prophetisch hinzuweisen:

      »Es pflegt Manchem seltsam und lächerlich aufzufallen, wenn die Musiker von den Gedanken in ihren Compositionen reden; und oft mag es auch so geschehen, daß man wahrnimmt, sie haben mehr Gedanken in der Musik als über dieselbe. Wer aber Sinn für die wunderbaren Affinitäten aller Künste und Wissenschaften hat, wird die Sache wenigstens nicht aus dem platten Gesichtspunkt der sogenannten Natürlichkeit betrachten, nach welcher die Musik nur die Sprache der Empfindung sein soll, und eine gewisse Tendenz aller reinen Instrumentalmusik zur Philosophie an sich nicht unmöglich finden. Muß die reine Instrumentalmusik sich nicht selbst einen Text erschaffen? und wird das Thema in ihr nicht so entwickelt, bestätigt, variirt und contrastirt, wie der Gegenstand der Meditation in einer philosophischen Ideenreihe?«

      Was für ein idealistisches Zeitalter, in welchem eine Zeitschrift Leser fand, die keinen, aber auch gar keinen bloßen Unterhaltungsreiz bot; die mehr studirt als gelesen sein wollte. Lange freilich konnte das Athenäum sich nicht halten. Es erschien in den Jahren 1798 – 1800. Im bewußten Gegensatze zur großen Menge war es auf den Kampfplatz getreten; es war deshalb nicht zu verwundern, daß »das platte Volk von Hamburg bis nach Schwaben« einen Schrei der Entrüstung aus dem verwundeten Herzen erschallen ließ. Aber auch die Theilnahme der Gebildeten war geringer, als man erwartet hatte. Man klagte über die Unverständlichkeit namentlich von Friedrich's Fragmenten, was nicht unverzeihlich ist, wenn man z. B. liest: »Karrikatur ist eine passive Verbindung des Naiven und Grotesken. Der Dichter kann sie ebensowohl tragisch als komisch gebrauchen.« Oder: »Urbanität ist der Witz der harmonischen Universalität, und diese ist das Eins und Alles der historischen Philosophie und Plato's höchste Musik. Die Humaniora sind die Gymnastik dieser Kunst und Wissenschaft.«

      Man muß gestehen, daß die Bequemlichkeit des durchschnittlich Gebildeten sich in der Regel von einem solchen Ideen-Igel zurückziehen wird, an dem sein Geist sich so ritzen kann, bis er sich ihm offenbart hat. Eine Art von Geheimsprache – ein gewisser Mystizismus des Ausdrucks, wie Friedrich sagt – bildet sich leicht aus, wenn mehrere Menschen sich oft über dieselben Gegenstände ihres gemeinsamen Interesses unterreden; und aus Unterhaltungen Befreundeter ist ja im Grunde das Athenäum entstanden.

      In einer wundervollen kleinen Selbstvertheidigung, wo Laune und Ernst sich reizvoll mischen, beantwortete Friedrich die Vorwürfe und Klagen über seine Unverständlichkeit. An seinen Bruder schrieb er, СКАЧАТЬ